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Brad Mehldau wird am 2. Mai eine motorische Grundstimmung mit lyrischem Ansatz verbinden.

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Dem Wiener Publikum Jazzgrübler Brad Mehldau noch groß vorzustellen hieße, Touristen nach Schönbrunn zu tragen. Der US-amerikanische Pianist ist zwar erst 51 Jahre alt, aber längst zu einem Klassiker des Jazz avanciert. Das feinnervige Musizieren mit seinem Trio ist mehrfach auf Tonträgern verewigt worden.

Mit inniger Hingabe hat sich Brad Mehldau auch immer wieder jenen Musikgrößen zugewendet, die Prägegestalten ihrer Zeit waren, angefangen bei Johann Sebastian Bach bis hin zu den Beatles. Johannes Brahms ist für den Jazzer sowieso nur "ein Norddeutscher mit dem Blues". Sogar Mehldaus Optik ist in den letzten Jahren immer klassischer geworden: ein bisschen George Clooney, ein bisschen Norbert Röttgen, jedenfalls reichlich weißgraues, kurzes Haupthaar über markanten Gesichtszügen.

Wunderschöne Klaviermusik

Seine Erfahrungen mit der Corona-Pandemie hat er auf seinem Album Suite: April 2020 zu wunderschöner Klaviermusik werden lassen. In den Jahren davor war zum Glück noch die große Besetzung möglich gewesen. Von 2016 bis 2018 hat Mehldau an seinem Konzert für Klavier und Orchester gearbeitet, es wurde in Paris uraufgeführt.

Die Kritik berichtet von einem gut halbstündigen und zweisätzigen Werk, geprägt von einer eher ernsten, elegischen und verweilenden Grundstimmung. Über Akkorden der Streicher erhebt sich im Soloklavier eine modale Melodie, die an Komplexität gewinnt und schließlich Echos bei der Harfe und den Hörnern auslöst.

Wirkt leicht filmisch

In den Kadenzen soll Mehldau fokussierte kontrapunktische Verknüpfungen hörbar machen. Ein Kritiker konstatierte eine ostentative Ernsthaftigkeit und steigerungsfähige Farbvielfalt des Werks, das an Filmmusik erinnern würde: Im Orchesterpart würde oft im Rahmen eines motorisch geprägten Hintergrunds eine lyrische Stimme herausgestellt. Sein Kollege wiederum meinte, ein Leitmotiv von Pianist und Innovator Herbie Hancock in einem harmonischen Setting à la Claude Debussy herausgehört zu haben. Wie auch immer: Am 2. Mai kann man sich selbst eine Meinung darüber bilden, wenn Brad Mehldau sein Klavierkonzert mit dem RSO Prag unter der Leitung von Clark Rundell zu Gehör bringen wird. Als Präludium dazu gibt es in der ersten Konzerthälfte Bach. (Stefan Ender, 25.3.2022)