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Diese Rautenpython verstand keinen Spaß.
Foto: REUTERS/Quest/Ric Frearson

Nicht nur für Menschen, die an Schlangen- oder Spinnenphobie leiden, gilt: Ein Urlaub in Australien will mehrfach überdacht werden. Lohnt sich der Blick auf den majestätischen Inselberg Uluru (auch bekannt als Ayers Rock) oder traumhafte Strände, wenn man gleichzeitig stets im Hinterkopf hat, dass gefühlt alle hier beheimateten Tiere einen umbringen könnten? Oder zumindest einen gewaltigen Schrecken einjagen, weil sie in Unmengen und Übergröße vorhanden sind?

Die menschliche Bevölkerung des Landes muss in vielerlei Hinsicht abgehärtet sein. Zu wissen, welche der Spinnen-, Schlangen- und Quallenarten etwa lebensgefährlich sein können, ist ebenfalls hilfreich. Derzeit werden die Menschen in vielen Teilen Australiens zusätzlich herausgefordert: Nachdem es bereits zu Jahresbeginn und vor einem Monat zu historischen Überschwemmungen an der Ostküste gekommen war, regnet es nun wieder stark – ohne absehbare Veränderung der Wetterlage.

Innerhalb weniger Wochen gab es mehr Niederschlag als sonst im gesamten Jahr. Das sorgt nicht nur für Überflutungen und Erdrutsche, es sorgt auch dafür, dass allerlei Krabbeltiere Schutz vor dem Unwetter suchen und dabei vermehrt in Häusern landen, wie mehrere Medien berichteten.

Berüchtigte Tierwelt

Zu den unliebsamen Gästen zählen vor allem Blutegel, außerdem Schlangen und Spinnen, deren Sichtungen aktuell zunehmen. Das trifft auch auf die Sydney-Trichternetzspinne zu, die bis zur Entwicklung eines Gegengifts als tödlichste Spinne des Landes galt. Aber wie häufig wird man in Australien eigentlich von Tieren gebissen oder gestochen? Und welche Arten führen die Rangliste an?

Antworten auf diese Fragen liefert eine Studie, die kürzlich veröffentlicht wurde. "Etwa die Hälfte aller Australierinnen und Australier wird im Laufe ihres Lebens von einem Tier gebissen, und Tierbisse infizieren sich oft", sagt John Vardanega, der der Erstautor der Arbeit und für die Registrierung von Infektionskrankheiten zuständig ist. Er und sein Team werteten die Tierbisse und -stiche aus, die im Spital der Stadt Cairns im nordöstlichen Bundesstaat Queensland zwischen 2013 und 2020 verzeichnet wurden.

Cairns ist eine Küstenstadt, die als Tor zum Great Barrier Reef gilt und in der tropisches Klima vorherrscht. Mehr als 1.745 Patientinnen und Patienten mit Bisswunden wurden hier innerhalb der sieben Jahre registriert und flossen in die Auswertung ein. Ein großer Teil von ihnen wurde tatsächlich von berüchtigten Wildtieren – nämlich von Schlangen – gebissen. Diese Tierkategorie machte 42 Prozent der behandelten Bisse aus.

Unterschätzte Gefahr

Danach folgen aber Tiere, die man bei einer solchen Studie wohl nicht unbedingt auf dem Schirm hat. Platz zwei belegen nämlich Hunde (29 Prozent), gefolgt von Katzen (neun Prozent). Gemeinsam stehen diese Haustiere den Schlangen nur um vier Prozentpunkte nach. Und gerade hier lauert eine gewisse Gefahr, erläutert Josh Hanson von der University of New South Wales. Denn Katzenbisse sind jene, die sich der Studie zufolge in der Probandengruppe am ehesten entzündet hatten.

Zählt dieses Tier zu den gefährlichsten Australiens?
Foto: Peter Parks / AFP / APA

"Die Opfer haben Katzenbisse oft als unbedeutend eingestuft, obwohl Katzenzähne in tiefe Gewebeschichten vordringen können", sagt Hanson. Eine Wundreinigung ist auf jeden Fall ratsam. Nicht immer reicht sie aus, aber viele dürften bei weniger ernst genommenen Bissen auch darauf vergessen. Drei Viertel der von Katzen verursachten Wunden sind erst mehr als 24 Stunden nach dem Biss im Krankenhaus gelandet, wenn sie sich bereits infiziert hatten.

Insektenstiche und Todesopfer

In eine ähnliche Kerbe schlug bereits eine Studie von 2017, die das Risiko, durch Spinnen, Schlangen, Haie und Co gebissen zu werden, relativierte. Hier wurde der Zeitraum von 2001 bis 2013 berücksichtigt. Diese Untersuchung der Universität Melbourne – mit wesentlich mehr Probanden, nämlich etwa 42.000 – zeigte, dass die meisten Menschen nämlich aufgrund von Bienen- und Wespenstichen ins Spital eingeliefert wurden, dabei handelte es sich um etwa ein Drittel der Gebissenen und Gestochenen.

30 Prozent entfielen damals auf Spinnenbisse, für 15 Prozent waren Schlangen verantwortlich. Insgesamt verstarben im Zeitraum 64 Menschen aufgrund von giftigen Bissen oder Stichen. Ähnlich viele wurden durch Bienen und Wespen sowie durch Schlangen verursacht, relevant war auch die tödliche Wirkung von Quallen und Ameisen. Spinnenbisse gingen dagegen glücklicherweise glimpflich aus. Auch in der aktuellen Studie belegten Quallen in der Anzahl der Verursacherinnen den vierten Platz und sorgten für mehr als sieben Prozent der tierisch bedingten Spitalsbehandlungen, nach Hunden und Katzen.

Schnelles Handeln bei bedrohlichen Tieren

In Bereichen, in denen giftige Schlangen seltener sind, dürften die Bisse durch Haustiere einen noch höheren Stellenwert einnehmen. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass viele Katzenbesitzerinnen und Hundebesitzer nicht bei jeder kleinen Verletzung ein Krankenhaus aufsuchen wollen. Den Forschenden zufolge birgt das aber ein gewisses Risiko, da Bakterien im Speichel der Haustiere in den Blutkreislauf gelangen und gefährliche bakterielle Infektionen hervorrufen können, wenn sie nicht früh genug behandelt werden.

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Spinnen sorgen mittlerweile für wenige tödliche Bisse, spannen in Australien dafür aber beeindruckende und durchaus gruselige Netze.
Foto: Jeff Hobbs / Facebook / Reuters

Anders sieht es im Risikobewusstsein gegenüber Bissen von Tieren aus, die von vornherein als bedrohlicher wahrgenommen werden als die haarigen Mitbewohner. Bis zu 96 Prozent der Patientinnen und Patienten, die etwa von Schlangen, Krokodilen und Haien gebissen werden, haben innerhalb von acht Stunden nach der Verletzung das Spital aufgesucht und nicht länger abgewartet.

Männer und Krokodile, Frauen und Katzen

Daneben wurden auch Bisse, Stiche und ähnliche Verletzungen durch weitere, ganz unterschiedliche Tiere registriert. Im Meer kann es auch zu unangenehmen Begegnungen mit Fischen kommen, außerdem wurden Verletzungen durch Krokodile, Fledermäuse, Dingos, Wallabys und sogar Papageien aufgezeichnet. Zu den ungewöhnlicheren Bissverursachern in der Studie zählten übrigens Stachelrochen, Steinfische, Rinder, Schweine und Pferde. Sie bissen jeweils nur rund 20 der 1.700 Patientinnen und Patienten.

Ein allgemeines Problem ortet Vardanega in den tropischen Regionen Australiens: Dort käme es oft Hunderte von Kilometern von Arztpraxen und Spitälern entfernt zu Bissen. "Wenn wir die Infektionen nicht frühzeitig erkennen, können die Patientinnen und Patienten ein Glied oder Schlimmeres verlieren", sagt der Arzt. Überdurchschnittlich oft betroffen waren übrigens junge Männer, die etwa durch Arbeit im landwirtschaftlichen Bereich oder ihr Verhalten tendenziell ein höheres Risiko eingehen. Während alle Krokodilbisse auf Männer entfielen, hatten Frauen eine mehr als dreimal so hohe Wahrscheinlichkeit, von Katzen gebissen zu werden.

Schlangen meiden

Einen naheliegenden Rat hat der ebenfalls an der Studie beteiligte Arzt Simon Smith parat: Abgesehen von möglichst früher medizinischer Behandlung lassen sich Infektionen am besten vermeiden, indem man gar nicht erst gebissen wird. "Wenn Sie in der freien Natur oder in Ihrem Garten einer Schlange begegnen, machen Sie einen großen Bogen um sie und lassen Sie sie ihren eigenen Weg gehen", empfiehlt Smith. Ein Rat, der auch hierzulande berücksichtigt werden sollte, wobei man in Zentraleuropa wesentlich seltener auf Schlangen stößt und diese im Durchschnitt wesentlich weniger gefährlich sind.

Wer sich zu sehr vor den Risiken der australischen Fauna fürchtet, sucht sich wohl am besten ein alternatives Urlaubsziel in der Nähe. Der Vorteil ist immerhin auch: Als Angsthase spart man sich die klimaschädlichen Emissionen für die Fernreise. (sic, 9.4.2022)