Ist da noch wer? In manchen Kindergärten werden am Nachmittag die Spielgefährt:innen knapp.

Foto: Heribert CORN

Bei der Kinderbetreuung scheint es in Österreich manchmal so, als lebe man in völlig unterschiedlichen Welten, die allerdings nur wenige Minuten Bahnfahrt trennen. Kostenpflichtige Nachmittagsbetreuung und keine Kinderbetreuung für unter Dreijährige hier, kaum Schließtage und auch um 16 Uhr noch ordentlich Trubel im Kindergarten dort. Die Unterschiede zwischen ländlichen Gebieten und größeren Städten oder auch zwischen Wien und den Bundesländern sind groß. Der Gleichstellungsindex des Österreichischen Städtebundes zeigt etwa ein dichtes Angebot vor allem in Wien an, aber auch in vielen kleineren Gemeinden in Kärnten, Vorarlberg oder Salzburg. In anderen Teilen Österreichs, etwa in der Obersteiermark, schaut es deutlich schlechter aus.

Es ist also Glückssache, ob Mütter und Väter mehr oder weniger Kinderbetreuung vorfinden – und wie viel diese kostet. Zahlen darüber, wie viel Eltern je nach Wohnort für Kinderbetreuung zahlen, gibt es nicht. Die Statistik Austria wertet zwar die Ausgaben pro Bundesland für Kindertagesheime aus und wie viele Kinder betreut wurden. Eine Konsumerhebung der Statistik Austria zeigt außerdem, dass Eltern monatlich rund 80 Euro ausgeben – allerdings österreichweit. Doch selbst zwischen Wien und dem wenige Kilometer entfernten niederösterreichischen Korneuburg kann die Kostendifferenz rund 500 Euro betragen.

Wie groß die Unterschiede sind und wie das den Alltag mit Beruf und Kindern prägt, das zeigt sich wohl am besten, wenn man umzieht – wenn auch nicht weit weg. Vor allem, wenn beide Eltern Vollzeit arbeiten, so wie Tereza und ihr Mann. Das Paar siedelte vor ein paar Jahren mit seiner Tochter von Wien nach Korneuburg und ließ diese im ersten Jahr in Niederösterreich noch im städtischen Kindergarten in Wien. Längere Öffnungszeiten, weniger Schließtage – vom "Preis-Leistungs-Verhältnis war ein Wechsel damals einfach noch nicht machbar", erzählt Tereza.

Die 38-Jährige ist in Berlin geboren und lebt seit neun Jahren in Österreich. Von den großen Unterschieden bei der Kinderbetreuung zwischen den Bundesländern wurde sie überrascht. Auch von der für Eltern nicht "so tollen Message", dass ihr neuer städtischer Kindergarten nur bis 13 Uhr kostenfrei ist. Danach zahlen die Eltern eine Stundenpauschale. Wer sein Kind zusätzlich zum Vormittag etwa 32 Stunden pro Monat im Kindergarten hat, zahlt 50 Euro, wer die Kinderbetreuung mindestens 60 Stunden plus vormittags braucht, 90 Euro. Richtig teuer ist es für erwerbstätige Eltern in der Gegend, die Kinder unter zwei Jahren haben. Eine städtische Krippe gibt es nicht, das vorhandene private Angebot kostet für einen Vollzeitplatz inklusive Mittagessen rund 560 Euro pro Monat.

Zum Vergleich: Mit einem Ganztagesplatz in einem städtischen Kindergarten in Wien kann das Kind theoretisch von 6.30 Uhr bis 17.30 Uhr betreut werden. Gezahlt werden muss nur das Mittagessen, 68,23 Euro pro Monat – das gilt auch für die Kleinkindgruppen mit Kindern bis zu drei Jahren.

Wobei das mit Betreuungszeiten bis 17.30 Uhr auch in Wien teils nur Theorie ist. In vielen Kindergärten ist gegen fünf kaum noch ein Kind da. Das Kind regelmäßig als Einziges dort zu lassen – das macht Druck, dem viele Eltern nicht lange standhalten. Immerhin finden sich in vielen Kindergärten in der Großstadt auch am späteren Nachmittag noch Spielkamerad:innen. Andernorts dünnt es sich hingegen schon viel früher aus.

Tereza hat ihre Tochter grundsätzlich bis 16 Uhr angemeldet. Morgens ist der Radständer mit Rollern und Rädern zum Bersten voll, nachmittags, wenn Tereza ihre Tochter holt, herrscht schon gähnende Leere. "Ab halb vier ist der Kindergarten meistens leergefegt", erzählt Tereza. Eine andere Vollzeitbeschäftigte und sie seien "die Paradiesvögel" unter den Müttern – fast alle anderen Mütter arbeiten Teilzeit. Einmal die Woche lassen Tereza und ihr Mann die Fünfjährige schon um drei von einer Babysitterin abholen – würde sie an dem Tag bis 16 Uhr bleiben, wäre sie dann das einzige Kind. Dann kommen da noch zwei Sportkurse am Nachmittag dazu, wo die Eltern ihre Tochter hinbringen und währenddessen die Zeit für Lohn- oder Arbeit für die Familie nützen. "Unsere Vollzeitbeschäftigung kostet uns monatlich mindestens 400 Euro", sagt Tereza und rechnet die Kosten für Kindergarten, Babysitting und Sportkurse in einem "normalen" Monat vor – sprich: ohne größere Schließzeiten, die für die Familie ohne Großeltern in der Nähe eine Herausforderung sind.

Geschlossen wird der Kindergarten, wenn Schulferien sind – mit Ausnahme der Herbstferien und teilweise der Sommerferien, in denen die Einrichtung drei Wochen zu ist. Vollzeit zu arbeiten, sagt Tereza, das muss man sich in diesem System erst einmal leisten können. (Beate Hausbichler, 8.4.2022)