Keine andere App hat in den vergangenen Jahren einen derartigen Boom hingelegt wie Tiktok. Die Entwicklung der chinesischen Firma ByteDance ist zu einer der erfolgreichsten Apps überhaupt avanciert, und hat damit etwas geschafft, was viele schon für nicht mehr möglich gehalten haben: Die Dominanz von Facebook – und in diesem Fall vor allem jene von Instagram – ins Wanken zu bringen. Rund 70 Prozent der Jugendlichen greifen in Österreich mittlerweile regelmäßig zu Tiktok, wie unlängst eine Studie von Saferinternet aufzeigte.
Eine Position, die eine gehörige Portion Verantwortung mit sich bringt, immerhin ist bei sozialen Apps die Moderation der Inhalte eine wichtige Frage. Entsprechend setzen auch Firmen wie Facebook eine Fülle an Content-Moderatoren ein, die sich um umstrittenen Inhalte kümmern – und trotzdem muss sich das Unternehmen hier oft Kritik gefallen lässt.
Filterlisten
Bei Tiktok scheint man hingegen eine etwas brachialere Lösung für dieses Thema gefunden zu hab – und zwar eine, die nun für gehörige Aufregung sorgt: Wie die deutsche Tagesschau vor einigen Tagen öffentlich gemacht hat, zensiert Tiktok nämlich Kommentare, in denen gewisse Begriffe vorkommen. Nun zeigt sich: Auch in Österreich wird diese Form der Zensur vorgenommen.
Unerwünschte Kommentare
Ein Test von FM4 belegt diesen Umstand eindeutig. Mit einem Testkonto wurde ein Posting verfasst, in dem die Frage "gibt es auch queere und schwule themen bei starmania" aufgeworfen wurde. Für die Person, die so etwas postet, sieht es auch tatsächlich so aus, als wäre der Beitrag veröffentlicht wurden. Doch dieser Eindruck täuscht: Das Posting ist nur für die Erstellerin selbst sichtbar, bei allen anderen wird es automatisch ausgeblendet. Dabei handelt es sich auch um keinen Ausreißer, dieses Verhalten konnte bei der Verwendung gewisser Begriffe mit mehreren Konten nachgewiesen werden.
Die Tagesschau hatte insgesamt 19 Begriffe gefunden, die dafür sorgen, dass Kommentare auf Tiktok ausgefiltert werden. Die Palette reicht von "queer" über "homophob", "LGBTQ" oder auch auch "schwul". Dieser Umstand sorgte rasch für Empörung, scheint es doch so als will Tiktok gezielt Diskussionen über Homosexualität und verwandte Themen unsichtbar machen. Während man sich gerne nach außen als möglichst inklusiv gibt, wird im Hintergrund also eine eher für das chinesische Internet typische, sehr rigide Zensur betrieben.
Nationalsozialismus
Doch es sind auch andere Themen, die Tiktok ausblendet. Ein solches Verhalten könnte die Tagesschau nämlich ebenfalls bei den Begriffen "Nationalsozialismus" und "Auschwitz" nachweisen. Die soziale Plattform behindert so die Diskussionen über wichtige Themen der Geschichte, während öffentlicht erst unlängst eine Kooperation mit Gedenkstätten anlässlich des Holocaust-Gedenktages angekündigt wurde.
Tiktok hat diese Form der Zensur übrigens mittlerweile eingestanden. In eine Stellungnahme gibt man sich kleinlaut, und verspricht eine Änderung. Oder wie es in solchen Fällen eben heißt: "Wir arbeiten mit Hochdruck daran, unser Vorgehen zu überarbeiten". (apo, 27.3.2022)