Personalberaterin Charlotte Eblinger: Nicht alle geben ihre Lockdown-Hunde ins Tierheim zurück. Manche bestehen darauf, dass Arbeitgeber jetzt Haustiere im Büro erlauben.

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STANDARD: Neue Ansprüche, neue Arbeitsorganisation zwischen Homeoffice und Büro: Jede Organisation sucht derzeit ihre neue Arbeitswelt. Oder probiert zumindest ein paar neue Schritte aus. Oft sind vermeintliche Kleinigkeiten die Stolpersteine. Was erleben Sie da als Personalberaterin aktuell?

Eblinger: Die Liste an Wünschen und Erwartungen von Arbeitnehmer:innen an zukünftige Arbeitgeber:innen in einem Arbeitsmarkt, der von der Kandidatenseite dominiert wird, beginnt bei flexiblem Arbeiten und erweitert sich bei vermehrten Anfragen, den eigenen Hund ins Büro mitnehmen zu dürfen. Die in der Zeit der Lockdowns und des Homeoffice angeschafften Tiere werden zum Zünglein an der Waage: Nehme ich das Jobangebot an oder nicht? Mehr Jobsuchende als früher ordnen einen interessanten Job ihrer Tierverpflichtung unter. Oder sie bewerten das Jobangebot gar nicht als interessant, wenn das Tier nicht an den Arbeitsplatz mitgenommen werden kann. Ähnlich wie das Konzept des Betriebskindergartens überlegen Arbeitgeber:innen, um bei ihrer Zielgruppe attraktiv zu bleiben, auch die Einrichtung von Dog-Sitting-Möglichkeiten.

STANDARD: Zurück zum Großen: Ist tatsächlich ein Trend des hybriden Arbeitens erkennbar – oder gibt es alles bunt verteilt, Büro in Vollzeit, nur Homeoffice, hybride Arbeitsteilung?

Eblinger: Wir erkennen einen Trend zum hybriden Arbeiten (ein bis vier Tage im Büro und ein bis vier Tage im Homeoffice), aber es begegnen uns auch immer noch "Vollzeit Büro" – auch in den Lockdowns gab es das – sowie "100 Prozent remote". Alles ist möglich! Und die begehrten Talente können unter den Arbeitgeber:innen wählen, welches Modell gerade zum eigenen Leben passt. Hybrides Arbeiten senkt auch die Kosten für Arbeitgeber:innen. Je mehr Homeoffice, desto weniger Miete für Bürofläche. Auf den eigenen Schreibtisch müssen Arbeitnehmer:innen jedoch verzichten. Desk-Sharing ist angesagt.

STANDARD: Die Inflationsprognosen liegen für heuer bei rund sieben Prozent. Die Gewerkschaft will aktuell sechs Prozent Lohnerhöhung für die 67.000 Beschäftigten in der Elektronikindustrie. Heißt das, dass man jetzt beste Karten für Gehaltsverhandlungen hat und sehr viel mehr drinnen ist bei einem Jobwechsel?

Eblinger: Das kommt auf den Job, die eigenen Qualifikationen und die Erfahrungen an: Bei einer Gruppe von Bewerber:innen, die heiß begehrt sind, erleben wir Forderungen nach Gehaltserhöhungen bei aktuellen und bei neuen Arbeitgeber:innen um bis zu 50 Prozent. Und wir erleben Ratlosigkeit auf der Seite der Unternehmen, wie sie damit umgehen sollen. Das ist eine vielschichtige Frage: Die Suche nach neuen Mitarbeitern gestaltet sich schwierig, langwierig und könnte mehr Kosten verschlingen als die Gehaltsforderung, aber auf der anderen Seite sprengen die hohen Gehälter jedes vorhandene Schema. (Karin Bauer, 31.3.2022)