Ashleigh Barty, Nummer eins der Welt, verabschiedet sich aus der Tenniswelt

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Nach fünf Minuten presst Ashleigh Barty die Lippen zusammen. Die Weltranglistenerste im Tennis wird gerade zu ihrem erstaunlichen Karriereende interviewt. Gerührt schaut Barty kurz zur Seite, dann zeigt sie ein herzliches Lächeln und gleichzeitig Tränen. Sie schluckt und sagt: "Es war hart, aber es ist richtig."

Mit nur 25 Jahren ist Schluss. Seit fast drei Jahren ist die nur 1,66 Meter große Barty die beste Tennisspielerin der Welt. Erst im Jänner holte sie in Melbourne mit ihrem variantenreichen Spiel in dominanter Manier den Titel beim Heim-Grand-Slam, den Australian Open. Trotz ihrer Erfolge und fast 24 Millionen Dollar an Preisgeld blieb Barty zurückhaltend und bescheiden, ein Starleben interessiert sie nicht. Während sich viele fragten, warum Barty seit Jänner trotz bestechender Form kein Profimatch mehr bestritten hat, zieht sie einen Schlussstrich.

Es ist nicht ihr erster. Schon 2015 war ihr das alleinige Reisen zu viel. Sie wechselte zum Cricket, liebäugelte mit Einsätzen für Australien. Doch nach einem Jahr griff sie im Tennis neu an.

Perspektivenwechsel

Barty spricht heute von einem Perspektivenwechsel. Es hat Klick gemacht: "Mein Glück war nicht mehr abhängig von Ergebnissen." Erfolg verspüre sie, wenn sie sich gänzlich verausgabe. Das könne sie nun nicht mehr. Es fehlt am körperlichen Antrieb, am Willen.

Ashleigh Barty kam 1996 in Ipswich, einem Vorort von Brisbane, als jüngste von drei Schwestern zur Welt. Ihre Eltern strebten Karrieren als Golfprofis an. Mutter Josie wurde Radiologin, Vater Robert Bibliothekar. Er ist indigener Herkunft, seine Vorfahren gehörten zum Stamm der Ngaragu in New South Wales. Barty ist das wichtig. Im australischen Tennisverband engagiert sie sich als indigene Botschafterin, sie möchte mehr Kinder der Aborigines für den Sport begeistern.

Mit vier Jahren begann sie mit dem Tennis. Schon im Alter von zwölf Jahren soll sie gegen erwachsene männliche Klubkollegen gewonnen haben. Um mehr Jugendturniere zu spielen, verbrachte sie ab 15 den Großteil des Jahres in Europa. Damit begann das Dilemma des Familienmenschen, der die Karriere über alles andere stellte.

Barty will noch eine Pressekonferenz geben. Sie wird von vielen weiteren Träumen sprechen, dabei aber noch nicht konkret werden. Tennis werde sie nie aufhören zu lieben, sagte sie schon. Falls sie mit ihrem Karriereende jemanden überraschen wollte, ist ihr das gelungen. (Lukas Zahrer, 23.3.2022)