Foto: ALISON COHEN ROSA / HBO

Selbstanzeige: In der Serien-Prie-View für den März passierte mir ein schwerer Fehler. Im Gewimmel aufsehenerregender Starts zwischen "Picard" und "Bridgerton" ging mir doch tatsächlich "Pieces of Her" durch die Lappen. Ganz große Entschuldigung, und bitte – sofern Sie es noch nicht getan haben –, bitte schauen Sie sich das an. Spannenderes werden Sie in Streamingwelten derzeit nicht zu sehen bekommen. Ich gelobe Besserung, meine persönliche Notiz dahingehend lautet: Verpasse keine Serie mit Toni Collette!

Das sind die neuen Highlights im April:

Slow Horses

Was für Toni Collette gilt, kann man auch auf Gary Oldman anwenden, zumindest habe ich nicht in Erinnerung, dass der Mann je auch nur einen Film gemacht hätte, für den er sich zu genieren bräuchte. Als verwahrloster und moralisch verkommener Geheimdienstler des MI5 lässt er die Agentenwelt ziemlich unglamourös aussehen. Geschüttelt oder gerührt scheint für Jackson Lamb jedenfalls keine Frage, er nimmt im Zweifelsfall bestimmt beides. Die Story um den Antihelden in den löchrigen Socken folgt der Krimireihe des britischen Autors Mick Herron, an Oldmans Seite spielen Kristin Scott Thomas und Jonathan Pryce. 1.4., Apple TV+

Apple TV

Euer Ehren

Der Sohn des ehrenwerten Richters Michael Jacobi kollidiert bei einer Spritztour mit einem Motorradfahrer und begeht Fahrerflucht. Wie sich herausstellt, ist das Unfallopfer der Sohn eines berüchtigten Clanchefs. Dieser sitzt hinter Gittern, verurteilt vom Richter. Eine blede Gschicht, die in Israel den Spannungstest bestanden hat und in den USA von Bryan Cranston ebenso aufregend umgesetzt wurde. Die deutsch-österreichische Version spielt in Teilen am Brenner, wo die Clans aufeinandertreffen. Die Zeiten, da die Schönheit der Bundesländer gern in Filmen zur Schau gestellt wurde, sind vorbei. Tirol ist hier eher blaugrau. Hauptrollen spielen Sebastian Koch als Richter, Taddeo Kufus als Sohn, Ursula Strauss als Kommissarin und die großartige Paula Beer als eisige Clanqueen. 9.4., ORF, ARD

Projekt Aufklärung

Die vierteilige Dokumentationsreihe erzählt die Ideengeschichte der Aufklärung von Beginn an mit Immanuel Kant, dem französischen Enzyklopädisten Denis Diderot, der Freiheitskämpferin Olympe de Gouges und dem US-amerikanischen Gründervater Thomas Jefferson. Es geht aber auch um die bedeutenden Aufklärerinnen und Aufklärer unserer Zeit. Wir besuchen sie in Westafrika und in den USA, in Europa und in China, im Nahen Osten und in der Karibik. Präsentiert werden die vier Filme von der norwegischen KI-Expertin Anita Schjøll-Brede, der französischen Bestsellerautorin Emilia Roig, dem österreichischen Philosophen Armen Avanessian und der deutschen Schauspielerin Pegah Ferydoni. Man kann in Zeiten wie diesen gar nicht genug darüber wissen. 13.4., Arte

Anatomy of a Scandal

Ein junger Minister wird wegen eines Sexualverbrechens beschuldigt. Seine Ehefrau glaubt fest an die Unschuld ihres Mannes. Die Staatsanwältin will das Gegenteil beweisen. Die Serie folgt dem Buch von Sarah Vaughan, einer Schriftstellerin, die sagt, sie habe ihre Erfahrungen als politische Reporterin und als Studentin in Oxford genutzt, um Themen wie Macht, Privilegien und Zustimmung zu erforschen. "Anatomie eines Skandals" erhielt durchwegs positive Kritiken und stand zehn Wochen lang auf der Bestsellerliste der "Sunday Times". Einmal mehr trägt ein prominenter Cast die Geschichte: Rupert Friend ("Homeland"), Sienna Miller ("American Sniper") und Michelle Dockery ("Downton Abbey") treten in dieser von David E. Kelley ("Big Little Lies") für Netflix adaptierten Streamingserie gegeneinander an. 15.4., Netflix

Netflix

Outer Range

Schwere Wolken über Wyoming, trostlos ist die Stimmung im Wilden Westen. Diese Grundstimmung vermittelt auch der Ranger Royal Abbott, der um sein Land kämpft und dabei auf ein "unergründliches Mysterium" (Amazon Prime) stößt. Auch das noch! Josh Brolin, Lili Taylor und Noah Reid spielen "Ernst auf Ernst" – ein Kinderspiel, wer sich erinnert. 15.4., Amazon Prime

ONE Media

Roar

Eine Frau verspeist Fotos, eine andere verschwindet, die dritte trifft sich mit einem anfangs sehr netten, später immer gemeiner werdenden Erpel, die vierte sitzt für ihren Mann auf einem Brett und steigt nicht mehr runter: Die Storys aus "Roar" wirken fast ein wenig wie die feministische Ausgabe von "Black Mirror" – verstörend und doch von gewissem Humor. Gefertigt wurden die Folgen von den "Glow"-Macherinnen Liz Flahive und Carly Mensch. Alison Brie und Betty Gilpin sind dabei, aber ebenso Nicole Kidman, Merritt Wever, Cynthia Erivo, Meera Syal, Fivel Stewart und Kara Hayward. Nähere Details folgen. 15.4., Apple TV+

Apple TV

The Dropout

Reich und mies – das ist eine Kombi, die im Moment im Streaming-TV offenbar gut ankommt. Wir sahen "Super Pumped" über Aufstieg und Macken des Uber-Gründers Travis Kalanick. Der Betrug mit Wirecard wurde mehrfach inszeniert. "WeCrashed" erzählt Aufstieg und Fall des aufmerksamkeitsintensiven Entrepreneurs Adam Neumann. "Inventing Anna" zeigt die hochmütige Hochstaplerin Anna Sorokin. Nicht zu vergessen "Succession", in dem sich die Mitglieder der fiktive Familie Logan blutige Schlachten liefern. Hier also die Nächste im Bunde: Disney setzt der Theranos-Gründerin und Betrügerin Elizabeth Holmes mit Amanda Seyfried ein negatives Denkmal. 20.4., Disney+

Hulu

The Gilded Age

Julian Fellowes hat es wieder getan und eine Serie geschrieben. Der "Downton Abbey"-Erfinder und Nostalgiejunkie verlegt Highclere Castle nach New York. Wir schreiben das Jahr 1880, Boom im Big Apple – eine spannende Zeit, und ja, das schaut wieder einmal so richtig schönschön aus. Im Mittelpunkt des Interesses steht die junge Marian Brook (Louisa Jacobson), die nach dem Tod ihres Vaters zu ihren stinkreichen Tanten Agnes van Rhijn (Christine Baranski) und Ada Brook (Cynthia Nixon) nach New York übersiedelt. Die Ladys sind total versnobt und verstockt und verstehen sich auf ätzende Kommentare – Maggie Smith lässt grüßen! Marian ist da offener, und ja, das kennt man irgendwie alles aus "Downton Abbey", aber schön ist das trotzdem anzuschauen. 22.4., Sky

HBO

Gaslit

Die Anthologiereihe erzählt die Randgeschichte des Watergate-Skandals – von Nixons stümperhaften, opportunistischen Untergebenen über die geistesgestörten Eiferer, die ihre Verbrechen unterstützten, bis hin zu den tragischen Whistleblowern, die schließlich das ganze verkommene Unternehmen zu Fall brachten. Im Mittelpunkt von Staffel eins steht Martha Mitchell, gespielt von Julia Roberts. Martha ist eine große Persönlichkeit mit einem noch größeren Mundwerk, eine prominente Gesellschaftsdame aus Arkansas und die Ehefrau von Nixons loyalem Generalstaatsanwalt John Mitchell – den spielt Sean Penn. Das muss man gesehen haben. 24.4., Starzplay

STARZ

The Man Who Fell to Earth

Als "schockierende, bewusstseinserweiternde Erfahrung" wurde Nicolas Roegs Ausflug in die Science-Fiction-Fantasie bezeichnet. Mit David Bowie schuf er einen Außerirdischen, der besonders durch das Aufschneiden der Brustwarzen mit einem Rasiermesser in Erinnerung blieb. Der Kameramann Tony Richmond erzählt darüber übrigens, das Filmblut stamme von ihm, da Bowie kein Schweineblut aus der nahe gelegenen Schlachterei haben wollte. Wo war ich stehen geblieben? Genau, Serien, April: "The Man Who Fell to Earth" 2022 erzählt die Geschichte neu: Ein Außerirdischer stürzt tief in den Ölfeldern von New Mexico ab und hat eine Mission: die einzige Frau auf der Erde zu finden, die seine Spezies retten kann. Einmal gefunden, entdecken die beiden, dass sie zuerst unsere Welt retten müssen, um seine Welt zu retten. Noch gibt es keine Info über einen Streamingstart hierzulande, sie wird jedenfalls nachgereicht. 24.4., Showtime

SHOWTIME

Alles finster

Angeblich kann es jederzeit passieren, und wie man dann nicht vorbereitet sein kann, zeigt diese Komödienserie aus dem Hause ORF. Im fiktiven Kekenberg an der Della, einer kleinen Gemeinde in Österreich, gehen die Lichter aus. Ein europaweites Blackout sorgt für Pannen und Pech und Hopatatsch. Hilde Dalik. Harald Windisch, Martina Ebm, Holger Schober, Miriam Fussenegger, Maria Hofstätter und viele, viele mehr stellen das dar. Wer sich ernsthafter und spannender einlesen will, dem sei Marc Elsbergs "Blackout" empfohlen. Und wer sich wirklich vorbereiten will, schaut auf die Homepage des Bundesheeres. 25.4., ORF 1

Weiter geht's mit:

Borgen 4 Birgitte Nyborg ist nach neun Jahren zurück und waltet als Außenministerin ihres Amtes. Es geht um heikle Geschäfte, nämlich um Interessen an Ölvorräten auf Grönland, seit Jahren ein Streitpunkt zwischen den beiden Ländern. Die politische Grundlage der neuen Staffel orientiert sich wieder stark an der Realität der dänischen Politik. Das Drehbuch schrieb Adam Price. Die Kritiken sind hymnisch, eine Politserie, die zur rechten Zeit kommt. 14.4., Netflix

DR

The Kardashians

Nach 20 Staffeln "Keeping Up with the Kardashians" wechselt Familie Kardashian/Jenner den Sender und beschäftigt sich fortan bei Disney hauptsächlich mit sich selbst. Das Drama um Kanye und Kim, Kylies Schwangerschaft – die Dramen dieser sehr schrecklich netten Familien sind endlos. Der Serientipp für die ganz niederen Instinkte. 14.4., Disney+

Hulu

Russian Doll

"Matrjoschka", so der deutsche Titel, war die Serie des Jahres 2019 und erzählte die Geschichte der Nadia Vulvokov, die die Nacht ihres 36. Geburtstags wie in einer Zeitschleife immer wieder erlebt. Jedes Mal stirbt sie, nur um jedes Mal wieder auf der Toilette der Party zu Bewusstsein zu kommen. Natasha Lyonne spielte die Wiedergeherin, dramaturgisch ein Hit. Aus der zweiten Staffel wird ein großes Geheimnis gemacht. Amy Poehler, die die Serie zusammen mit Lyonne und Leslye Headland schrieb, sagt dazu: "Es ist wirklich ein Puzzle, das wir schreiben und erschaffen" – alles sei mit etwas anderem verknüpft. Die Serie war von Anfang an auf drei Staffeln ausgelegt. Hauptdarstellerin Lyonne: "Wie Staffel eins, nur schräger". Das ist eine Ansage. 20.4., Netflix

Netflix

Zu Ende gehen:

Better Call Saul 6/1 Wie aus dem netten "Jimmy" McGill der schmierige Anwalt Saul Goodman aus "Breaking Bad" wurde, ist für sich eine eigene "Breaking Bad"-Story, und jetzt geht sie auf Raten zu Ende. Laut "Deadline" kommen die endgültig letzten sechs Folgen am 11. Juli. 18.4., Netflix

Breaking Bad & Better Call Saul

Ozark 4/2

Die Ehe zwischen Marty und Wendy Byrde lief auch schon mal besser, die Geschäfte ebenso. Zeit also, dem Ganzen ein Ende zu bereiten. Stellt sich nur die Frage: Fliegen sie auf, oder kommen sie davon? Nach dem Mord an ihrem Bruder dreht Wutschwester Ruth noch einmal so richtig auf. Der Trailer deutet auf ein Finale grande hin. Bye-bye Byrdes, wir werden euch vermissen. 29.4., Netflix

Netflix

Volles Programm, kommen Sie gut durch den April (prie, 31.3.2022)