Es ist schon das dritte Exemplar aus dem Hause Jaguar. Diesmal hat er nur einen Sitz, dafür ein offenes Cockpit sowie drei Elektromotoren, die zusammen eine Leistung von 1020 PS auf die Rennstrecke bringen (wie das Tesla Model S Plaid in real). Der Jaguar Vision Gran Turismo Roadster ist ein wahrlich innovatives Fahrzeug. So innovativ, dass er in der Realität gar nicht existiert. Jaguar hat ihn exklusiv für das Videospiel Gran Turismo 7 entwickelt. So wie auch schon den Gran Turismo Coupé (für Gran Turismo Sport) und den Gran Turismo SV (auch für Gran Turismo 7).

Seien Sie ehrlich, der Ferrari F40 sieht im künstlichen Licht schon verdammt echt aus.
Screenshot: Sony

Dass große Automobilhersteller sich die Zeit nehmen, ein Auto extra für ein Videospiel zu designen, zeigt den Stellenwert der Gran Turismo-Serie. Seit den Anfängen im Jahr 1997 (in die USA und nach Europa kam es erst 1998) auf der ersten Playstation-Konsole gilt Gran Turismo als das Nonplusultra, wenn es um realistische Rennspiele fürs Wohnzimmer geht. Nun ist mit Gran Turismo 7 der aktuellste Teil für die Playstation 5 rausgekommen. Und der ist eine Verneigung.

Was für Sammler

Denn selten wurden Autos so zelebriert wie in Gran Turismo 7. Der neueste Clou der Entwickler ist das Gran Turismo Café. Um die etwas über 400 Autos zu sammeln, gilt es verschiedenste Rennen zu bestreiten. Hat man drei zusammenpassende Autos gesammelt, beispielsweise den Mustang Boss 429 (1969), den Mustang Mach 1 (1971) und den Mustang GT (2015), hat man ein Menü fertig und bekommt vom Besitzer noch eine liebevolle Übersicht darüber, was der Name Mustang für die Geschichte des Autos bedeutet. Dazu werden die drei Fahrzeuge in malerischen Landschaften vorgestellt und perfekt in Szene gesetzt.

Die virtuelle Palette von Jaguar.
Screenshot: Sony

Da wird man gleich wieder zu einem kleinen Buben, der diese Boliden als kleine Spielfiguren auf dem Regal stehen hatte und nur davon träumen konnte, sie in echt zu benutzen. Nun sind es eben virtuelle Ableger, und man träumt trotzdem nur davon, die echten zu besitzen. Aber immerhin kommt Gran Turismo 7 ganz ohne schlechtes Fußabdruck-Gewissen aus. Das Spiel zeigt einem sogar den durchschnittlichen Spritverbrauch seiner Karriere an: 28 Liter auf 100 Kilometer. Autsch. Das würde im echten Leben ziemlich wehtun.

Besonders beeindruckend ist die Vielfalt der Autos. Während man natürlich darauf hinarbeitet, in den schnellsten Fahrzeugen des Spiels zu sitzen, kann man sich einen Spaß daraus machen und mit ein wenig Glück auch das Auto fahren, das man schon einmal besessen hat. Das Fahrverhalten ist dabei so präzise, dass man sich selbst mit einem Controller an die gute alte Zeit zurückerinnern kann. Und man kann endlich auf der Rennstrecke ausprobieren, was so ein Toyota Aqua S aus 2011 auf der Rennstrecke zu bieten hat. Einziges Manko: Die Elektromobilitätsentwicklung der vergangenen Jahre wurde großzügig umgangen. Es gibt zwar beispielsweise Autos von Tesla, die große Konkurrenz anderer echter E-Mobile sucht man allerdings vergebens.

Ein Porsche 911 GT1 jagt in der Straßenversion über die verregnete Nordschleife.
Screenshot: Sony

Alte Bekannte

Wichtig ist natürlich nicht nur, was auf die Rennstrecke kommt, sondern auch auf welche. Veteranen wird es freuen, dass es wieder lauter fiktive Strecken gibt, die es seit dem ersten Gran Turismo bis heute rübergeschafft haben. Trial Mountain, eine kurvige Strecke inmitten eines Waldes, sei als ein Beispiel genannt.

Aber um die echten Strecken, um die geht es. Und da ist wieder fast alles dabei, was Rang, Namen und Grip hat. Sei es der Spielbergring in der Steiermark. Oder der Nürburgring in der deutschen Eifel. Und wer Nürburgring sagt, kommt meist nicht ohne die "grüne Hölle" aus, denn natürlich ist auch die Nordschleife integriert. Und das so akkurat, dass man meint, jedes Schlagloch, das einem virtuell begegnet, auch in echt wiederzufinden.

Und zu guter Letzt darf sich ein Honda Civic Type R auf einer der fiktiven Strecken messen.
Screenshot: Sony

Wenn man auf der Nordschleife eine wunderbare Runde gefahren ist, darf man das Ganze danach noch in der Wiederholung anschauen, die mit verschiedenen dynamischen Kameraperspektiven den Eindruck vermittelt, man sei ein Gott am Lenkrad. Bis man in den Onlinemodus schaltet und tausende andere Spieler aus aller Welt zeigen, dass das nicht der Fall ist.

Der Jaguar Vision Gran Turismo Roadster kommt übrigens mit einer Heckfinne daher, die an den dreimaligen Le-Mans-Sieger D-Type aus den 1950er-Jahren erinnern soll. Einen kleinen Unterschied zum alten Klassiker gibt es dann doch: Der Roadster hat eine Höchstgeschwindigkeit von 320 km/h und beschleunigt von null auf 100 in unter zwei Sekunden. Videospiele sind schon etwas Tolles. (Thorben Pollerhof, 10.5.2022)