Das Land Tirol, hier Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), entsendet mit Stefan Kröll einen PR-Agenturchef in den ORF-Stiftungsrat.

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Innsbruck/Wien – Die Tiroler Landesregierung hat Stefan Kröll zum Nachfolger von Josef Resch im ORF-Stiftungsrat bestimmt. Die Entsendung des Geschäftsführers der Innsbrucker PR-Agentur ProMedia läutet den Neubestellungsreigen für das oberste ORF-Gremium ein. Bis zur konstituierenden Sitzung am 19. Mai müssen noch 34 weitere Räte entweder erneut entsandt oder neu bestellt werden.

Kröll studierte Publizistik und Politikwissenschaften und arbeitete anschließend als Journalist für verschiedene Medien wie die "Tiroler Tageszeitung" oder auch den "Falter". Später zog es ihn in die PR, wo er Leiter des Bereichs Medienkommunikation und als Pressesprecher der Tirol Werbung tätig war. Mittlerweile leitet er die Geschäfte der Agentur ProMedia. Auch ist er Mitgründer des Europäischen Mediengipfels in Lech und wird nun ab Mai für vier Jahre im ORF-Stiftungsrat Platz nehmen.

An der ProMedia ist auch der Tiroler Medienplatzhirsch, die Moser Holding, mittelbar beteiligt. Die Target group publishing gmbh, deren Hälfteeigentümer die Moser Holding ist, hält 18 Prozent an der ProMedia. Das ORF-Gesetz verbietet nur "Personen, die in einem Arbeits- oder Gesellschaftsverhältnis zu einem sonstigen Medienunternehmen (§ 1 Abs. 1 Z 6 Mediengesetz) stehen", dass sie zum Stiftungsrat bestellt werden dürfen. Beteiligungen von Medienunternehmen sind kein Ausschlussgrund.

Platter zufrieden

"Mit Stefan Kröll zieht ein ausgewiesener Medienprofi in den ORF-Stiftungsrat ein, der viel Know-how, Fachwissen und Erfahrung für diese verantwortungsvolle Tätigkeit mitbringt", wurde der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) in einer Aussendung zitiert.

Dabei genehmigt Kröll als einer von 35 Stiftungsräten etwa die Finanz- und Stellenpläne des ORF oder beschließt jedes Jahr den Jahresabschluss und das Programmschema des öffentlich-rechtlichen Rundfunkunternehmens. Auch allfällige ORF-Gebührenerhöhungen müssen vom Stiftungsrat abgesegnet werden. Wichtigste Aufgabe des Gremiums ist aber wohl die alle fünf Jahre anstehende Bestellung des ORF-Generaldirektors und kurze Zeit später auf dessen Vorschlag die Bestellung von höchstens vier Direktoren und neun Landesdirektoren. Diese Aufgabe kommt den Räten der kommenden vierjährigen Funktionsperiode wohl nicht zu, wurde doch erst im vergangenen Sommer Roland Weißmann zum neuen ORF-Chef gewählt.

Zusammensetzung

Die weisungsfreien, ehrenamtlichen Mitglieder des Gremiums werden von Bundesregierung (9), Parlamentsparteien (6), Bundesländern (9), ORF-Publikumsrat (6) und Zentralbetriebsrat (5) beschickt und sind – abgesehen von wenigen Ausnahmen – in parteipolitischen "Freundeskreisen" organisiert, wobei jener der ÖVP mit ihm nahestehenden unabhängigen Räten auf eine Mehrheit kommt. Das dürfte voraussichtlich auch so bleiben. Der blaue "Freundeskreis" dürfte dagegen schrumpfen, während jener der Grünen wohl wächst.

Das rührt daher, dass der ORF-Publikumsrat sich Anfang Mai neu konstituiert und sechs Personen in den Stiftungsrat entsendet. Unter der ÖVP-FPÖ-Regierung kamen vor vier Jahren dadurch drei Personen für den ÖVP- und drei für den FPÖ-"Freundeskreis" ins oberste ORF-Gremium. Kolportiert wird nun, dass letztere wohl abgelöst werden, da das Verhältnis von drei zu drei auch unter der türkis-grünen Bundesregierung beibehalten werde. Das Bundeskanzleramt entsendet auf Vorschlag repräsentativer Einrichtungen und Organisationen 17 Publikumsräte und damit die Mehrheit in das Gremium.

In der konstituierenden Stiftungsratssitzung wird auch ein neuer Vorsitzender gewählt. Ein "Sideletter" der türkis-grünen Bundesregierung sieht ein Vorschlagsrecht der Grünen für den Stiftungsratsvorsitz vor. Dadurch wurde die Vermutung befeuert, dass Lothar Lockl, Leiter des grünen "Freundeskreises", auf den derzeitigen Vorsitzenden, Norbert Steger, folgen könnte. Lockl hielt sich zuletzt noch bedeckt, ob er dafür zur Wahl steht. Die FPÖ meldete jüngst Bedenken an. (APA, red, 24.3.2022)