Afghanische Demonstranten vor der iranischen Botschaft in Kabul am 11. April.

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Teheran/Kabul – Nach Angriffen auf die iranische Botschaft und das Konsulat in Afghanistan sollen die diplomatischen Vertretungen vorerst geschlossen werden. Gleichzeitig sei der afghanische Geschäftsträger in Teheran ins Außenministerium zitiert worden, meldete die iranische Nachrichtenagentur ISNA am Dienstag. Teheran verlangt, dass die in Afghanistan herrschenden Taliban juristische Schritte gegen die Angreifer einleiten und Sicherheit gewährleisten.

In Afghanistan griffen Demonstranten iranische Vertretungen an, nachdem Videos über angebliche Misshandlungen afghanischer Flüchtlinge im Nachbarland für Empörung gesorgt hatten. In der Grenzstadt Herat etwa wurde das Tor des Konsulats in Brand gesetzt, auch in der Provinz Khost gab es Proteste. In Kabul setzten Demonstranten iranische Flaggen in Brand.

Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten

Hintergrund der jüngsten Spannungen sind konfessionell motivierte Morde in der nordöstlichen iranischen Pilgerstadt Mashhad. In dem religiösen Zentrum und Mausoleum des schiitischen Imams Resa hatte vergangene Woche ein afghanischer Flüchtling zwei iranische Kleriker mit einem Messer getötet und einen weiteren schwer verletzt. Das Motiv des 21-jährigen sunnitischen Täters und seiner sechs Komplizen soll religiöse Abneigung gegen Schiiten gewesen sein. Im Iran leben mehrheitlich Schiiten.

Der Vorfall in Mashhad führte im Iran zu einer hitzigen Debatte über afghanische Geflüchtete im Land. In Afghanistan werfen Aktivisten dem Iran andererseits immer wieder Misshandlungen vor. Teheran bezeichnete die Videos als Fake und sprach von einer "Verschwörung des Westens" gegen die brüderliche Beziehung beider Länder. Im Iran leben nach Angaben des Uno-Flüchtlingshilfswerks UNHCR knapp zwei Millionen nicht registrierte Flüchtlinge aus Afghanistan. Iran schiebt jedes Jahr hunderttausende Afghanen ab. (APA, 12.4.2022)