Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hat nichts dagegen, Putins Rubel-Forderung nachzukommen.

Foto: IMAGO/Attila Volgyi

Ungarn schert aus der Phalanx des Westens aus und bezahlt Gaslieferungen aus Russland künftig in Rubel. "Wir haben keine Schwierigkeiten damit", erklärte Ministerpräsident Viktor Orbán am Mittwoch in einer Pressekonferenz. "Wenn die Russen Rubel verlangen, bezahlen wir in Rubel."

Der Rechtspopulist hat in den vergangenen Jahren exzellente Beziehungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin aufgebaut. Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine versucht er, sie möglichst unbeschadet hinüberzuretten. Orbán handelte die Gaslieferverträge stets persönlich mit dem Kreml-Herrn aus. Ihre Inhalte sind geheim. Ungarische Fachjournalisten haben aus Statistiken errechnet, dass Ungarn letztlich keinen niedrigeren Preis bezahlt, sondern lediglich in den Genuss längerer Durchrechnungszeiträume für die Berechnung auf der Grundlage der internationalen Marktpreise kommt.

Das deutete Orbán auch in der Pressekonferenz an: "Für uns ist nicht der Preis ausschlaggebend, sondern dass das Gas kommt." Die mit Moskau geschlossenen langfristigen Verträge würden Versorgungssicherheit garantieren. Ungarn ist in hohen Maßen von russischen Energieimporten abhängig. Das Land deckt 85 Prozent seines Gasbedarfs und 60 Prozent seines Erdölbedarfs aus Russland.

Geht EU-Kommission nichts an

Die nächste Zahlung für Gaslieferungen sei Ende Mai fällig, erklärte Außenminister Péter Szijjártó. Die EU-Kommission hatte die Mitgliedsländer zuletzt aufgefordert, auf die Forderung Moskaus, in Rubel zu bezahlen, nicht einzugehen. Szijjártó meinte dazu, dass das die Kommission nichts angehe, weil das Geschäft zwischen Unternehmen und nicht Staaten abgewickelt würde. Eine Tochter des staatlichen ungarischen Stromkonzerns MVM kauft das Gas von einer Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom.

Die Verbraucher bekommen in Orbáns Reich von den marktbedingten, seit dem Ukraine-Krieg gewaltigen, Preissteigerungen nichts mit. Der Regierungschef hat nämlich die Gaspreise für die Haushalte seit 2012 weitgehend eingefroren. Vor der Wahl 2014 war der Slogan von der "Wohnnebenkostenbremse" der Hauptschlager in Orbáns Kampagne. Die enormen Verluste muss die MVM auffangen, die zum Ausgleich vom Staat – das heißt: dem Steuerzahler – subventioniert wird.

Standortverlagerung

Orbáns Bindung an den Kreml-Herrn verdankt sich aber nicht nur den Energielieferungen – auf Einladung des Ungarn verlegte die russische Internationale Investitionsbank (IIB) ihren Sitz nach Budapest. Deren russische Manager mit eventuellem Geheimdiensthintergrund haben hier diplomatische Immunität und können sich frei in der EU bewegen. Orbán und Putin hängen letztlich ähnlichen Weltbildern an. Sie sehen den demokratischen, liberalen Westen im Niedergang und die östlichen Großmächte Russland und China mit ihren autoritären, nationalistischen Regimen im Kommen. (Gregor Mayer aus Budapest, 7.4.2022)