"Halo" läuft seit März auf Paramount+ und in Österreich und Deutschland auf Sky.

Foto: Paramount

Dank Netflix, Paramount+ und Co boomen derzeit Umsetzungen von Videospielen auf die kleine Leinwand in den heimischen vier Wänden. Im Vorjahr war sicher "Arcane", basierend auf dem Computerspiel "League of Legends", eine absolute Ausnahmeerscheinung, was Inszenierung und Storytelling betrifft. Aktuell läuft die Streaming-TV-Interpretation von "Halo", und an Neuankündigungen auf diesem Gebiet mangelt es die kommenden Jahre nicht, wie man dank zahlreicher Ankündigungen weiß. Die Liebe zwischen den Medien Videospiel und Film beziehungsweise Serie hat damit nach Jahren wieder richtig Fahrt aufgenommen. Und das, obwohl man in der Vergangenheit zusammen vor allem eines produziert hat: Mist.

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"Bond" für die Konsole

Die Geschichte hinter der TV-Serie "Halo" ist eine lange, die hier aber nur angerissen werden soll. Vor etwa 15 Jahren als Film unter der Regie von Peter Jackson geplant, wurde das Projekt immer wieder verschoben. Unter der Führung der bisher noch eher unbekannten Regisseure Kyle Killen und Steven Kane hat man im März 2022 diese Reise aber zu einem vorerst erfolgreichen Ende geführt und den Stoff rund um den Master Chief und die Covenant dank Paramount+ und eines starken Produzenten mit Namen Steven Spielberg endlich auf das wartende Publikum loslassen können. Die Meinungen zum Endergebnis sind gespalten, auch wenn die Macher die eine oder andere Verneigung vor dem Original versucht haben.

"Halo" ist nur eines von vielen Beispielen, die den oft steinigen Weg von Videospielen auf die Leinwand verdeutlichen. Aber warum ist das so? Es gibt mehrere Gründe.

In den 1980er- und 1990er-Jahren sahen viele Filmstudios den Videospiele-Boom als Möglichkeit, das interaktive Medium als weitere Marketingplattform zu benutzen. Anders ist nicht zu erklären, wie Gurken wie etwa "E.T.", "Ghostbusters" oder auch "Superman" überhaupt in ein Verkaufsregal wandern konnten. Auch später, als beide Branchen Millionen in Versoftungen von Filmvorlagen steckten, wurde spielerischer Müll mit bekannten Namen wie "Matrix", "Transformers" oder auch diverse Marvel-Spiele geschaffen. Offenbar fehlte es vor allem an Ideen und an den richtigen Entscheidungsträgern, um abzuwägen, welcher Filmstoff sich für ein Videospiel eignen könnte und was dafür erfüllt werden müsste.

Auch wenn es natürlich auch positive Beispiele gab, etwa "Goldeneye", "Aladdin" oder "Scarface", erscheinen deshalb wohl heute kaum noch Spiele zu Filmen. Schade, schließlich gäbe es ausreichend Material, allein was erfolgreiche Serien auf Netflix und Co betrifft. Okay, es gibt das Mobile-Game zu "Stranger Things" und noch ein paar andere Beispiele, aber ein Trend, etwa den aktuellen "Bond" oder den kommenden Marvel-Blockbuster für Konsole und PC umzusetzen, zeichnet sich nicht ab.

Einer von vielen filmischen Unfällen: "Far Cry" von Uwe Boll.
Uwe Boll Raw

Rettung Streaming

In die andere Richtung ging es natürlich auch – das Aufgreifen von Videospielen, um sie für ein Kinopublikum passgerecht zu inszenieren. Auch hier gab es wenig Licht und sehr viel Schatten. Die "Resident Evil"-Filme mit Mila Jovovich haben nicht nur aufgrund der Monster für Grusel gesorgt, Angelina Jolie als Lara Croft verlor auch schnell an Strahlkraft. Einschläferungsversuche wie "Assassin’s Creed" mit Michael Fassbender oder die offene Beleidigung an die Intelligenz, genannt "Dead or Alive", zeigen auch nur grob, was in vielen Jahren in dieser Beziehung zwischen Videospiel und Film schiefgelaufen ist. Für den absoluten Tiefpunkt sorgte ein gewisser Uwe Boll. Mit Machwerken wie "Dungeon Siege", "Far Cry" oder "Blood Rayne", die ebenfalls immer wieder bekannte Hollywood-Schauspieler vor die Kamera zerrten, war klar, hier wächst nichts Brauchbares nach. Dagegen ist das neueste Kind der Videospielvorlagen, "Uncharted" mit Tom Holland, ein wahres Meisterwerk geworden – aber dennoch viele Level-ups von einem guten Film entfernt.

Blickt man allerdings in Richtung Streaming-Services, was vor allem die junge, spielaffine Gruppe gegenwärtig am meisten tut, dann keimt Hoffnung auf.

"Arcane" von Netflix wurde bereits erwähnt. Auch ohne Vorkenntnisse zur Spielvorlage kann man diese interessant erzählte Geschichte liebgewinnen, auch wenn das Warten auf die zweite Staffel wohl noch dauern wird. "Castlevania", ebenfalls auf Netflix und bereits in der vierten Staffel, findet zumindest bei Fans positive Resonanz, und die beiden Staffeln zu "Dota: Dragon’s Blood" erfüllen ebenfalls die meisten Erwartungen. "The Witcher" mit Henry Cavill, dessen Rahmenhandlung eigentlich auf Büchern beruht, findet sich nah an der Computerspielvorlage und kommt gut an.

Die Dreharbeiten zu "The Last of Us" laufen bereits, mit Pedro Pascal als Joel, den man aktuell vor allem aufgrund seiner Rolle in der Serie "The Mandalorian" kennt.

Es wird besser

Sieht man sich den Ausblick auf die kommenden Jahre an, wird der Trend, Videospiele zu verfilmen, weitergehen. "Cyberpunk: Edgerunners" soll noch 2022 auf Netflix erscheinen, ebenso "The Last of Us" bei HBO. "Fallout" und Anime-Serien zu "Tomb Raider" und "Splinter Cell" sind weitere Beispiele, dass es in den kommenden Jahren zu einer zunehmenden Umarmung zwischen Videospiel und TV-Serie kommen wird. Auch abseits der Streaming-Services keimt zumindest Hoffnung auf, dass nicht nur noch Müll produziert wird. Der "Pikachu"-Film mit Ryan Reynolds war unterhaltsam, die beiden "Sonic"-Filme für die dafür nötige Zeit zumindest keine Verschwendung. Ob auch der "Super Mario"-Film mit Chris Pratt, der für Dezember 2022 geplant ist, so etwas wie gute Unterhaltung werden kann? Die Vorzeichen stehen nicht ganz schlecht, und mehr sollte man hier gar nicht verlangen.

Woran das liegt, also zumindest dieses Heben der Qualität aus der Versenkung heraus, darüber kann nur spekuliert werden. Eine gute Entscheidung ist mit Sicherheit der Verzicht der meisten Studios auf zeitgleiche Releases von Spiel und Film. Dieser Druck hatte in der Vergangenheit sicher oft dazu geführt, dass das Ergebnis unbefriedigend war. Unabhängig von strengen Zeitplänen und freier in der inhaltlichen Gestaltung, fühlen sich die aktuellen Macher solcher Projekte offenbar wesentlich wohler und liefern auch in den meisten Fällen schaubare Umsetzungen. Die Gamer von damals sitzen jetzt offenbar an den richtigen Positionen, um über die richtige Qualität entscheiden zu können, und auch das Publikum ist mit Sicherheit mitgewachsen.

Ob das auch den umgekehrten Weg wieder beflügeln wird, also etwa Spiele zu Filmen wie "Top Gun Maverick" oder "Downton Abbey", darf nur angenommen werden. Man sollte allerdings vorsichtig sein, was man sich wünscht. Zu den "Avatar"-Filmen ist ja bereits ein passendes Spiel angekündigt, und dieser Prozess ging beim ersten Teil 2009 schon nicht so gut aus. Die blauen Daumen drücken schadet mit Sicherheit nicht. (Alexander Amon, 14.4.2022)