Auch die russische Botschaft in Frankreich ist betroffen: 35 Diplomaten werden ausgewiesen.

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Anfang der Woche wurden in Europa binnen 48 Stunden rund 150 russische Diplomaten und Diplomatinnen ausgewiesen – als Reaktion auf die Erkenntnisse vom vergangenen Wochenende, dass Russland in seinem Angriffskrieg schwere Kriegsverbrechen begangen hat. Österreich verhielt sich vorerst ruhig, nun hat aber auch Wien vier russische Diplomaten aufgefordert, das Land zu verlassen.

Frage: Wie viele russische Diplomatinnen und Diplomaten wurden aus Europa bisher ausgewiesen und von welchen Staaten?

Antwort: Zahlreiche russische Botschaftsangestellte müssen Europa verlassen. Polen, Tschechien, Slowenien, Deutschland, Frankreich, Italien, Dänemark, Schweden, Lettland, Estland, Griechenland und Spanien erklärten Diplomaten und Diplomatinnen bisher zu unerwünschten Personen. Polen war dabei einer der ersten Staaten, die diesen Schritt setzten, und zwar noch vor Bekanntwerden russischer Kriegsverbrechen. Laut polnischem Inlandsgeheimdienst handelte es sich um Russen, die in der Botschaft für Geheimdienste arbeiteten. Die meisten anderen Staaten zogen nach, nachdem die Gräueltaten von Butscha bekannt geworden waren. Am radikalsten war dabei Litauen. Die Baltenrepublik schickte sogar den russischen Botschafter nach Hause.

Frage: Wie viele russische Diplomaten müssen Österreich verlassen?

Antwort: Laut der Sprecherin von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) wird der diplomatische Status dreier Angehöriger der russischen Botschaft in Wien und eines Angehörigen des Generalkonsulats in Salzburg aufgehoben. Sie müssen Österreich bis 12. April verlassen. Das österreichische Außenministerium gibt als Grund an, dass die Personen mit dem Wiener Übereinkommen unvereinbare Handlungen gesetzt haben.

Frage: Was ist das Wiener Übereinkommen?

Antwort: Das Wiener Übereinkommen ist ein völkerrechtlicher Vertrag aus dem Jahr 1961, der die Aufgaben der Botschaften sowie den Umgang mit Diplomaten und Diplomatinnen bis hin zu deren Abberufung regelt. Es wurde von insgesamt 190 Staaten unterzeichnet. Kernpflicht ist die Achtung der Gesetze des Gastlandes.

Frage: Wieso hat Österreich die Diplomaten so spät ausgewiesen?

Antwort: Österreich schloss sich am Donnerstag tatsächlich erst nach mehrtägiger Verzögerung den europäischen Maßnahmen gegen russische Diplomaten an. Noch am Vorabend hatte Schallenberg betont, keine Handhabe für Ausweisungen zu haben. Zugleich versprach er, handeln zu wollen, wenn es "starke Indizien" für entsprechende Verstöße von Diplomaten gebe. Emil Brix, Direktor der Diplomatischen Akademie, mutmaßte in einem Interview mit dem Ö1-Mittagsjournal, im Außenministerium sei einfach der Druck zu groß geworden. Traditionell weist Österreich selten Diplomaten und Diplomatinnen aus. Die Gründe, die angegeben werden: Österreich ist neutral und Sitz mehrerer internationaler Organisationen.

Frage: Wie reagiert Russland?

Antwort: Österreichs Außenministerium rechnet damit, dass auch Russland im Gegenzug vier österreichische Diplomaten und Diplomatinnen ausweist. Das ist eine übliche Vorgangsweise. Österreich hat 33 Personen für seine Botschaft in Moskau akkreditiert. Schallenberg hat sich im "ZiB 2"-Interview besorgt gezeigt, dass die Botschaft in Moskau im Fall eines russischen Vergeltungsaktes würde schließen müssen.

Frage: Wie viele russische Personen haben in Wien Diplomatenstatus?

Antwort: Russland hatte bisher 146 Personen bilateral in Österreich akkreditiert. Zählt man noch das russische Botschaftspersonal bei den internationalen Organisationen und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa dazu, kommt man auf eine Gesamtzahl von derzeit 290 Personen.

Frage: Warum so viele?

Antwort: Die russische diplomatische Präsenz in Österreich ist überdurchschnittlich groß. Es ist ein offenes Geheimnis, dass ein gewisser Prozentsatz für den Militärgeheimdienst GRU oder den Auslandsgeheimdienst SWR im Einsatz ist. Aufgrund der Rechtslage beschäftigte sich auch der österreichische Nachrichtendienst bisher nur mit Aktivitäten, die gegen das eigene Land gerichtet sind. Spionage in Österreich ist nicht strafbar, sofern sie sich nicht gegen Österreich richtet. (Manuela Honsig-Erlenburg, 7.4.2022)