Eine sichere Kommunikation und eine effektive Verschlüsselung müssen EU-Standards sein, schreibt unter anderem CEPIS in ihrem offenen Brief.

Foto: CEPIS

Erneut katapultiert sich die von der EU geplante "Chatkontrolle" in die Schlagzeilen. Die geplante Massenüberwachung privater Nutzer wurde erst vor rund zwei Wochen in einem offenen Brief von 39 Bürgerrechtsorganisationen scharf verurteilt. Damals lautete die Argumentation, dass "private Kommunikation ein Eckpfeiler der demokratischen Gesellschaft" sei und deshalb zu schützen ist. In ein ähnliches Horn blasen nun zahlreiche Wissenschafts- und Wirtschaftsverbände, die ebenfalls in einem offenen Brief ihre Kritik der EU-Kommission gegenüber verlautbaren.

Wie "Heise" berichtet, hat auf Initiative der Gesellschaft für Informatik (GI) und des Council of European Professional Informatics Societies (CEPIS) der Brief einen ähnlich skeptischen Inhalt wie jener der Bürgerrechtler. Die "anlasslose Kontrolle sämtlicher Kommunikationskanäle", gemeint sind etwa E-Mails oder auch Chats, würde die Vertraulichkeit und damit auch Bestandteile einer intakten Demokratie untergraben. Gleichzeitig warnen die Unterzeichner des Briefes, dass man mit diesen Scans von Endgeräten (Client-Side-Scanning, CSS) auch die "Akzeptanz der Digitalisierung" und damit auch die "Zukunftsfähigkeit der gesamten Europäischen Union" gefährde.

Schutz vor Kindesmissbrauch

Das postulierte Ziel der "Chatkontrolle" ist laut EU die Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Die Zielsetzung der Idee wird auch nie angegriffen, sondern vielmehr die geplante Umsetzung. Besonders EU-Innenkommissarin Ylva Johansson steht in der Kritik, da sie als Antreiberin der "Chatkontrolle" gilt. Die anhaltende Kritik hatte zuletzt dafür gesorgt, dass die Präsentation des Entwurfs verschoben wurde – Ende April soll es aber so weit sein. Betroffen wären vor allem Messenger-Dienste wie Whatsapp oder Signal, die derzeit eine umfassende Kontrolle der Inhalte durch eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verhindern.

Der aktuelle Brief der IT-Verbände stellt dieses Vorgehen stark in Frage. Abgesehen von einer möglichen technischen Umsetzung müsse eine wirksame Verschlüsselung eher verpflichtender Standard werden, als jetzt durch einen Entwurf wie diesen aufgeweicht zu werden. Die "Angriffsfläche zentraler Infrastruktur" müsse verhindert werden, so die Unterzeichner. "Anlasslose und massenhafte Überwachung" seien kein verhältnismäßiges Mittel im Kampf gegen Kriminalität. (red, 30.3.2022)