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Nach der Aphasie-Diagnose zieht sich Bruce Willis aus dem Rampenlicht zurück, wie seine Familie mitteilte.

Foto: Charles Sykes/Invision/AP

Hollywood-Star Bruce Willis zieht sich aus dem Rampenlicht zurück, verkündete seine Familie am Montagabend. Der Grund: Bei dem 67-jährigen Schauspieler wurde vor kurzem eine Aphasie diagnostiziert. Der Fachbegriff kommt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt "Sprachlosigkeit". Ebendiese kann sich plötzlich oder allmählich entwickeln: Durch eine Schädigung der Sprachzentren im Gehirn – etwa durch einen Schlaganfall, einen Hirntumor oder entzündliche Erkrankungen des Gehirns – haben Betroffene Probleme beim Sprechen und Verstehen, häufig auch beim Lesen und Schreiben.

Dabei ist eine Abgrenzung entscheidend: Aphasie ist keine Behinderung, keine Sprechstörung, sondern eine Sprachstörung. Nicht das Bilden von Wörtern wie etwa beim Stottern ist gestört, sondern die zugrunde liegenden Fähigkeiten, Sprache generell im Gehirn zu codieren und zu decodieren. Die Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen, nichtsprachliche Signale zu verstehen und Situationen zu analysieren, bleibt den meisten Aphasikerinnen und Aphasikern erhalten.

Schlaganfall die häufigste Ursache

Wie viele in Österreich von der Krankheit betroffen sind, ist schwierig zu ermitteln. Genaue Zahlen fehlen, aber man kann sich annähern. Jährlich erleiden hierzulande ungefähr 25.000 Menschen einen Schlaganfall. Zwischen 30 und 40 Prozent von ihnen entwickeln in der Folge auch eine Sprachstörung.

In etwa 80 Prozent der Fälle entsteht die Sprachstörung durch einen Schlaganfall. "Ein Schlaganfall führt zu einer Schädigung des Gehirns, und je nachdem, welche Areale im Hirn betroffen sind, können unterschiedliche Arten von Aphasie entstehen", erklärt die Neuropsycholinguistin Jacqueline Stark. An der Akademie der Wissenschaften forschte sie über 40 Jahre lang zu Aphasie, erprobte und dokumentierte Therapieansätze für unterschiedliche Arten der Aphasie.

Viele Formen von Aphasie

Es gibt viele Arten, aber grundsätzlich kann man vier Haupttypen unterscheiden: "Die schwerste Form ist die globale Aphasie, weil dabei alle sprachlichen Modalitäten betroffen sind: Sprechen, Verstehen, Lesen, Schreiben", sagt Stark. Betroffene nutzen dann oft nur sich wiederholende Silben wie etwa "dadada" zur Kommunikation.

Bei der Broca-Aphasie hingegen können Betroffene andere relativ gut verstehen und auch selbst in kurzen Sätzen sprechen. "Dabei verwenden sie das Verb in der Nennform, quasi einen Telegrammstil. Statt 'Der Bub spielt mit dem Ball' sagen sie 'Bub spielen Ball'", erklärt die Neuropsycholinguistin.

Die Wernicke-Aphasie ist durch lange, verschachtelte Sätze geprägt. Stark bezeichnet die Kommunikation als Wortsalat: "Betroffene dieser Form sprechen möglicherweise sogar schneller als ein gesunder Sprecher, aber die Sprache ist von semantischen Fehlern geprägt. Es sind zwar alles echte Wörter, es ergibt aber keinen Sinn."

Die vierte Form ist die Amnestische Aphasie. "Es haben alle Aphasiker Schwierigkeiten, Worte zu finden, aber bei dieser Art sind sie am dominantesten", erklärt Stark. Der Sprachfluss ist stockend, oft müssen Betroffene ein Wort, das ihnen nicht einfällt, umschreiben– etwa "das Ding, von dem man isst" statt "der Teller".

Von welcher Form der Aphasie Bruce Willis betroffen ist, ist der Öffentlichkeit bis dato nicht bekannt. Die Expertin kann nur spekulieren: "Von dem, was man liest, scheint es wohl keine Aphasie akut nach einem Schlaganfall zu sein. Ich kann keine Ferndiagnose stellen, aber seine Auffälligkeiten scheinen eher schleichend gewesen zu sein." Das klingt für die Neuropsycholinguistin nach einer sogenannten primären progressiven Aphasie. Dieses Krankheitsbild ist durch eine progrediente, also eine schlechter werdende Sprachstörung gekennzeichnet. Wortfindungsstörungen sind dabei oft das initiale Symptom. In vielen Fällen bleibt die Sprachstörung über mehrere Jahre das führende und einzige Symptom.

Behandlung durch Sprachtherapie

Bei manchen bildet sich die Sprachstörung innerhalb von drei bis vier Wochen wieder zurück. Wenn die Schädigung im Gehirn aber groß ist, wird die Aphasie bleiben. "Es gibt auch chronisch Betroffene, die vor über 25 Jahren einen Schlaganfall haben", berichtet Stark. Dabei bleibe das Krankheitsbild in den meisten Fällen aber stabil und verschlechtert sich nicht.

Wichtig ist laut der Expertin, dass sich Betroffene trotz kommunikativer Schwierigkeiten nicht zurückziehen und die Krankheit behandelt wird, aber: "Es gibt nicht die eine Behandlungsmethode", stellt Stark klar. "Erst werden von Logopädinnen und Logopäden sprachliche Tests durchgeführt und auf Basis der Ergebnisse eine Behandlung zusammengestellt."

Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen an der Akademie der Wissenschaften hat Stark Behandlungsprogramme für Dialogtraining, Schreibtherapie sowie Text- und Satzproduktion entwickelt. In den meisten Fällen ist die Behandlung ein Mix aus ebendiesen unterschiedlichen Formen der Sprachtherapie. Dennoch kann der Weg zur optimalen Therapieform eine Herausforderung sein, wie Stark berichtet, denn: "Viele Betroffene verstehen durch ihre Krankheit nicht, was von ihnen verlangt wird." (poem, 31.3.2022)