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Vladimir Petković: Garant für gelungene Großereignisse

Kein einigermaßen denkbarer Kandidat hat als Teamchef so viel vorzuweisen wie Vladimir Petković, der mit der Schweiz in Höhen vorstieß, von denen der ÖFB nur träumen konnte. EM 2016: Achtelfinal-Aus im Elferschießen, keine Niederlage im Turnier. WM 2018: Achtelfinale. Nations League, Liga A: Gruppensieg vor Belgien und Island. EM 2020: Viertelfinal-Aus im Elferschießen gegen Spanien. Danach hatte der 58-Jährige genug und ging zu Girondins Bordeaux.

Laut dem Blick soll Petković in seinem letzten Jahr als Nati-Teamchef 1,45 Millionen Franken kassiert haben – das ist zwar jenseits der ÖFB-Schmerzgrenze, aber womöglich saniert sich der 57-Jährige demnächst vor Gericht. Im Februar wurde der kroatisch-schweizerische Doppelstaatsbürger von dem chaotisch geführten Tabellenletzten entlassen, nun verklagt er Girondins auf kolportierte acht Millionen Euro Gehaltsfortzahlung.

Foto: REUTERS/MAHE

Sandro Schwarz: Jung, pragmatisch, international begehrt

Anders als Daniel Farke oder Markus Gisdol hat Sandro Schwarz den Absprung aus Russland noch nicht vollzogen. Nach Jahren der Erfolglosigkeit hat er Dynamo Moskau in der laufenden Saison auf Platz zwei geführt, seinen Vertrag hat der Deutsche erst im Dezember verlängert. Angesichts der Lage soll der 43-Jährige trotzdem ein Kandidat für den Trainerposten bei Schalke 04 sein.

Mit 31 Jahren wurde Schwarz vom Stammspieler zum Interimstrainer des Drittligisten Wehen Wiesbaden, danach werkte er in Mainz – U19, U23, Bundesliga. Anfangs mühte er sich in den Fußstapfen von Jürgen Klopp und Thomas Tuchel, sein Pragmatismus war nicht immer beliebt. Im Abstiegskampf bewies er Qualität und belegte die Plätze 15 und 12. In Moskau läuft es für den mehrfachen Trainer des Monats ausgezeichnet, so sind lukrativere Angebote als eines des ÖFB zu befürchten.

Foto: imago images/Russian Look

Lucien Favre: Erinnert nicht nur als Eidgenosse an Koller

Wieso nicht Lucien Favre? Der 64-Jährige bringt viel Erfahrung mit, hat etliches an Erfolgen aufzuweisen – und er ist Schweizer. Schon einmal ist Österreichs Fußball unter eidgenössischer Führung aufgeblüht, wir erinnern uns nicht ungern an Marcel Koller, insbesondere an die historische Qualifikation für die EM 2016. Favre, der selbst Spielmacher war (u. a. bei Servette Genf, FC Toulouse) und 24 Matches (ein Tor) für die Nati bestritt, ist Koller in etlichen Belangen nicht unähnlich. Ein feiner Typ, der selten bis nie die Contenance verliert.

Seine fachlichen Qualitäten sind unbestritten. Mit Servette Genf war er Cupsieger, mit dem FC Zürich Cupsieger und zweimal Meister. Erfolge gab’s auch mit Borussia Mönchengladbach, vor allem aber mit Dortmund (zweimal Vizemeister, einmal Supercupsieger). Zweimal deutscher Trainer des Jahres. Ende 2020 wurde er nach einem 1:5 gegen Stuttgart freigestellt.

Foto: imago images/Sven Simon

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Daniel Farke: Norwichs Retter ist dank Putin verfügbar

Passt das Timing, muss man zuschlagen. Daniel Farke ist einer der besten Trainer, die durch Russlands Ukraine-Krieg auf den Markt gespült wurden. Der 45-jährige Deutsche verließ den FK Krasnodar nach sieben Wochen und noch vor seinem ersten Pflichtspiel.

Farkes Bewerbungsschreiben ist grün-gelb und heißt Norwich City. Als der studierte Betriebswirt 2017 von der zweiten Mannschaft des BVB zum englischen Traditionsklub wechselte, stand dieser sportlich und wirtschaftlich vor einem Scherbenhaufen. Norwich hat keine externen Investoren, das ist im Inselfußball eine Ausnahme. Binnen zwei Jahren führte Farke sein Team mit Ballbesitzfußball in die Premier League, nach dem Abstieg wiederholte er das Kunststück 2021.

"Thomas Tuchel und ich sind inhaltlich sehr deckungsgleich", sagte Farke beim BVB. Tuchel wird es für den ÖFB nicht spielen – aber Farke, das könnte klappen.

Foto: AP/Walton

Marcelo Bielsa: Internationaler Sturkopf wider die Strukturen

Man wird ja wohl noch träumen dürfen. Glaubt man jenen, die seinen Lebenslauf gestreift haben, hat kaum ein Trainer in den vergangenen 30 Jahren den Fußball so geprägt wie der 66-jährige Argentinier. "Der beste Trainer der Welt", urteilte beispielsweise Pep Guardiola. Bielsa brachte den im Chaos versunkenen englischen Traditionsverein Leeds nach Jahren wieder in die Premier League, wurde dort nach einer schwachen Phase aber unlängst entlassen.

Das Bemerkenswerte: die Nachrede. Die Spieler überhäuften den Ex-Coach mit Lob, nächtens scharten sich Fans um das Haus des Argentiniers, um noch ein letztes Foto zu ergattern. Bielsa ist die Antithese zum Verbandsgekuschel, ein intellektueller Sturkopf, der durch seine Akribie besticht und keine Rücksicht auf Strukturen nimmt. Dürfte eine Lawine kosten, brächte aber Internationalität, attraktiven Fußball und Nachhaltigkeit. (Fritz Neumann, Martin Schauhuber, Andreas Hagenauer, 1.4.2022)

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