Für einen Boykott der Gasimporte aus Russland sei die Abhängigkeit Österreichs vom russischen Gas zu groß, sagen Kanzler Nehammer und die Industriellenvereinigung.

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Wien/Kiew/Moskau – Angesichts der Ankündigung von Russlands Präsident Wladimir Putin, Gaslieferungen nun in Rubel abzurechnen, und des Rats der Staats- und Regierungschefs der EU am Donnerstag warnt die Industriellenvereinigung (IV) vor einer Gefährdung der Energiesicherheit. Kurzfristig gebe es keine Alternative zum russischen Gas, das bleibe "die unbequeme Wahrheit", hieß es. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) schloss sich dieser Ansicht an und wies Forderungen nach einem Gasboykott als "realitätsfremd und falsch" zurück.

Österreich dürfe seine Energieversorgung "nicht leichtfertig aufs Spiel setzen", erklärte IV-Chef Georg Knill in einer Aussendung. Jene, die ein "abruptes und ungeplantes Aus" der Öl- und Gasversorgung aus Russland fordern, müssten vorher erklären, woher und wie Länder wie Österreich die erforderlichen Energieträger kurzfristig beziehen sollen. "Den Gashahn von heute auf morgen so stark zu drosseln hätte katastrophale Auswirkungen auf unser alltägliches Leben, unsere Energieversorgung und unsere Wirtschaft insgesamt. Damit vernichten wir unsere Industrie und Arbeitsplätze", warnte Knill.

Industrie unterstützt Nehammers Position

Die bisher von Kanzler Nehammer auf EU-Ebene vertretene Position sei im Sinne der Menschen und Unternehmen in Österreich und werde von der Industrie unterstützt. Nehammer hat sich in einem Interview mit der "Kleinen Zeitung" neuerlich gegen einen Boykott von Öl- und Gaslieferungen aus Russland ausgesprochen. "Das geht nicht. Das ist realitätsfremd und falsch. Österreich bezieht sein Gas zu 80 Prozent aus Russland. Allein schon die Diskussion schadet wieder dem Thema und treibt die Energiepreise in die Höhe", sagte Nehammer. Laut Daten des europäischen Branchenverbands GIE (Gas Infrastructure Europe) sind die Gasspeicher in Österreich nur noch zu 12,5 Prozent gefüllt.

Russlands Präsident Putin erklärte am Mittwoch, die Zahlungsmethode für Gaslieferungen an "unfreundliche Staaten" umstellen zu wollen. Russland werde seinen vertraglichen Verpflichtungen bei der Menge und den Preisen nachkommen. Die Änderungen beträfen nur die Währung. Die genauen Details sollen die Regierung und die russische Notenbank innerhalb einer Woche klären.

Die OMV will ihre Gaslieferungen aus Russland laut Generaldirektor Alfred Stern "natürlich" weiterhin in Euro und nicht in Rubel bezahlen: "Wir haben keine andere Vertragsgrundlage, ich dürfte so etwas gar nicht", sagte er in einem Puls-24-Interview. (APA, 24.3.2022)