Auch nach der Machtübernahme der radikal-islamistischen Taliban kommt es immer wieder zu Gewaltakten, deren Leidtragende meist Zivilisten sind.

Foto: APA/AFP/JAVED TANVEER

Kabul – Bei einer Explosion auf dem größten Geldwechselmarkt in der afghanischen Hauptstadt Kabul ist am Sonntag nach Angaben einer Hilfsorganisation mindestens ein Mensch tödlich verletzt worden. Er sei bei Ankunft im Krankenhaus für tot erklärt worden, teilte die italienische Organisation Emergency NGO mit. Mindestens 58 weitere Verletzte seien ebenfalls in das Spital gebracht worden.

Der Innenminister der Taliban-Regierung, Sirajuddin Haqqani, hatte zunächst von mindestens zehn Verletzten bei der Explosion auf dem Markt Sarai Shahzada gesprochen. Zur Detonation sei es gekommen, als ein Dieb eine Handgranate geworfen habe, um Geld zu stehlen, sagte Haqqani weiter. Die Polizei untersuche den Vorfall. Der mutmaßliche Täter konnte demnach zunächst entkommen.

Zur Tat bekannte sich zunächst niemand. Seit ihrer Rückkehr an die Macht im August 2021 berichten die radikal-islamistischen Taliban nur wenig über Sicherheitsvorfälle in Afghanistan – und in den meisten Fällen werden die Taten Räubern und Entführern zugeschrieben.

Marode Wirtschaft

Bilder in den Sozialen Medien zeigten den blutverschmierten Boden des Marktes. Auf anderen Aufnahmen waren Menschen zu sehen, die sich beeilten, um Verletzte in Krankenhäuser zu bringen. Ein Geldwechsler auf dem Markt sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Explosion habe sich im Inneren des Marktes ereignet, als die Menschen ausländische Währungen, insbesondere Euro, umgetauscht hätten.

Mit dem wärmer werdenden Wetter nimmt auch die Zahl der Sicherheitsvorfälle in dem von den radikal-islamistischen Taliban wieder seit August 2021 kontrollierten Land zu. Neben der Bedrohung durch die rivalisierende Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) haben mehrere bewaffnete Gruppen, die sich hauptsächlich aus Taliban-Gegnern und ehemaligen Sicherheitskräften der Regierung zusammensetzen, ihre Existenz bekanntgegeben.

Seit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 ist die Wirtschaft des ohnehin von langjährigen Konflikten gezeichneten Landes UNO-Angaben zufolge um knapp ein Drittel geschrumpft. 24,4 Millionen Menschen seien auf humanitäre Hilfe angewiesen, um zu überleben – fast 60 Prozent der Bevölkerung. Bei einer Geberkonferenz kamen kürzlich rund 2,4 Milliarden Dollar zur Unterstützung Afghanistans und seiner Nachbarländer zusammen.

Taliban verbieten Mohnanbau in Afghanistan

Nun hat der oberste Führer der Taliban in Afghanistan, Haibatullah Akhundzada, auch den Anbau von Mohn verboten. Ein entsprechendes Dekret gab der Taliban-Chefsprecher, Zabiullah Mujahid, am Sonntag bekannt. Darin heißt es, bei Verstößen gegen die Anordnung werde die Ernte sofort vernichtet, und Verantwortlichen drohe eine Strafe nach dem islamischen Recht, der Scharia. Afghanische Opiate dominieren laut UN den Schwarzmarkt und beliefern 80 Prozent aller Konsumenten weltweit.

Die militant-islamistischen Taliban, die im August die Macht in Afghanistan übernommen hatten, galten selbst in der Vergangenheit als Profiteure des Drogengeschäfts. Sie sollen damit ihren früheren Kampf gegen die ehemalige Regierung in Kabul und die mittlerweile abgezogenen internationalen Streitkräfte finanziert haben.

Rund ein Zehntel der Wirtschaftsleistung beruht auf Opium

Mit Opium wurden laut dem UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) im Jahr 2021 zwischen 1,8 Milliarden und 2,7 Milliarden US-Dollar (1,6 Milliarden und 2,4 Milliarden Euro) in Afghanistan umgesetzt. Rund ein Zehntel der afghanischen Wirtschaftsleistung beruhte demnach auf Opium. Mit dem Erlass vom Sonntag werden zudem Konsum, Transport, Handel, Ex- und Importe sowie Fabriken zur Herstellung von Drogen aller Art, darunter auch Haschisch, verboten.

Bild nicht mehr verfügbar.

Mohnernte in Afghanistan.
Foto: AP/Abdul Khaliq

Der Mohnanbau war bereits vor der Machtübernahme der Islamisten illegal, denn berauschende Mittel sind im Islam verboten. Er war dennoch weit verbreitet, und neben den Taliban profitierten auch Mitglieder der ehemaligen Regierung von dem Handel. Seit ihrer Machtübernahme hatten die Islamisten Berichten zufolge keine durchgängige Politik. In manchen Bezirken sollen Drogenfabriken geschlossen, andernorts ihr Betrieb wiederum ignoriert worden sein. Mit dem Verbot kommen die Taliban zugleich auch Forderungen westlicher Regierungen zur Bekämpfung des Drogenanbaus entgegen. (APA, red, 3.4.2022)