Die Menschen fragen, was sie wollen und brauchen – nicht fertige Konzepte überstülpen, lautet der Rat für zukunftsfähige Organisationen.

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Cisco-CEO Hans Greiner im Büro – nur niemals Montag vormittags. Er wohnt nahe der Hohen Wand und will sich den Stau nach Wien ersparen.

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"Die Welt vor der Pandemie kehrt nicht zurück", postuliert Hans Greiner, Chief Executive Officer des US-Tech-Konzerns Cisco. Darüber freut er sich doppelt: Einerseits profitiert sein Unternehmen von zunehmender Virtualisierung und Digitalisierung, andererseits sieht Greiner nun tatsächlich die schon so oft beschworene Chance, Menschen in den Mittelpunkt der Arbeitsprozesse zu stellen, statt umgekehrt.

"Hybrid zu arbeiten ist ein Baustein für Vereinbarkeit und für Inklusion, es heißt, endlich beim Menschen zu beginnen", ist Greiner überzeugt. Es habe sich nun deutlich gezeigt, dass ein Modell, übergestülpt über alle, nicht funktioniere. Für ihn sonnenklar: Hybrid bedeute wesentlich mehr, als auch mal Homeoffice zu ermöglichen. Es gehe nun darum, Arbeitsumgebungen folgend den Bedürfnissen der Menschen zu bauen. Er handhabe das bei Cisco in Österreich auch so – die Teams sollen jeweils sagen, was sie wie benötigen. Wo sind die Limits? "Vorerst gibt es keine, auch hundert Prozent Homeoffice ist möglich", sagt Greiner. "Das ist kein Tech-Thema, es ist ein Menschenthema." Darum komme kein Unternehmen – früher oder später – herum, ist er überzeugt. Wie der jeweilige Gestaltungsprozess laufe, sei "'trial and error'-Sache". Jede Organisation müsse herausfinden, was jeweils passt.

Mehr Mbits

Dass dazu natürlich Breitbandausbau und Cybersecurity gehören, ist für Cisco Geschäftssache. In einer kürzlich mit Marketagent durchgeführten Befragung ist "schnelleres Internet" auch einer der Hauptwünsche heimischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Weitere Ergebnisse der 500 Rückmeldungen zur hybriden Arbeitszukunft: Österreicher wollen mehr Flexibilität und mehr Mitspracherecht. 43 Prozent der Befragten wünschen sich, dass mehr Arbeitgeber in Österreich Hybrid Work dauerhaft in ihren Betrieb einführen. An die Praktikabilität des Modells glauben Männer und Frauen gleichermaßen. Auch die junge Generation ist von Hybrid Work überzeugt: Bei der Jobauswahl wäre es rund jedem dritten 14- bis 39-Jährigen künftig wichtig, dass es die Option auf Hybrid Work beziehungsweise flexible Arbeitseinteilung gibt. Bezüglich ihrer Arbeitsweise sind sich die Befragten einig: Die Effizienz an verschiedenen Arbeitsorten hängt letztlich stark von der Tätigkeit ab, die sie ausführen.

Ein Faktor attraktiver Arbeitgeber

Für Dreiviertel der Befragten sind die Chancen, die Hybrid Work eröffnet, ausschlaggebend, denn sie sehen die Möglichkeit, für Arbeitgeber tätig zu sein, die weiter entfernt sind, als größten Vorteil. Auch die berühmte Work-Life-Balance steigt: Rund 70 Prozent freuen sich, wenn sie nach ihrem eigenen Rhythmus arbeiten und gesparte Zeit für persönliche Interessen nutzen können. 74 Prozent wollen weniger Geld für das Auswärts-essen-Gehen und die Fahrtkosten ausgeben. Natürlich spielt auch Covid-19 eine Rolle – fast Dreiviertel der Befragten sehen die Flexibilität als Vorteil, weil sie weniger Krankheitserregern ausgesetzt sind.

Einige haben demnach übrigens kein Problem damit, sich auch im Homeoffice zurechtzumachen: Sich für die Arbeit außerhalb des Büros nicht rasieren oder schminken zu müssen stellt für knapp 18 Prozent keinen Vorteil dar. Untenrum schaut es anders aus: Besonders die Frauen schätzen es, auch mal in der Jogginghose arbeiten zu können, bei den Männern wird gemütliche Kleidung ebenfalls als besonderer Vorteil beurteilt.

Ungestört – und da, wenn der Postbote klingelt

Jede Vierte und jeder Vierte schätzt ein neues Freiheitsgefühl: 26,4 Prozent genießen es, sich beim hybriden Arbeiten weniger beobachtet zu fühlen, und 25,8 Prozent finden es gut, durch flexible Planungsmöglichkeiten keine Pakete mehr zu verpassen, da man der Post aufmachen kann.

Greiner wiederholt zwecks Manifestation: Cisco Österreich entwickele bewusst keine klassische "return to office"-Strategie, es gebe keine starren Regelungen oder Vorgaben. "Aus unserer Sicht ist die vielfach erwähnte 'Rückkehr zur Normalität' bei weitem nicht ausreichend. Was vor der Pandemie normal war, ist jetzt einfach nicht mehr gut genug. Im 'war for talents' macht sich eine hohe Flexibilität auch bezahlt. (Karin Bauer, 28.3.2022)