Der Bau von Solaranlagen ist zuletzt einfacher geworden. Im Mietrecht gibt es aber noch Nachholbedarf.

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Im Jahr 2021 stiegen die Energiepreise so stark wie noch nie, und die jüngsten weltpolitischen Ereignisse haben diesen Aufwärtstrend 2022 deutlich verstärkt. Ein Ende der Preisspirale ist nicht absehbar, und somit gelangt die Eigenerzeugung von Strom verstärkt in den Fokus.

Während bei selbstgenutzten Eigentumswohnungen die Rahmenbedingungen mit der jüngsten Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes verbessert wurden, gibt es im Mietbereich allerdings dringenden Aufholbedarf. Denn Vermieter können auf ihren Dächern zwar Solaranlagen errichten und den Strom auch an ihre Mieter verkaufen. Mieter sind ihrerseits aber nicht dazu verpflichtet, den Strom von der hauseigenen Anlage zu beziehen.

Automatische Zustimmung

Besonders für den ökologisch motivierten Wohnungseigentümer, der eine Solaranlage auf dem gemeinsamen Dach anbringen möchte, waren passive Miteigentümer bisher eine große Hürde. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der WEG-Novelle 2022 nun punktuell Erleichterungen geschaffen: Für den Bau einer Solaranlage auf einem Reihenhaus oder Einzelgebäude gilt die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer automatisch als erteilt, wenn sie informiert werden und der Änderung nicht binnen zwei Monaten widersprechen.

Auch der rechtliche Rahmen, um selbsterzeugte Energie in Mehrparteienhäusern gemeinschaftlich zu nutzen, wurde im Jahr 2017 geschaffen. Seither ist es möglich, mit einer "gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage" verschiedene Parteien innerhalb eines Wohnhauses mit Energie aus Eigenerzeugung zu versorgen.

Die Modelle möglicher Energiegemeinschaften wurden 2021 um die Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft und die Bürgerenergiegemeinschaft erweitert, die nunmehr den Zusammenschluss mehrerer Personen auch über Grundstücksgrenzen hinweg ermöglichen, um im Rahmen einer solchen Gemeinschaft Energie erzeugen und nutzen zu können. Sie sind zwingend als eigene Rechtsperson, etwa als Verein, als Personen- oder Kapitalgesellschaft, zu organisieren.

Freie Lieferantenwahl

Sofern man daher für sich selbst oder in einer abgeschotteten Gruppe Strom erzeugen will, ist das heute bereits relativ einfach möglich. Der wohl energiepolitisch wichtigste Bereich der Mietwohnungen bleibt dabei aber nach wie vor nicht zufriedenstellend berücksichtigt.

Zwar kann ein Vermieter auf seinem Dach eine Solaranlage errichten und auch seinen Mietern zum Kauf anbieten. Gerade für private Vermieter stellt aber die Errichtung einer Solaranlage einen großen finanziellen Aufwand dar, der nur dann eingegangen wird, wenn sichergestellt ist, dass sich die Kosten wieder amortisieren.

Und genau hier liegt die Krux: Im Energierecht herrscht der Grundsatz der freien Lieferantenwahl des Endverbrauchers. Das gutgemeinte Credo der Liberalisierung des Strommarktes erweist sich für die Energiewende als größte Hürde.

Fraglos ist es am effizientesten, den Strom dort zu verbrauchen, wo er produziert wird. Das kann aber nur gelingen, wenn Vermieter, die in Solaranlagen investieren, auch sichergehen können, dass sie zumindest ihre Kosten einspielen können und nicht nur die Aussicht auf einen wenig attraktiven Einspeisetarif haben. Dafür wird es aber notwendig sein, das Mantra der freien Lieferantenwahl aufzubrechen und Mieter im Rahmen des Mietvertrags zu verpflichten, den am Haus produzierten Strom auch zu beziehen.

Niedrigere Energiepreise

Mittlerweile sollte unstrittig sein, dass nachhaltige Energieerzeugung im höchsten öffentlichen Interesse liegt und eindeutig dem Grundsatz der freien Lieferantenwahl vorgehen sollte. Der Stromtarif kann dabei reguliert sein, sodass eine Ausbeutung vermieden wird, sich aber dennoch für den Vermieter lohnt. Damit kann eine Abkoppelung von den Marktpreisen erzielt werden, was sich heutzutage wohl so mancher Mieter wünschen würde.

Die freie Lieferantenwahl könnte auf einen subsidiären Lieferanten eingeschränkt werden, der dann liefert, wenn der selbstproduzierte Strom nicht ausreicht, was wohl die Regel sein wird. Paradoxerweise würde eine solche Beschränkung des liberalen Strommarktes wohl zu niedrigeren Energiepreisen führen, da mit einem Anstieg an Investitionen in private Solaranlagen zu rechnen wäre. (Mark Krenn, Clara Sator, 15.4.2022)