Im Gastblog erzählt der Biologe Stefan Czurda, wie es zu seiner Fotoleidenschaft kam.

Als passionierter Hobby-Bergsteiger war ich über zehn Jahre unermüdlich in den Alpen unterwegs und meine Kamera war mir stets ein treuer Begleiter. Nachdem ich in den heimischen Bergen viel erlebt und zahlreiche Gipfel bestiegen habe, folgten Reisen nach Tibet, in den Oman und nach Äthiopien. Ebenso faszinierend waren meine Wanderreisen in den Bergen Islands und auf den Färöer Inseln.

Gosaukamm und Dachstein am Morgen.
Foto: Stefan Czurda
Abends am Attersee im Herbst.
Foto: Stefan Czurda
Mount-Everest-Nordseite von Tibet.
Foto: Stefan Czurda
sc-fotoblog

Während meiner Reisen habe ich aber nicht nur Landschaften fotografiert, sondern auch Menschen abgebildet. Mit dem unterschiedlichsten Fotomaterial zurück von meinen Abenteuern habe ich Reisevorträge an der Wiener Volkshochschule und beim Alpenverein gehalten. Berg- und Reisefotografie sind auch heute noch Kernthemen, über die ich auf meinem Blog sc-fotoblog.com schreibe.

Geistlicher in Äthiopien.
Foto: Stefan Czurda

Faszination Leica M 

Anfang 2020 habe ich mir einen großen Traum erfüllt und mir eine gebrauchte Leica M zugelegt, die meine Fotografie sehr stark beeinflussen sollte. Ich wollte ein wenig aus den modernen Techniktrends aussteigen und meiner Fotografie etwas Entschleunigung gönnen, um mich wieder mehr auf das rein kreative Handwerk des „Fotomachens“ zu fokussieren. Als eine ausschließlich manuelle Kamera mit nur rudimentären Fotofunktionen, war die Leica M genau das richtige Werkzeug dafür.

Faszination Leica M.
Foto: Stefan Czurda

Allerdings wurde mir schnell klar, dass die Leica nicht die richtige Kamera für meine Reise- und Bergfotografie war. Dazu fehlt ihr der Autofokus für schnelle Schnappschüsse auf Reisen und das Handling mit Ultraweitwinkel-Objektiven, die ich hauptsächlich in den Bergen einsetze, ist an der Leica M umständlich, da Ausschnitte unter 28 mm nicht im Messsucher angezeigt werden. Außerdem war sie mir zum Mitnehmen für meine Bergabenteuer im Wanderrucksack irgendwie zu schade.

Die Kamera und auch die Geschichte, die sie mitbringt, hat mich allerdings unglaublich fasziniert. Ich begann sie mehr und mehr für jenes Genre einzusetzen, für das die Leica M ursprünglich vorgesehen war und das sie zu einer ikonischen Kamera gemacht hat, nämlich als Reportagekamera.

Leidenschaft Street Photography

Da in den letzten Jahren meine Bergabenteuer weniger wurden und ich natürlich auch nicht das ganze Jahr auf Reisen sein kann, kam mir eine neue fotografische Disziplin gerade richtig. Durch die Leica M begann ich mich viel mit den großen Reportage- und Straßenfotografen wie Henri Cartier-Bresson und Saul Leiter, aber auch mit zeitgenössischen Größen wie Alan Schaller und Dotan Saguy zu beschäftigen und deren Werke zu studieren. So wurde meine Leidenschaft für die Street Photography entfacht und ich wagte mit der Leica M meine ersten Versuche in meiner Heimatstadt Wien.

Aller Anfang ist schwer

Schnell bemerkte ich, dass die Straßenfotografie keine einfache Disziplin ist, auch nicht für jemanden, der sich schon länger mit Fotografie beschäftigt. Um ansprechende Fotos zu schießen, benötigt man auf der Straße doch einige Skills, die man nur durch viel Übung und einem geschulten Auge erwerben kann. Jeder Straßenfotograf fühlt sich zu Beginn äußerst unwohl, Menschen mit einer Kamera im öffentlichen Raum abzubilden.

Auch das Handling mit der Leica M und ihrem Messsucher und das Arbeiten mit dem Zonen-Fokussystem und der Schärfentiefe-Skala erfordert anfangs einfach Übung. Außerdem muss man ein Gefühl für spannende Szenen im Wirrwarr des öffentlichen Lebens entwickeln und antizipieren und sollte sich mit einem stimmungsvollen Bildaufbau beschäftigen, um ansprechende Fotos zu schießen.

Natürlich war ich anfangs überfordert und die Anzahl an nichtssagenden Fotos war groß. Dennoch war das erste Jahr in der Straßenfotografie eine spannende und sehr lehrreiche Zeit. Ab und an gelangen mir dann doch Fotos, die für mich etwas Besonderes an sich hatten.

Wiener U-Bahn.
Foto: Stefan Czurda
Winter in Wien.
Foto: Stefan Czurda
Radfahrer im Zentrum von Graz.
Foto: Stefan Czurda

Eineinhalb Jahre später

Im April 2022 sieht es nun schon wesentlich besser aus und ich habe mich durch viel Übung und Trial-and-Error in die faszinierende Disziplin der Urban und Street Photography eingelebt. Um Henri Cartier-Bresson zu zitieren: "Your first 10,000 photographs are your worst", die ersten 10.000 Fotos sind die schlechtesten.

Ein Straßenfotograf wird man nicht in einem Jahr, und ich habe sicher auch noch keine 10.000 Fotos geschossen. Es gibt also noch viel zu lernen. Nein, man braucht keine Leica M für die urbane Fotografie, ich fotografiere mittlerweile auch mit anderen Kameras. 

Dennoch fand ich das Schießen mit der Messsucherkamera sehr spannend und herausfordernd, aber es gibt natürlich viele alternative Kameras, die sich in der urbanen Fotografie ebenso hervorragend - wenn nicht besser - einsetzen lassen. Wie immer aber in der Fotografie sind natürlich die fotografischen Skills weitaus wichtiger als das Kameraequipment.

Ich hoffe auf regen Austausch im Forum zum Thema! (Stefan Czurda, 5.4.2022)

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