"Segeln macht dann Spaß", sagt Lara Vadlau, "wenn es um etwas geht." Mit Lukas Mähr als Vorschoter will sie zu den Olympischen Spielen.

Foto: CANDIDATE SAILING/DOMINIK MATESA

Lara Vadlau sitzt wieder am 470er-Steuer, jetzt mit Lukas Mähr an der Vorschot.

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Der Schlag ins Wasser waren die Olympischen Spiele 2016. Die Kärntnerin Lara Vadlau hatte in Rio de Janeiro mit ihrer Vorschoterin Jolanta Ogar als Bank auf eine Medaille gegolten. Sie galt als eines der größten Segeltalente weltweit, 22 Jahre war sie erst alt und doch im 470er schon doppelte Welt- wie Europameisterin. Ogar, eine gebürtige Polin, war 2014 im Hinblick auf Olympia eigens eingebürgert worden. Doch in Rio ging schief, was nur schiefgehen konnte, am Ende schaute nur der neunte Platz heraus. Grund genug für Vadlau, die Segel zu streichen – vorübergehend, wie man heute weiß.

2017 begann sie an der Sigmund-Freud-Privatuniversität in Wien Medizin zu studieren. "Das erste halbe Jahr war brutal schwierig", sagt Vadlau. "Als Seglerin war ich immer nur draußen und einen anderen Lifestyle gewohnt. Und plötzlich war ich nur noch drinnen und am Lernen. Aber ich hab es durchgezogen, und es hat mir immer besser gefallen." Sie hat keine Zeit verloren, mit einem Notenschnitt von 1,1 praktisch fertig studiert und auch das klinisch praktische Jahr schon hinter sich, nur die Beurteilung der Masterarbeit mit dem Titel "Validität und Zuverlässigkeit der Spektralanalyse in der plastischen, ästhetischen und rekonstruktiven Chirurgie" steht noch aus. Nebenbei räumte sie bereits einen hoch dotierten Förderpreis ab.

Eine soziale Ader

"Plastische Chirurgin ist mein Traumberuf", sagt Vadlau. "Aber das wollen viele werden." Sie selbst reizt weniger die lukrative Schönheitschirurgie als die Möglichkeit, Verbrennungsopfern zu helfen oder sich der Tumorrekonstruktion zu widmen. Ihre soziale Ader kam schon während des Studiums zum Vorschein, als sie gemeinsam mit ihrer Mutter, die ebenfalls Ärztin ist, von Pflegeheim zu Pflegeheim fuhr, um gegen Corona zu impfen. "Das waren oft 700 Dosen am Tag", sagt sie, "und wir waren nicht selten von sechs Uhr früh bis sieben am Abend unterwegs."

Das Segeln war in all dieser Zeit praktisch kein Thema. Vadlau hat festgestellt, um nicht zu sagen: Sie hat gelernt, "dass es auch neben dem Sport ein Leben gibt, das schön sein kann". Gut, ein, zwei Bigboat-Regatten hat sie sich gegeben, und ja, Kitesurfen hat sie gelernt. "Nur einfach so segeln", sagt sie, "macht keinen Spaß. Da ist Kitesurfen lustiger. Segeln macht dann Spaß, wenn es um etwas geht, wenn ich in einem Wettkampf bin."

Doch natürlich hat Lara Vadlau nicht alle Bande gelöst. Und natürlich hat sie die Segelbewerbe der Olympischen Spiele im Vorjahr in Tokio mitverfolgt und dabei mitbekommen, wie ihre frühere Vorschoterin Ogar, die mittlerweile wieder für Polen segelt, eine Silbermedaille gewann.

Ein forscher Beginn

In der Zwischenzeit hat sich Vadlaus Boot, der 470er, in eine Mixed-Klasse verwandelt. Und dann stand auf einmal Lukas Mähr da, der ebenfalls im 470er ein gutes Jahrzehnt lang als Vorschoter von David Bargehr in der erweiterten Weltspitze segelte. Im November saß Mähr vor Split erstmals mit Vadlau in einem Boot. Und schon im ersten Training war die Steuerfrau hin und weg. "Das war mein erster Segeltag nach fünf Jahren, aber es ist mir vorgekommen, als wäre ich nur eine Woche weg gewesen."

Es folgten weitere Trainingseinheiten, und es folgten Testregatten mit einem dritten Rang vor Villamoura in Portugal und einem zweiten Rang vor Palma de Mallorca. Das hat, auch wenn die Elite nicht komplett vertreten war, Selbstvertrauen gegeben. Und so soll es weitergehen, wenn Anfang April mit der Trofeo Princesa Sofía vor Mallorca der Weltcup beginnt.

"Ich mache ab und zu noch dumme Fehler", blickt Vadlau auf die ersten Ausfahrten zurück. "Aber Luki und ich gewöhnen uns gut aneinander, wir arbeiten jetzt schon an Kleinigkeiten." Ziel der Kampagne, die von Sponsoren wie Kelag, Auto Frey und Riedergarten Immobilien unterstützt wird, sind die Olympischen Spiele 2024 in Paris bzw. vor Marseille, wo gesegelt wird. Vadlau und Mähr schnuppern im Mai erstmals Revierluft, wissen aber bereits, dass zum Olympiatermin im Sommer mit ordentlich Wind zu rechnen ist. Dass sie mit Olympia eine Rechnung offen hat, will Lara Vadlau gar nicht bestreiten. "Doch wenn es nichts wird", sagt sie, "dreht sich die Welt weiter." Ein Schlag ins Wasser ist ein Schlag ins Wasser, und das Leben ist das Leben. (Fritz Neumann, 28.3.2022)