Russlands Präsident Wladimir Putin (Bild) werde die Bilder für seine Propaganda nutzen, sagte Russland-Experte Gerhard Mangott.

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Wien/Kiew/Moskau – Mehr als erstaunt hat Russland-Experte Gerhard Mangott von der Uni Innsbruck auf den Besuch von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) in Moskau reagiert. "Ich halte diesen Besuch für keine kluge Entscheidung", sagte der Politologe der Uni Innsbruck. Auf einen Brückenbauer habe in der EU keiner gewartet, die Osteuropäer kritisierten diesen Schritt bereits scharf, erklärte Mangott in der "ZiB 2 am Sonntag". Russlands Präsident Wladimir Putin habe die Macht über die Bilder dieses Besuches und werde diese zu nutzen wissen.

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Der österreichische Kanzler habe nicht genug Gewicht in Europa, um etwas zu bewegen. Das wisse man auch in Moskau. Das von Nehammer genannte Ziel eines Waffenstillstands werde von der Ukraine seit Beginn gefordert. Es gebe keinen Grund, warum Putin das auf Vermittlung Nehammers machen sollte. Auch der Zeitpunkt der Reise sei unglücklich angesichts dessen, dass Russland gerade einen Großangriff in der Ostukraine vorbereite. "In Moskau will keiner über einen Waffenstillstand reden oder auch nur nachdenken", so Mangott. Gespräche über die Schaffung humanitärer Korridore sollten besser zwischen Russland und der Ukraine geführt werden, dazu brauche es keine Vermittlung Österreichs.

Nehammer verschafft Putin Propagandabilder

"Es ist schwer nachvollziehbar, was sich der Kanzler von dieser Reise erwartet. Er hat nicht die Macht über die Bilder", warnte Mangott. Diese werde das russische Fernsehen zeigen und für Propaganda nutzen. Nehammer werde Putin Bilder verschaffen, die sagen: "Ich bin nicht isoliert, es gibt Länder im Westen, die mit uns kooperieren." Der französische Präsident Emmanuel Macron und der deutsche Kanzler Olaf Scholz würden mit Putin telefonieren, aber sie würden ihm nie diese Bilder verschaffen, kritisierte Mangott.

Es sei auch unverständlich, dass Nehammer zwei Tage nach seinen Solidaritätsbekundungen in der Ukraine nach Moskau reise. "Das passt in der Kommunikation von vorne bis hinten nicht zusammen."

Grüne wohl erst über Medien von Treffen erfahren

Auch beim Koalitionspartner löst das angekündigte Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin keine Begeisterung aus. Vorausgesetzt, die Reise sei mit der EU abgestimmt, "könnte es einen Versuch wert sein", reagierte der Grüne Vizekanzler Werner Kogler am Montag zurückhaltend. "Nicht gutheißen" will die Grüne Außenpolitik-Sprecherin Ewa Ernst-Dziedzic den Besuch bei Putin: "Das hat mit Diplomatie nichts zu tun."

Dass der Koalitionspartner keinen Applaus spendet, könnte auch damit zu tun haben, dass die Grünen dem Vernehmen nach erst aus den Medien von Nehammers Reiseplänen nach Moskau erfahren haben. Vor Journalisten hatte Nehammer am Sonntagnachmittag angekündigt, am heutigen Montag Putin zu einem Gespräch zu treffen und erklärt, die Reise mit den EU-Spitzen besprochen zu haben.

"Risiko für außenpolitischen Ruf hoch"

Skeptisch gab sich auch die SPÖ. "Dialog zu führen und mit allen im Gespräch zu sein, ist wichtig, aber genauso wichtig ist auch, ein klar definiertes Ziel für dieses Gespräch mit Putin zu haben und innerhalb der EU gut abgestimmt zu sein", meinte SPÖ-Europasprecher und Vizeklubchef Jörg Leichtfried am Montag in einer Stellungnahme gegenüber der APA. "Ich hoffe, dass diese Abstimmung mit den EU-Partnern auch erfolgt ist. Der gemeinsame europäische Weg darf jedenfalls nicht verlassen werden und dem Kanzler ist hoffentlich bewusst, dass das Risiko auch für den außenpolitischen Ruf Österreichs hoch ist", warnte Leichtfried. "Am Ende des Tages zählt, welches Ergebnis bei diesem Gespräch herauskommt." (APA, 11.4.2022)