Der iRobot Roomba j7+ ist smarter und hübscher als so mancher Konkurrent – billig ist er aber nicht.

Foto: Der Standard/Stefan Mey

Staubsaugerroboter sind per se keine Revolution mehr – allerdings gehören sie wohl zu jenen Produktkategorien, bei denen es in den vergangenen Jahren die meisten Kinderkrankheiten und somit auch die größte Evolution gab. Was bringt es, wenn man das Ding immer im Auge haben muss? Wenn es Kabel aufsaugt oder – schlimmer noch – Haustier-Fäkalien in der der Wohnung verteilt? Wenn man nach jeder Reinigung erst recht wieder den Staubbehälter reinigen muss? Der iRobot Roomba j7+ versucht, eben diese Probleme zu lösen – und ob ihm dies gelingt, haben wir in einem mehr als drei Monate währenden Langzeittest geprüft.

Schickes Design

Reden wir zuerst einmal über Äußerlichkeiten: Staubsauger werden wohl niemals einen Schönheitspreis gewinnen, doch der iRobot Roomba j7+ ist ein vergleichsweise kleines Übel. Unser Testgerät in schwarz-metallener Farbmischung fügte sich optisch vergleichsweise unauffällig in die Wohnung ein, die Basisstation in geriffeltem Schwarz mit Kunstledergriff an der Öffnungsklappe wirkt fast schon edel.

Auch der iRobot Roomba j7+ gewinnt keinen Schönheitspreis, ist aber ansehnlicher als so mancher Branchenkollege.
Foto: Der Standard/Stefan Mey

Auf der Unterseite des Geräts findet sich eine große Hauptbürste, welche dem eigentlichen Aufsaugen dient und eine Seitenbürste, welche den Dreck der Hauptbürste vors Maul schleudern soll. Ein altbekanntes Problem bei Staubsaugern dieser Art, vor dem auch dieses Testgerät nicht gefeit war: Leider agiert die Seitenbürste nicht immer smart – und schleuderte verschüttetes Katzenstreu im Test nicht selten versehentlich unter der Tür hindurch ins Nebenzimmer, anstatt es aufzusaugen.

So sieht der iRobot Roomba j7+ nach rund 100 Tagen Betrieb von unten aus.
Foto: Der Standard/Stefan Mey

Ansonsten fährt der Roboter mal mehr, mal weniger gezielt die Wohnung ab und tut, was er soll: Er saugt. Auffällig war dabei, dass das Gerät trotz Erstellung eines smarten Wohnungsplans immer wieder mit Vollgas gegen Möbelstücke donnerte – was aber wenig dramatisch ist, da die Frontseite gefedert ist und somit kein Schaden am Roboter oder an den Möbeln verursacht wird.

Selbstständige Entleerung über die Station

Zu einer der smarten Funktionen des iRobot Roomba j7+ gehört, dass er nicht täglich entleert werden muss, sondern die "Beute" in einem eigenen Behälter sammelt. Hierzu fährt der Roboter auf seine Homebase, von unten wird ihm der eingesaugte Staub erneut ausgesaugt und in einen Beutel transferiert, der sich in der Homebase befindet.

Dieser Prozess ist sehr laut: Bei einer Entleerung haben wir im gleich Raum stehend eine Lautstärke von rund 70 dB gemessen – zwar nur über eine App auf dem iPhone, was alles andere als ein professionelles Tool ist, aber als Richtwert kann es allemal gelten. Oder, etwas lebensnaher gesagt: Wenn der Roboter fertig ist und sich entleert, dann hört man das auch zwei Zimmer weiter noch deutlich. Währen der Reinigung selbst lag die Lautstärke bei rund 45 dB.

Abgesehen davon tut das System verlässlich, was es soll. Während des gesamten, mehrmonatigen Testzeitraums gab es nur einmal eine Fehlermeldung, weil sich der in der Home Base platzierte Staubsaugerbeutel verschoben hatte. Dies ließ sich durch ein simples Raus- und wieder Reinschieben des Beutels beheben.

Zwei Staubsaugerbeutel werden beim iRobot Roomba j7+ mitgeliefert.
Foto: iRobot Roomba j7+

Laut iRobot hält ein Beutel bis zu 60 Tage lang, was doppelt so lang sein soll wie das Versprechen anderer Marken. Unserem Test zufolge ist das allerdings noch sehr konservativ geschätzt: Selbst nach rund 100 Tagen Testzeitraum mussten wir den Beutel noch nicht wechseln. Und das, obwohl die Weihnachtszeit inklusive Tannenbaum in diesen Zeitraum fiel.

Wenn es aber dann mal zum Wechseln kommt, wird es interessant: Denn es werden bloß zwei Staubsaugerbeutel mit geliefert, und diese sind nicht wiederverwendbar. Kollege Pichler war mit einem anderen selbstentleerenden Staubsaugerroboter vor einem ähnlichen Problem gestanden, worauf er kurzerhand einen Adapter für Standard-Saubsaugerbeutel gestaltete und im 3D-Drucker ausdruckte. Wer als iRobot-Kunde ähnlich vorgehen möchte, der hat es ein wenig leichter: Auf Thingiverse gibt es bereits eine Vorlage, die man kostenlos herunterladen und entweder im eigenen 3D-Drucker oder in einem beliebigen Makerspace ausdrucken kann.

Nicht ohne meine App – oder doch?

Freilich kommt auch der iRobot Roomba j7+ mit einer Smartphone-App daher, die über allerlei nützliche Funktionen verfügt. Bevor wir auf diese eingehen, hier noch der kurz der übliche Hinweis zum Thema Datenschutz: Bei der Nutzung der smarten Funktionen werden diverse Daten über die Server des Unternehmens gespielt – und das sind nicht gerade wenige: So muss das Gerät mit dem hauseigenen WLAN verbunden sein, um Befehle entgegen zu nehmen. Es nutzt das GPS des Smartphones, um Geofencing-Funktionen auszuführen. Der Staubsauger erstellt einen recht exakten Plan der Wohnung. Und er macht Fotos von Hindernissen, die anschließend in der App angesehen werden können. Wem das zu viel ist, der sollte auf Teile der Funktionen verzichten – oder gleich die App weglassen und den Roboter nur über seine große, leuchtende Hardwaretaste ein- und ausschalten.

Entscheidet man sich aber für die Nutzung der App, so kommt man schnell in eine bequeme Welt, die man nicht mehr missen will. So erstellt der Roboter wie bereits erwähnt eine Karte der Wohnung, woraufhin die jeweiligen Räume benannt und anschließend gezielt gereinigt werden können – praktisch, wenn etwa im Esszimmer viel gekleckert wird. Auch können einzelne Zonen benannt und als Befehl gespeichert werden: Nach einer Benennung der Gegend um die Katzenkistl als "Das Katzenstreu" war es mir eine Genugtuung, dem Roboter regelmäßig ein "Sauge das Katzenstreu" zuzurufen.

Smarte Assistenten

A propos Zurufen: ja, das funktioniert. Der Roboter lässt sich in die eigene Smart Home-Umgebung integrieren und so per Sprachsteuerung starten oder pausieren. Ein rasch zugerufenes "Okay Google, sauge die Wohnung" via Google Home lässt sich dabei ebenso umsetzen wie die Anwendung dieser Funktion an allen anderen Orten, bei denen der Google Assistant verfügbar ist: Zum Spaß habe ich manchmal während einer Autofahrt via Android Auto die Reinigung der Wohnung gestartet. Sicher kein alltägliches Szenario, aber möglich ist es.

Mit einem Update wurde zuletzt außerdem eine engere Verknüpfung mit Apples Siri gestartet: Nun lässt sich die Reinigung mit einem simplen "Überall reinigen" problemlos vom iPhone aus starten, dafür ist noch nicht mal die Integration in Apples Smart Home-System nötig. Side Fact: Am Anfang der Testphase verlor der Roboter öfters mal die Verbindung zum Netzwerk, auch das wurde mit dem jüngsten Update aber ausgebessert.

Wie bei anderen Staubsaugerrobotern, so können auch hier außerdem Zeitpläne erstellt werden – so saugt der Roboter etwa immer morgens, während man selbst noch im Bad ist. Außerdem kann das GPS dank einer Verknüpfung mit dem Dienst IFTTT genutzt werden, um dem Roboter zu sagen, dass er immer bei Verlassen des Hauses mit der Reinigung beginnen soll. Und diese Wenn/Dann-Beziehungen lassen sich auch kombinieren: Ich trage ihm etwa auf, dass er immer dann reinigen soll, wenn ich an Wochenenden das Haus verlasse. Das funktionierte jedes Mal einwandfrei.

Mit künstlicher Intelligenz gegen Katzen-Gacksi

So weit, so gut. Als wahres Highlight des Geräts sieht man bei iRobot aber die Fähigkeit des Geräts, Hindernisse und Kabel zu erkennen und diesen auszuweichen. Dies soll erstens bei Kabeln und anderen herumliegenden Gegenständen praktisch sein, die sonst gerne mal von Staubsaugern geschluckt werden. Noch entscheidender ist der Vorteil aber für Haustierbesitzer: Denn fährt ein Roboter unbedacht durch Tier-Exkremente und verteilt diese seelenruhig in der Wohnung, so kann das extrem eklig werden.

Gelöst werden soll dies, indem die eingebaute Kamera des Roboters die Gegenstände erkennt und mit einer Datenbank abgleicht. Der Test zeigt, dass der Roboter zwar viele, aber längst nicht alle Gegenstände erkennt. So machte er tatsächlich um herabhängende Kabel einen großen Bogen, fing sich aber dafür gleich zu Beginn der Testphase an einem kleinen Zweig ein, den wir von einem Waldausflug eingeschleppt hatten. auch Duplosteine und -platten befinden sich offenbar nicht in der Datenbank und wurden somit gerne mal durch die halbe Wohnung geschliffen.

Zweig verschluckt: Das hätte nicht passieren dürfen.
Foto: Der Standard/Stefan Mey

Zu dieser Thematikk passt auch, dass man diverse Sperrzonen errichten kann, an denen der Roboter nicht saugen darf. Dazu fotografiert er verdächtige Objekte und fragt nach jeder Reinigung, ob diese entfernt werden oder ob eine Sperrzone errichtet werden soll. Dies funktioniert mal besser, mal schlechter. So stellten etwa Wäscheständer eine permanente Herausforderung dar, an denen sich der Roboter ständig verhing, das Katzenfutter hingegen wurde erkannt und wird seitdem gemieden.

Gleich zu Beginn der Testphase erkannte der Roboter auch einen unserer felinen Overlords als mögliches Hindernis, fotografierte den kleinen Kater und erfragte, ob ich das Hindernis entsorgen werde. Dank einer integrierten Taschenlampe sind übrigens auch Nachtaufnahmen möglich.

Ein seltener, aber unterhaltsamer Schnappschuss: Soll ich dieses Objekt entfernen?
Foto: Der Standard/Stefan Mey

Doch wie verhält es sich nun wirklich mit den Fäkalien? Um es offen zu sagen: Mein Engagement reicht nicht so weit, dass ich für den Test Exkremente auf meinem Fußboden verteilt habe. Aber ich habe eine recht langweilige Corona-Quarantäne genutzt, um aus Knete mehrere kackhaufen-förmige Hindernisse zu formen und daraus einen Parcours zu bauen.

Was macht man als Tech-Redakteur eines Qualitätsmediums während einer Quarantäne? Natürlich Fäkalien aus Knete bauen!
Foto: Der Standard/Stefan Mey

Gerade nach den Erlebnissen mit dem Zweig und dem Wäscheständer war ich skeptisch – wurde aber positiv überrascht. Auch in mehrmaligen Testfahrten hat der Roboter die Fake-Fäkalien erfolgreich erkannt und die entsprechenden Bereiche gemieden. Erst als die einzelnen Häufchen zu nah beieinander platziert waren, ist er schließlich gescheitert – das ist aber ein Szenario, welches im Alltag so gut wie nie vorkommt.

Schließlich landete doch noch Knete im iRobot Roomba j7+. Mit Fäkalien wäre das deutlich ekliger.
Foto: Der Standard/Stefan Mey

Fazit: Helfer im Alltag zu einem stolzen Preis

Abschließend müssen wir noch übers Geld reden – und hier sei erwähnt, dass der iRobot Roomba j7+ mit einem Straßenpreis ab 861, 24 Euro alles andere als ein Schnäppchen ist. Hinzu kommen laufende Kosten für die proprietären Beutel, wenn man sich nicht mit dem 3D-Druck des Adapters beschäftigen will. Billiger geht es auf jeden Fall.

Dafür bekommt man bei diesem Gerät aber auch das gewisse Etwas: Die Bequemlichkeit, den Roboter nicht regelmäßig entleeren zu müssen. Die smarten Features, mit denen man die Reinigung auch aus dem Auto heraus starten kann. Und Spaß für die ganze Familie, wenn man während der Quarantäne einen Parcours für den kleinen Roboterfreund baut. Ob diese Funktionen den Aufpreis wert sind, muss jeder Mensch für sich selbst entscheiden. (Stefan Mey, 2.4.2022)