Sophie Karmasin war von 2013 bis 2017 von der ÖVP nominierte Ministerin. Schon in dieser Zeit trieb sie berufliche Projekte voran.

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Mit der Mediengruppe Österreich haben die früheren Meinungsforscherinnen Sophie Karmasin und Sabine Beinschab gute geschäftliche Kontakte gepflegt – und sie hatten noch weitreichendere gemeinsame Pläne. In ihrer jüngsten Stellungnahme an die Ermittler der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) berichtete Beinschab, die laut "Kurier" nun offiziell den Status als Kronzeugin beantragt hat, von einem Angebot für ein Online-Umfrageprojekt, das sie dem Österreich-Manager Helmuth Fellner im September 2016 unterbreitet haben will.

Die Mediengruppe sollte ihr Meinungsforschungsinstitut Research Affairs beim Aufbau eines sogenannten Online-Panels unterstützen. Über die Webseite von Österreich sollten Teilnehmer für Umfragen gefunden werden, die sich dann auf einer Plattform registrieren sollten, um regelmäßig an Umfragen teilzunehmen.

Pro Teilnehmer hätte Beinschabs Research Affairs der Mediengruppe Österreich einen Euro gutgeschrieben und das mit laufenden Studien gegenverrechnet.

Der Deal, so die Beschuldigte in ihrer Einvernahme: "Die Mediengruppe Österreich hätte dadurch günstiger Studien durchführen können, und Research Affairs hätte über ein eigenes Online-Panel verfügt, über welches auch andere Studien kostengünstiger abgewickelt hätten werden können (...)."

Die Idee dazu sei ein halbes Jahr vorher von der damaligen Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) gekommen. Und: Auch der Generalsekretär im Finanzministerium Thomas Schmid habe sich eingebracht.

"Zügig das Paket umsetzen"

In einer E-Mail an Beinschab schrieb Karmasin, Schmid wolle "zügig das Paket mit SF (Sonntagsfrage, Anm.) etc. umsetzen. Bedeutet gemeinsam mit F (Fellner, Anm.) Online-Panel aufsetzen wo du direkten Zugang hast, idealerweise gehört dir das offiziell. Rest Telefon."

Karmasin wollte laut Beinschab "mitverdienen", Schmid sollte nicht nur Medienkontakte herstellen, sondern auch "Anschaffungskosten übernehmen, um das Panel aufzubauen". Der Spitzenbeamte im Finanzministerium hätte damit günstigere Umfragen bekommen, wie Beinschab aussagt. Zu all dem sei es dann aber nicht gekommen: Zwar sei sogar schon der Vertrag für die Gründung eines neuen Unternehmens errichtet worden, letztlich sei das Projekt dann aber daran gescheitert, dass sich nicht genug Teilnehmer für das Online-Panel gefunden hätten. Helmuth Fellner beziehungsweise sein Anwalt reagierten auf eine Anfrage des STANDARD nicht. Nicht nur mit den "Österreich"-Managern Wolfgang und Helmuth Fellner pflegten die beiden Demoskopinnen Kontakt, sondern auch zu Rainer Nowak, Chefredakteur und Herausgeber der "Presse". Auch dort wollten sie Umfragen unterbringen, im Hintergrund habe auch da Schmid mitgemischt.

Umfragen für "Die Presse" angeboten

In einer E-Mail schrieb Karmasin rund ums Thema Medienkooperation von Schmids "Rainer Nowak-Projekt". Am 27. Juni 2016 kam es dann auch zu einem Treffen zwischen Karmasin, Schmid und Nowak, bei dem die damalige Familienministerin das Institut von Sabine Beinschab beworben haben soll.

Daraufhin hat Beinschab laut ihrem Schriftsatz ein Angebot für Nowak erarbeitet und eine kostenlose Umfrage durchgeführt, "um zu signalisieren, dass man Interesse an einer Kooperation hätte". Am 5. August 2016 trafen die beiden einander dann, wobei es ein "komischer Termin" gewesen sei, wie Beinschab an Karmasin schrieb. Nowak habe "keine Fragen gestellt" und nur gesagt, "dass er mein Lobbyist ist". Zu einer Kooperation sei es nie gekommen, sagt Beinschab nun aus, weil Nowak nur Umfragen mit hoher Stichprobengröße wollte, die seien ihm aber zu teuer gewesen. "Als Chefredakteur gehört es zum Job, mich mit Menschen aus Politik und Wirtschaft zu treffen, wenn ich keine einzelnen Termine kommentiere, so deshalb, weil für mich das Redaktionsgeheimnis sakrosankt ist", sagt Nowak auf Anfrage des STANDARD. Er möchte "nicht kommentieren, welche Intentionen oder Strategien Minister, Generalsekretäre oder Pressesprecher in Beziehung etwa zu Umfrageinstituten verfolgen", betont aber, dass die "Presse" "traditionell sehr zurückhaltend" im Umgang mit Umfragen sei.

In der Causa wird gegen Altkanzler Sebastian Kurz, dessen Berater, Beinschab und Karmasin sowie die Brüder Fellner ermittelt. Außer Beinschab bestreiten alle Genannten sämtliche Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung. (fsc, gra, 29.3.2022)