Ursula von der Leyen, Präsidentin der EU-Kommission, hält viel von gemeinsamem Gaseinkauf.

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Der Druck auf politisch Verantwortliche in Europa ist enorm, für nächsten Winter eine Mindestreserve an Gas aufzubauen, ohne dass die Preise noch stärker steigen, was viele ohnehin stark belastete Unternehmen zusätzlich schädigen würde. Beim EU-Gipfel Ende vergangener Woche haben sich die EU-Staats- und -Regierungschefs erstmals auf einen gemeinsamen Gaseinkauf verständigt. Aber kann das funktionieren?

Es könnte in der speziellen Situation, die durch den am 24. Februar erfolgten völkerrechtswidrigen Einmarsch von Putins Truppen in der Ukraine und die zunehmend abstoßenderen Kriegsbilder seither entstanden ist, erstmals funktionieren. Wenn jedes Land für sich allein versucht, bei Alternativlieferanten einzukaufen und sich so aus russischer Abhängigkeit zu befreien, könnte das mit horrenden Kosten einhergehen, ist die nicht von der Hand zu weisende Befürchtung der EU-Kommission. In früheren Jahren sind ähnliche Vorhaben misslungen.

Nehammer begrüßte die Initiative

Eine europäische Einkaufsgemeinschaft für Erdgas, wie sie nun vereinbart und auch von Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) begrüßt wurde, haben EU-Kommission und Mitgliedsstaaten seit 2010 schon oft gefordert. Genau das ist beispielsweise in der Energiesicherheitsstrategie 2014 diskutiert worden, nachdem im selben Jahr Russland die Krim annektiert hatte.

Die Forderung scheiterte damals an Einzelinteressen von Ländern. Österreich hatte und hat – historisch bedingt – einen privilegierten Zugang zu vergleichsweise günstigem russischem Gas. Auch Deutschland bremste aus demselben Grund.

Freiwillige vor

Freiwillig sollen sich nun EU-Länder zusammenschließen und gemeinsam über den Einkauf von Pipelinegas, verflüssigtem Erdgas, sogenanntem LNG und Wasserstoff verhandeln. Die Ukraine, Georgien und Moldau sowie Länder des Westbalkans könnten sich dem gemeinsamen Einkauf anschließen. Die Überlegung dahinter: durch die geballte Einkaufsmacht für Großlieferanten attraktiv zu sein und dennoch einen Deckel auf den Preis zu halten.

Gemeinsam zuletzt bei Corona-Impfstoff

Eine gemeinsame Beschaffung in der EU gab es zuletzt für Corona-Impfstoffe. Ein weiteres Beispiel gemeinschaftlichen Vorgehens ist Kernenergie: Die Euratom-Versorgungsagentur kauft den Brennstoff Uran für alle an, die ihn brauchen. Damit hat es sich aber schon mit der gemeinsamen Beschaffung. (Günther Strobl, 27.3.2022)