Karlheinz Rüdisser (ÖVP) wird den Vorarlberger Wirtschaftsbund interimistisch leiten.

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Der durch eine Steuerprüfung in die Schlagzeilen geratene Vorarlberger Wirtschaftsbund hat am Montagabend den ehemaligen Landesstatthalter (Landeshauptmann-Stellvertreter) Karlheinz Rüdisser (ÖVP) einstimmig zum interimistischen geschäftsführenden Obmann bestimmt. Der 67-Jährige soll nach dem Rücktritt von Wirtschaftsbund- und Wirtschaftskammer-Obmann Hans Peter Metzler die Weichen neu stellen und eine Landesgruppenhauptversammlung vorbereiten.

"Mein Ziel ist es, die aufgetretenen Fragen mit voller Transparenz zu klären und damit dem neu zu wählenden Team einen Neustart zu ermöglichen", erklärte Rüdisser am Montagabend. Er wird die ÖVP-Teilorganisation bis zur nächsten Hauptversammlung leiten, bei der ein neuer Obmann gewählt wird. Rüdisser gehörte von Dezember 2008 bis Herbst 2019 der Landesregierung an, ab 2011 als Stellvertreter von Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP). Als politisch Verantwortlicher unter anderem für die Bereiche Wirtschaft, Verkehr und Wohnbau wurde er über die Parteigrenzen hinaus geschätzt.

Geldflüsse an die ÖVP

Der Vorarlberger Wirtschaftsbund ist aufgrund seiner Zeitung "Vorarlberger Wirtschaft" schwer in die Kritik geraten. Zum einen prüft das Finanzamt, ob die Steuern für Inserate ordnungsgemäß abgeführt wurden. Inwiefern wiederum der Geldfluss vom Wirtschaftsbund zur ÖVP rechtens war, soll etwa in einem Sonderlandtag am 25. April debattiert werden. Nach Angaben der Partei hat der Wirtschaftsbund der ÖVP pro Legislaturperiode etwa 500.000 Euro zukommen lassen. Der Wirtschaftsbund betont die Rechtmäßigkeit dieser Zahlungen.

Da für einige Inserate auch direkte Zahlungen aus dem Landesbudget an den Wirtschaftsbund geleistet wurden, sieht die Opposition möglicherweise auch einen Fall von illegaler Parteienfinanzierung. Die Wirtschaftsbund-Zeitung wurde bereits eingestellt. Wirtschaftsbund-Obmann Metzler sowie Wirtschaftsbund-Direktor Jürgen Kessler traten Anfang April infolge der massiven Vorwürfe zurück, "um zu einer Versachlichung zurückzukehren".

Burgenland: Schlagabtausch zwischen SPÖ und ÖVP

Im Burgenland wird über das gleiche Thema mittlerweile heftig zwischen Rot und Türkis gestritten. Die ÖVP prangert an, im Vorjahr sei eine üppig mit landesnahen Inseraten gespickten "Sonderausgabe" des sozialdemokratischen Parteiblatts "Burgenländische Freiheit" ("BF") erschienen. – und vermutet "versteckte Parteienfinanzierung".

Die "BF" gibt es freilich seit 2007 nicht mehr. Die "Sonderausgabe" war eine an alle Haushalte verschickte "Jubiläumsbroschüre" anlässlich von 100 Jahren Burgenland, zusammengestellt aus Artikeln des Wochenblatts, das, hätte es überlebt, heuer 100 geworden wäre. Herausgegeben wurde sie vom "Verein Freunde der BF", dessen Hauptaufgabe die komplette Digitalisierung der "BF" war.

SPÖ sieht "Ablenkungsmanöver"

Die Inserate seien gerade einmal kostendeckend gewesen, heißt es. Roland Fürst, SPÖ-Geschäftsführer im Burgenland, schwört: "Kein Cent davon ist an die Partei geflossen." Die Vorwürfe seien ein "Ablenkungsmanöver", mit dem sich nun ein Anwalt beschäftigen werde. "Es kann ja nicht sein, dass die ÖVP alle anderen mit Dreck bewirft und alles behaupten kann, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen."

Patrik Fazekas, Fürsts türkises Gegenstück, verlangt dagegen die Offenlegung der Vereinsfinanzen. "So zu tun, als hätte der Verein mit der SPÖ nichts zu tun, ist scheinheilig. Die 'Freunde der BF' haben ihren Sitz in der SPÖ-Landesparteizentrale." (APA, wei, 12.4.2022)