Es klingt ein wenig wie das Playbook für das erste Date: Gestalte "moments that matter". Gemeint ist aber nicht die unwiderstehliche Art, wie sie beim Lächeln die Nase kräuseln soll oder wie er schmachtend blicken möge vor dem ersten Kuss. Wir reden hier von Business!
Adressaten der trendigen Aufforderung, ausschlaggebende Momente zu gestalten, sind Personalabteilungen und nicht etwa Datingpaare – auch wenn Recruiting heute recht viel mit Dating-Können zu tun hat, es geht ja immer mehr um schnelles Beeindrucken quasi während eines Wischs.

Die Rede ist vom neuen großen Ding in der Personalarbeit, genannt "employee experience", kurz EX im Fachjargon. Mitarbeitende sollen quasi unvergessliche gute Momente mit ihren Arbeitgebern verbringen und so, in Zeiten wachsender Personalnot, glücklich an die Firma gebunden werden.

Let’s fall in love. Oder besser doch nicht?
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Datenerfassung

Wie geht das? Etwa mittels digitaler Plattformen (Microsoft verkauft diese seit gut einem Jahr auch in Österreich), die als digitale Zentralspeicher dienen. Einerseits soll dort alles verfügbar sein, was zum Arbeiten an Werkzeugen und Informationen gebraucht wird. Andererseits soll in diesem zentralen Auge der Organisation erfasst werden, wo es Schwierigkeiten, Probleme, zu langsame Prozesse, Unklarheiten und sonstigen Unbill gibt. Um eben genau dort individuell zu verbessern. All das soll sich dann in der Endausbaustufe zur "employee journey" zusammenfügen. Dass es um Kontrolle und Optimierung ginge, wird in Abrede gestellt. Ziel sei nur, "moments that matter" zu kreieren. Max Lammer, der mit employee-experience.at auch Studien zum Thema betreibt, hält das für "entscheidend, wenn es um Arbeitgeberattraktivität geht". Abgefragt und gesammelt werden demnach Daten zu den Bereichen physischer Arbeitsplatz, Kultur sowie Tools & Technology. Zumindest ein Fünftel der Arbeitgeber im DACH-Raum investiere bereits in diese EX.

Als Hürde gaben zuletzt 100 befragte Personalverantwortliche an, dass die oberste Führungsebene Verständnisprobleme mit EX habe. Herausforderung Nummer zwei sei "die Sammlung und Analyse von Daten". Man könne die Mitarbeiter ohne neue Daten ja nicht verstehen. Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung der gesamten Personalarbeit werden solche Datensammlungen unter dem Titel "employee experience" oder anderen Modeschlagworten sicher zunehmen. Das ist nicht aufzuhalten.

Kritikfähigkeit wird dabei allerdings immer wichtiger. Erwerbsarbeit ist ein Vertrag, der meistens Arbeitszeit gegen Geld, manchmal schon Output gegen Geld heißt. Der Kontrakt bezieht sich weder auf ein stimulierendes Date noch auf eine Serie anhaltender großartiger Erfahrungen, noch handelt es sich um eine wunderbare inspirierende Reise. Die Begrifflichkeiten sind Täuschung. (Karin Bauer, 27.3.2022)