Rechtsanwalt Oliver Peschel weiß im Gastblog um die rechtliche Problematik der Lootboxen.

Lootboxen sind "virtuelle Kisten" in Games, die Gegenstände enthalten, die dem Spieler unter anderem einen potenziellen Vorteil verschaffen können. Allerdings weiß der Spieler vor dem Öffnen der Box nicht, was der genaue Inhalt ist. Somit weiß er auch nicht, ob die Gegenstände darin wertvoll sind, oder ob er Pech hat und nutzlose Gegenstände bekommt. Dieser Zufallsmechanismus legt nahe, dass es sich dabei um ein Glücksspiel handeln könnte. Sollte dies der Fall sein, könnten Spieler womöglich ihr Geld daraus zurückfordern.

Welche Gegenstände sind in diesen Boxen? Kurz gesagt ist das je nach Spiel unterschiedlich: In manchen Fällen handelt es sich um optische Aufwertungen des Spielecharakters, in anderen Fällen erhält der Spieler Ausrüstungen wie etwa Waffen oder sonstige Upgrades, die im Spiel Vorteile verschaffen ("pay to win"). Beim Fußballvideospiel "Fifa" kann etwa ein spezieller Fußballspieler in einer solchen Lootbox enthalten sein. Bei vielen bekannten Spielen wie "Call of Duty" oder "Fortnite" kommen Lootboxen, auch als Schatztruhen oder Beutekisten bezeichnet, zum Einsatz – sie sind also sehr weit verbreitet und für die Anbieter äußerst lukrativ.

Dabei werden die Boxen meist in Qualitätsklassen eingeteilt: Wertvollere sind in einer höheren und geringwertigere sind in einer niedrigeren Preisklasse zu erwerben. Der Spieler kann zwar eine Klasse auswählen, welche konkreten Gegenstände sich dann allerdings in der Box befinden, unterliegt dem Zufall.

Die Problematik aus rechtlicher Sicht

Hinsichtlich der Lootboxen stellt sich die Frage, ob der Verkauf rechtlich zulässig ist. Dies hängt im Wesentlich davon ab, ob die Boxen in den Anwendungsbereich des österreichischen Glücksspielgesetzes fallen. Und bei genau dieser Frage spalten sich die Meinungen: In besagtem Gesetz gibt es zwar grundsätzlich eine Definition, was ein Glücksspiel ist. Wenn man jedoch versucht, die digitalen Schatzkisten anhand der im Gesetz genannten Kriterien zu prüfen, wird schnell deutlich, dass die Frage nicht so einfach zu beantworten ist.

Im Allgemeinen wurde in jüngster Zeit der Spielerschutz insbesondere durch die Rechtsprechung des EuGH wiederholt gestärkt. Dabei wurde Spielern und Spielerinnen vor Gericht laufend recht gegeben und illegale Online-Casinos wurden jeweils zu hohen Rückzahlungen verpflichtet. Schon allein deshalb lohnt es sich, auch der Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit von Lootboxen nachzugehen.

Neben dem aleatorischen Moment (also dem Glücksmoment; die Tatsache, dass etwas vom Zufall abhängt) kommt es dabei im Wesentlichen auf drei Kriterien an. Der Glücksmoment wird wohl stets bei Lootboxen vorliegen, da immer unklar ist, welchen Gegenstand man in der Box auffindet. Die anderen Kriterien sind nicht so eindeutig zu bejahen.

Lootboxen enthalten wie im Spiel "Fortnite" Waffen oder Skins für die Spielfigur.
Foto: EPA/CJ GUNTHER

Als erstes Kriterium ist zu beachten, dass das Glücksspiel von einem Unternehmen veranstaltet, organisiert, angeboten oder zugänglich gemacht werden muss (=Unternehmer). Der zweite relevante Aspekt für die Beurteilung als Glücksspiel ist, dass der Spieler eine Leistung im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen muss (=Einsatz). Als dritter Schritt muss kontrolliert werden, ob vom Unternehmen ein Gewinn in Aussicht gestellt wird (=Gewinn). Sofern alle diese Kriterien vorliegen, handelt es sich um ein Glücksspiel nach dem Glücksspielgesetz.

Im Hinblick auf Lootboxen versteht sich die Schwierigkeit der Einordnung insbesondere deshalb, weil diese in zahlreichen unterschiedlichen Ausgestaltungen und Ausprägungen existieren – Lootbox ist nicht gleich Lootbox. Deshalb ist stets im Einzelfall anhand der oben geschilderten Aspekte zu prüfen, ob ein Glücksspiel vorliegt.

Unterschiedliche Varianten von Lootboxen

Grundsätzlich unterscheidet man etwa hinsichtlich der Bezahlung: Einerseits gibt es Spiele, bei denen die Software an sich noch keine Kosten verursacht, allerdings später sogenannte "In-Game-Käufe" oder "In-App-Käufe" stattfinden. Auf der anderen Seite besteht die gegenteilige Variante, dass bereits die Software einen Kauf erfordert (ohne Bezahlung kein Spiel). Zusätzlich gibt es noch die Kombinationsvariante. Relevant ist diese Unterscheidung für das Kriterium des Einsatzes – also ob ein Spieler tatsächlich Geld für die Box "eingesetzt" hat und nicht nur für das ganze Spiel an sich.

Wenn eine Lootbox ausschließlich mit innerhalb des Spiels erzielbaren "Credits" freigeschaltet werden kann, erfolgt kein Einsatz, weil der Spieler dann kein reales Geld verwendet. Daher wäre die Schatzkiste in diesem Fall kein Glücksspiel und der Einsatz kann somit nicht zurückgefordert werden. Anderes gilt, wenn man für die Lootbox extra mit realem Geld bezahlen muss.

Folgeprobleme: Handel mit Inhalten aus Lootboxen

An die Folge des Kaufs einer Lootbox knüpft sich die Frage, welchen Wert der Inhalt hat und ob dieser Inhalt auch an Dritte veräußert werden kann. Der Wert eines in einer Lootbox enthaltenen Gegenstandes bestimmt sich in der Regel nach der Seltenheit und nach dem Nutzen. Beides kann praktisch jederzeit einseitig vom Spiele-Publisher geändert werden.

Dadurch obliegt dem Publisher die alleinige Kontrolle über die Wertverhältnisse. Er könnte etwa, nachdem ein Spieler einen sehr seltenen Inhalt einer Lootbox erworben hat, diesen entwerten, indem die Seltenheit reduziert wird. Auch könnte bestimmt werden, dass die Inhalte nicht übertragbar sind. Dadurch würde der Spieler einen erheblichen Nachteil erleiden.

Aus all diesen unterschiedlichen Varianten zeigt sich deutlich die Schwierigkeit der rechtlichen Beurteilung. Zu begrüßen wäre eine einheitliche gesetzliche Regelung, die festlegt, wie genau Lootboxen gestaltet werden müssen. Sohin ein konkreter Rahmen, welcher transparente Kriterien festlegt und damit die Rechtssicherheit für Spieler und Spielerinnen erhöhen würde.

Jugendschutz und Lootboxen

Jedenfalls muss auch die Thematik des Jugendschutzes im Zusammenhang mit Lootboxen beleuchtet werden, denn die Jugend ist die primäre Zielgruppe der Schatzkisten.

Derzeit werden auch das Suchtpotenzial und die Thematik der Spielsucht heiß debattiert – teilweise werden die Boxen sogar als "Einstiegsdroge" bezeichnet, denn sie würden zu (weiteren) Glücksspielen verleiten, insbesondere zu verbotenen Online-Glücksspielen.

Bloße Gelegenheitsspiele können sich schnell zur Sucht entwickeln und gerade im Online-Bereich ist das besonders dramatisch erkennbar: Online findet nach wie vor eine starke Ausweitung verbotener Spiele durch zahlreiche Anbieter statt, die ihre Angebote zudem auch äußerst offensiv bewerben. "Freizeitspieler" seien zunehmend "echte Spieler" geworden, heißt es in einem Hintergrundpapier zum geplanten Glücksspielpaket. Die Hemmschwelle zu den Spielen wird gesenkt und Kinder beziehungsweise Jugendliche werden subtil an Glücksspiele herangeführt.

Konsequenz: Rückforderung von Geldeinsätzen für Lootboxen?

Sofern man nach umfassender rechtlicher Beurteilung zu dem Schluss kommt, dass eine Lootbox als ein Glücksspiel im Sinne des Gesetzes zu sehen ist, dann ergeben sich daraus weitere rechtliche Konsequenzen.

Ein Vertrag, der mit einem nicht konzessionierten Glücksspielanbieter abgeschlossen wird, ist absolut nichtig iSv § 879 Abs 1 ABGB. Verbotene Spiele begründen nicht einmal eine Naturalobligation und die bezahlte Spielschuld kann zurückgefordert werden, ohne dass dem die Bestimmung des § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB oder des § 1432 ABGB entgegenstünde, weil sich die Entgeltlichkeit nicht auf einen konkreten Leistungsaustausch, sondern auf den Einsatz der Chance bezieht.

Insbesondere ist relevant, dass Spielverluste und damit auch (frustrierte) Einsätze für Lootboxen aus unrechtmäßig abgehaltenen Spielen – also durch Anbieter, die über keine Glücksspiellizenz in Österreich verfügen – auf zivilrechtlichem Wege zurückgefordert werden können.

Daraus ergibt sich, dass die Beträge, die Spieler für Lootboxen ausgegeben haben, in manchen Fällen rückforderbar sein können. Als Rechtsgrundlage für die Rückforderung dienen sowohl das Bereicherungs- als auch das Schadenersatzrecht, zumal der Eingriff in das österreichische Glücksspielmonopol eine Schutzgesetzverletzung iSd § 1311 ABGB darstellt. Die Rückforderung solcher Beträge ist grundsätzlich nach der allgemeinen Verjährungsfrist innerhalb von dreißig Jahren möglich. (Oliver Peschel, 14.4.2022)