Unbestritten ist, dass Lockl als PR-Experte gilt, dessen Unternehmen viele Aufträge aus der Privatwirtschaft erhält. Dennoch hagelte es vonseiten der Opposition Kritik.

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Er ist einer der wichtigsten Grünen, ohne in Partei, Regierung oder Klub eine Funktion zu haben: Auf den Berater Lothar Lockl hört Parteichef und Vizekanzler Werner Kogler genauso wie Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Lockl, der in den 2000ern Bundesparteisekretär beim kleinen Koalitionspartner war, soll bei den Regierungsverhandlungen mit der ÖVP Verbindungsmann in die türkise Reichshälfte gewesen sein. Als nächster Karrieresprung ist für ihn wohl der Vorsitz des ORF-Stiftungsrats, in dem er schon jetzt sitzt, geplant. Diesen sollen laut Koalitionsnebenabsprachen die Grünen bestimmen können.

Politisch heikel wird es, wenn so viel informelle Macht auf Auftragsvergaben aus Ministerien trifft. Das erlebt gerade Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) rund um den von ihr ins Leben gerufenen Klimarat. Dort tauschen sich 100 repräsentativ ausgewählte Österreicherinnen und Österreicher zu Klimafragen aus. Vorbilder für so ein Gremium gibt es in vielen verschiedenen Ländern, das endgültige Ziel der Projekte ist, die Umweltpolitik zu verändern.

Teurer Auftrag im Klimarat

Auffällig teuer ist hierzulande allerdings die PR-Begleitung des Klimarats – und die wird von Lockls Unternehmen durchgeführt, obwohl es bei der Vergabe eines Rahmenvertrags nur drittgereiht war. Für das Projekt ist ein Budget von zwei Millionen Euro vorgesehen – fast 400.000 Euro davon sind für die kommunikative Begleitung durch die PR-Agentur Lockl & Keck vorgemerkt. Im Vergleich zu anderen EU-Staaten, etwa Frankreich, ist das ein hoher Betrag, verbuchte der dortige Klimarat doch nur neun Prozent des Gesamtbudgets für Kommunikationszwecke.

Dazu kommen mehrere Aufträge des Umweltministeriums, die Lockl in Zusammenarbeit mit der Agentur Brainbows der Ex-Grünen-Abgeordneten Monika Langthaler 2020 und 2021 durchführte – etwa rund um die Initiative "klimaaktiv". Kostenpunkt: mehrere Hunderttausend Euro. Auch leistete Lockl Workshops und strategische Beratung für Koglers Vizekanzleramt, die jedoch nur einen vierstelligen Betrag ausmachen.

Zahlreiche staatliche Deals

Mehr erhielt er aus der Präsidentschaftskanzlei: Die überwies Lockl jährlich 77.000 Euro brutto für Beratung, wie der "Kurier" berichtet hat. Der Vertrag ist heuer ausgelaufen, weil es "ein Sonderjahr" sei, so die Begründung. Derzeit ist noch unklar, ob Van der Bellen wieder kandidieren wird.

Seit dem Jahr 2020, also dem Jahr des grünen Regierungseintritts, hat Lockl & Keck zudem einen dreijährigen Rahmenvertrag mit der Staatsholding Öbag. Dieser sei "auf Basis einer europaweiten Ausschreibung" abgeschlossen worden, sagt ein Sprecher.

Unbestritten ist, dass Lockl als PR-Experte gilt, dessen Unternehmen viele Aufträge aus der Privatwirtschaft erhält. Ebenso beauftragten bereits Gewesslers Vorgängerinnen im Umweltministerium wie Elisabeth Köstinger (ÖVP) den grünen Strategen.

"Machtmissbrauch in Grün"

Vonseiten der Opposition hagelte es dennoch Kritik. "Machtmissbrauch in Grün. Unvereinbarkeit in Grün. Selbstbedienungsladen Politik in Grün", twitterte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Die FPÖ griff Lockl vor allem mit Blick auf dessen angebliche Ambitionen für den ORF-Stiftungsratsvorsitz an. Es handle sich um eine "unappetitliche und nicht hinnehmbare Verflechtung von Politik, Wirtschaft und Einfluss im Medienbereich", wetterte der blaue Mediensprecher Christian Hafenecker.

Lockl selbst sagt, dass die Etats für das Umweltministerium "durch detaillierte Leistungs- und Tätigkeitsberichte dokumentiert" seien. Grummeln gibt es unter Mitbewerbern allerdings dafür, dass das Unternehmen seine Leistungen offenbar deutlich günstiger als die Konkurrenz angeboten hat; deshalb darf das Ministerium jetzt mit Verweis darauf große Aufträge vergeben.

Keine direkten Vergaben seit Ära Kurz

Überhaupt regt sich in der PR-Branche Kritik angesichts der seit der Ära Kurz gängigen Praxis, staatliche Aufträge nicht mehr direkt zu vergeben, sondern über sogenannte Rahmenverträge auszuschreiben. Auf diese Weise werden mehrere Teilnehmer für eine unspezifische Aufgabe (einen "Rahmen") gewonnen – etwa der allgemeinen Öffentlichkeitsarbeit zu einem Thema. Nach diesem Verfahren werden die jeweiligen Unternehmen, die den Bewerbungsprozess positiv durchlaufen haben, projektbasiert ausgewählt. Das Modell ermöglicht, wie ein Brancheninsider erläutert, dass parteinahe Unternehmen öfter zum Zug kommen. (Muzayen Al-Youssef, Fabian Schmid, 26.3.2021)