Wang fühlt sich zu Unrecht bevormundet, seine Aufklärungsarbeit über das Leben in der Ukraine will er trotzdem fortführen.

Foto: Wang Jixian

Wieder einmal sind es Sirenen, die den jungen Chinesen Wang Jixian mitten in der Nacht aufwecken. Sie warnen vor drohenden Angriffen der russischen Armee auf Odessa. Dort lebt der junge Programmierer seit vier Jahren und hat sich in dieser Zeit einen Youtube-Kanal aufgebaut, den er dazu nutzt, über sein Leben und die aktuell stattfindenden Angriffe auf seine Stadt zu berichtet. Seit einer Woche ist der Kanal allerdings gesperrt – aufgrund von "gewalttätigen Inhalten", wie der US-Konzern Google Wang wissen lässt. Laut dem jungen Chinesen sind jedoch seine Russland-kritischen Inhalte der Grund, warum er für sich und seine rund 100.000 Abonnenten einen neuen Kanal eröffnen musste.

"Verräter"

Immer wieder sei er in den Kommentaren von chinesischen Nationalisten als "Verräter" bezeichnet worden, erzählt der 37-Jährige der Plattform Radio Free Asia (RFA). Er solle zudem nicht die "chinesische Regierung provozieren" oder auch darauf achten, mit seinen "Aussagen nicht zu aggressiv" zu sein. Sogar Todesdrohungen soll er auf diesem Weg erhalten haben. All diese Kommentare führen laut dem Youtuber zu der Vermutung, sein Video könnte ohne richtige Prüfung von ebendiesen Leuten gemeldet worden sein. Anders sei es nicht zu erklären, dass ein Video, in dem er in seiner Küche gerade Essen vorbereite, als gewalttätig eingestuft werden konnte. "Ich finde das nicht erklärbar", sagt Wang, "wo soll hier Gewalt zu sehen sein?"

Um transparent zu bleiben: Zwischen den Küchenszenen sind sehr wohl die Straßen von Odessa zu sehen, und im Hintergrund sind unter anderem Explosionen und Sirenen zu hören. Wang selbst erzählt in dem Video über die ukrainische Medienberichterstattung und wie sehr ihm die russischen Angriffe zu schaffen machen.

Seine chinesischen Social-Media-Accounts sind laut Wang mittlerweile ebenfalls gesperrt, unter anderem das für viele Chinesen sehr wichtige Kommunikationstool Wechat. Gegenüber CNN betont Wang, er würde weiter Videos produzieren, egal wie viel Hass ihm von Internettrollen entgegenschlage.

Stimme geben

"Ich möchte den Menschen in der Ukraine eine Stimme geben, denn in meinen Augen sind sie alle Helden", sagte Wang in dem Interview. Er bestehe darauf, dass Menschen das Recht auf Leben haben und niemand im Krieg sterben sollte. In seiner Biografie auf Youtube ergänzte er kürzlich: "Wenn diese Überzeugungen mit irgendwelchen nationalen Interessen kollidieren" sollten, dann "bitte, sei mein Feind".

Seine Inhalte veröffentlicht er aktuell auf einem neu gegründeten Youtube-Kanal und auf Twitter in chinesischer Sprache. (red, 6.4.2022)