Die Südtiroler-Siedlung im Salzburger Stadtteil Liefering soll abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden.

Foto: Sarah Pansy

Die Bewohnerinnen und Bewohner der Südtiroler-Siedlung im Salzburger Stadtteil Liefering wehren sich. Sie wollen nicht ausziehen, damit die Buwog den 80 Jahre alten Wohnblock abreißen und neu bauen kann. Denn derzeit sind die Mieten der 220 gemeinnützigen Wohnungen gedeckelt. Die Menschen, die teilweise seit mehreren Jahrzehnten hier leben, haben unbefristete Mietverträge für die 30 bis 50 Quadratmeter großen Wohnungen und fürchten, diese zu verlieren. Zudem würde mit einem Neubau die Gemeinnützigkeit der Wohnungen erlöschen. Und das, obwohl Salzburg im Verhältnis zu anderen Städten sowieso einen geringeren Anteil an geförderten Mietwohnungen hat.

Vor einem Monat erhielten die Mieter von der Buwog die Nachricht, dass sie Ende 2023 ausziehen müssten, weil die Siedlung nicht mehr wirtschaftlich sanierbar sei. Im geplanten Neubau seien sie nach drei Jahren Bauzeit zwar erwünscht, aber zu den marktüblichen Konditionen. Etwa die Hälfte der 220 Wohnungen steht bereits leer. Die Buwog, seit 2018 in Besitz des deutschen Immobilienkonzerns Vonovia, hat keinen der befristeten Verträge weiter verlängert.

Von den knapp 100 verbleibenden Mietern möchte die Mehrzahl am Standort bleiben. Viele haben ihre Wohnungen mit teilweise hohem persönlichen und finanziellen Aufwand renoviert. "Es wohnen auch sehr viele alte Menschen dort, sie schaffen das nicht mehr, zweimal umzuziehen. 80-Jährige wollen in ihrer Wohnung, in der sie ihr ganzes Leben gelebt haben, bleiben", schildert KPÖ-plus-Gemeinderat Kay-Michael Dankl die Situation. Er fordert die Vizebürgermeisterin und Planungsressortchefin Barbara Unterkofler (ÖVP) auf, mit der Buwog zu verhandeln, um einen Anteil von 75 Prozent an gemeinnützigem Wohnbau zu erhalten.

Angebote bisher "völlig unzureichend"

"Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen", sagt Walter Windischbauer vom Mieterschutzverband, der bisher etwa 50 Betroffene begleitet. Die Buwog sei von dem Engagement und dem großen Zusammenhalt der Mieterinnen und Mieter sichtlich überrascht gewesen. Die ersten Angebote der Buwog seien bisher jedoch "völlig unzureichend", sagt Windischbauer. Das Angebot lautete: 3.000 Euro Übersiedlungshilfe und bis Ende 2023 keine Miete mehr zu zahlen.

In den Wohnungen zahlen die Mieter derzeit rund 240 Euro für 40 Quadratmeter, am freien Markt würde sie das rund 650 Euro kosten, rechnet Windischbauer vor. Die 4.800 Euro Mehrkosten pro Jahr müsse man auf die Lebenserwartung aufrechnen. Zum Thema Ersatzwohnungen gab es bisher nur eine Bestandsaufnahme der Wünsche der Mieter, jedoch noch keine Angebote.

Bei einem Bürgerdialog mit der zuständigen Vizebürgermeisterin Unterkofler wurde in der Vorwoche von einer Etappenlösung gesprochen – also von einem Umzug in einen Neubau für die bestehenden Bewohner und von einem Abriss der Altbauten danach. Ein denkbarer Kompromiss – für Windischbauer. Jedoch müssten auch hier die Mieten annähernd gleich bleiben. "Die Stadt muss signalisieren, erst über einen Neubau zu verhandeln, wenn für alle Bewohner eine passende Lösung gefunden wurde", sagt Windischbauer.

Dauerbaustelle teures Wohnen in Salzburg

Die Südtiroler-Siedlung ist nur ein Beispiel, das zeigt, wie nötig leistbarer Wohnraum in Salzburg ist. Mit einer durchschnittlichen Quadratmetermiete von 9,90 Euro ist Salzburg laut einer Wifo-Studie, die im Auftrag der Arbeiterkammer (AK) durchgeführt wurde, bei Mietpreisen Österreichs Spitzenreiter.

Es gibt mehrere Gründe für den seit Jahren angespannten Wohnungsmarkt in Salzburg: Neben dem geringeren Anteil an geförderten Mietwohnungen gehen auch die geeigneten Bauflächen aus, um überhaupt geförderte Wohnungen bauen zu können. Seit Jahren erreicht das Land Salzburg seine selbstgesteckten Vorgaben für geförderten Mietwohnbau nicht und hat diese deshalb zurückgeschraubt. 2018 hieß das im Koalitionsvertrag von ÖVP, Grünen und Neos festgeschriebene Ziel noch 900 Mietwohnungen jährlich zu bauen. Im Vorjahr wurden nur rund 200 Mietwohnungen gebaut. Nun soll es eine Novelle der Wohnbauförderung mit neuen Richtwerten und einer Erhöhung der Beihilfe richten, die Begutachtungsphase läuft noch bis 3. Mai.

Gelder nicht zweckgewidmet

Wohnbaugelder sind in Salzburg nicht zweckgewidmet. Rückzahlungen aus den Wohnbaudarlehen fließen seit der Auflösung des früheren Wohnbaufonds zurück ins Landesbudget. So konnte der Landesfinanzreferent Christian Stöckl (ÖVP) unlängst vermelden, dass die tatsächliche Neuverschuldung mit 95 Millionen Euro viel geringer ausfiel als die erwartete mit 413 Millionen Euro. In der Wohnbauförderung sind etwa 44 Millionen Euro übrig geblieben.

"Das sind Millionen, die anstatt für dringende Investitionen in den Wohnbau im allgemeinen Budget versickern", sagt AK-Präsident Peter Eder. Er fordert die Rückkehr zu einer Wohnbauförderung, die dazu da ist, Wohnungen zu bauen, und bei der die Rückflüsse auch für den Wohnbau ausgegeben werden. Die AK geht noch einen Schritt weiter, und will auch die in der Stadt geltende Grünlanddeklaration anfassen, um Baulandreserven zu bekommen. Von den Gemeinderatsfraktionen wird das jedoch abgelehnt. (Stefanie Ruep, 12.4.2022)