Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) sieht sich derzeit mit vielen Herausforderungen konfrontiert.

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Wien – Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) ist am Mittwoch im Ö1-"Morgenjournal" zu aktuellen Themen seines Ressorts Rede und Antwort gestanden. Wobei er Letztere zum Teil schuldig bleiben musste – etwa wenn es um die Zahl der ukrainisch sprechenden Lehrpersonen geht, die nach den Osterferien in Österreichs Schulen Dienst tun könnten. Das sei mittlerweile zwar möglich – zuvor gab es dienstrechtliche Bedenken, ob nicht nur deutsch sprechende Lehrpersonen unterrichten dürfen –, allerdings wisse man nicht, um wie viele es sich handle. "Wir wissen nicht, wie viele kommen werden, weil wir noch keine Zahlen dazu haben, wie viele Menschen aus der Ukraine Lehrerinnen und Lehrer sind", erklärte Polaschek. Daher rufe das Ministerium alle auf, sich zu melden, um nach Ostern in den Klassen "unterstützend und unterrichtend" aktiv zu werden.

Polaschek fordert für Herbst bundesweite Corona-Strategie

Nach den Osterferien wird sich auch das Corona-Testregime an den Schulen ändern. Der Ninja-Pass verliert seine Relevanz, künftig werden Schülerinnen und Schüler nur noch einen Test pro Woche machen müssen. Polaschek verlässt sich dabei auf die Einschätzung von Expertinnen und Experten, zudem verweist er auf die sinkenden Infektionszahlen. Hinsichtlich eines befürchteten Wiederansteigens der Infektionszahlen im Herbst plädiert Polaschek für eine "bundesweite Gesamtstrategie". Man spiele bereits "verschiedene Szenarien" durch, allerdings sei ein einheitliches Vorgehen dafür Grundvoraussetzung.

Die Idee des 500-Euro-Corona-Bonus für Schuldirektorinnen und Schuldirektoren erklärte der Bildungsminister damit, dass nicht genug Geld für einen Bonus für alle rund 120.000 Lehrerinnen und Lehrer vorhanden sei. Man habe eine Geste der Wertschätzung setzen wollen, so Polaschek, daher habe man sich entschieden, zumindest den Direktorinnen und Direktoren den Bonus zuzuerkennen. Hinsichtlich der geforderten Entlastung für den Schulbereich konnte er hingegen keine konkreten Zusagen machen. Man versuche derzeit herauszufinden, wo man in den Schulen administrative Aufgaben verringern könne. Personalzusagen könne er aufgrund budgetärer Zwänge aber aktuell keine machen.

Digitalisierung scheitert an Grundlegendem

Schließlich ging der Minister noch auf die im Herbst geplante digitale Grundbildung, die an AHS und Mittelschulen starten soll, ein. Denn es gibt aktuell Probleme bei der dafür nötigen Hardware. Rund ein Viertel der Schulen hat noch nicht die Geräte erhalten, es gab offenbar Probleme beim Lieferanten A1. Es gebe derzeit "intensive Gespräche" mit dem Anbieter, allerdings könne man nicht sagen, wie rasch Ersatzgeräte geliefert werden. A1 hatte über die entsprechende Ausschreibung der Bundesbeschaffungsagentur den Zuschlag erhalten, allerdings habe "ein Gutteil der gelieferten Geräte nicht den Anforderungen entsprochen", so Polaschek. Nun liege es am Anbieter, für Ersatz zu sorgen.

Kritik kam von Elternvertretern, die neben fehlenden Geräten vor allem fehlende Infrastruktur und fehlende Konzepte für digitalen Unterricht bemängeln. Christoph Drechsler vom Bundeselternverband sagte dazu im "Morgenjournal": "Unser Eindruck ist, dass es an der Umsetzung hapert." Dass digitale Grundbildung ab Herbst zu einem Pflichtfach ausgebaut werden soll, begrüßen die Elternvertreter. Man erhoffe sich einen Ansporn für die Umsetzung an den Schulen. Allerdings sei dafür digitale Infrastruktur Voraussetzung, und mancherorts scheitere man schon daran, dass in den Klassen nicht genug Steckdosen vorhanden sind. Aus dem Bildungsministerium heißt es, man arbeite an der Hardware, allerdings seien dabei auch die Schulerhalter, also Länder und Gemeinden, gefordert.

Kritik von der Opposition

Minister Polaschek erntete für seine Aussagen im "Morgenjournal" postwendend Kritik von der Opposition. Die Bildungssprecherin der Neos, Martina Künsberg Sarre, begrüßte zwar, dass endlich auch im Schulbereich erste Schritte in Richtung Digitalisierung gesetzt werden. Doch Hardware allein reiche dafür nicht aus: "Bis jetzt ist nicht klar, wer ab Herbst das Fach 'Digitale Bildung' überhaupt unterrichten wird. Auch eine verpflichtende digital-didaktische Fortbildung für Lehrkräfte wird vom Bildungsministerium abgelehnt. Ein neues, eigenes Fach einzuführen, ohne die Lehrerinnen und Lehrer mit entsprechenden Ressourcen und Kenntnissen auszustatten, ist eine Farce." Minister Polaschek fehlten das Anliegen, die Vision und das Ziel in der Bildungspolitik, kritisierten die Neos.

Ähnlich hart ging FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl mit dem Steirer ins Gericht: "So einen Bildungsminister haben Schüler, Eltern und Lehrer nicht verdient!" Anstatt die Schulen personell besser auszustatten, verteile der Minister Corona-Prämien, um die wenigen Direktoren zu belohnen und sich gleichzeitig den Zorn der Lehrer zuzuziehen. Auch bei anderen wichtigen Themen, wie der Einbindung ukrainischer Kinder in den Schulunterricht, bleibe Polaschek wie so oft Antworten schuldig. "Entweder interessiert es ihn nicht, oder aber er hat sein Ministerium nicht im Griff. Beides ist jedenfalls ein Armutszeugnis", sagte Brückl.

SPÖ-Bildungssprecherin Petra Vorderwinkler zeigte sich nach Polascheks Auftritt im "Morgenjournal" irritiert: "Nach jedem Interview des Ministers sind mehr Fragen unbeantwortet als zuvor. Akute Fragen kann er nicht beantworten, und mittelfristige Fragen will er angesichts der akuten Fragen, die sich stellen, nicht beantworten." Vorderwinkler erwarte sich vor allem Antworten darauf, ob und wie man vonseiten des Bildungsministeriums für die Situation gerüstet sei, dass schon heute 5.000 ukrainische Kinder an Österreichs Schulen sind, als auch auf die Frage, wie der Bildungsminister auf die entstandenen Bildungsrückstände und -scheren zu reagieren gedenke, aber auch darauf, wann es etwa einen verwirklichten Rechtsanspruch auf einen ganztägigen Platz in einer elementarpädagogischen Einrichtung in ganz Österreich geben werde. Insgesamt erachte sie Polaschek als rücktrittsreif, sagte Vorderwinkler. (Steffen Arora, 13.4.2022)