Im Gastblog geht der Hobby-Fotograf Stefan Czurda der Frage nach, wie man DSGVO-konforme Street Photography betreiben kann.
Man könnte sagen, dass die klassische Street Photography, die Menschen hautnah und erkennbar im urbanen Leben abbildet, tot ist. Zumindest bei uns, denn unsere Gesetze lassen intensive und nahe Straßenszenen mit identifizierbaren Individuen eigentlich nicht zu. Bruce Gildens preisgekrönte Fotografie beispielsweise, die Menschen nahe, unverschönt und extrem intensiv darstellt, wären bei uns undenkbar. Schon alleine deswegen, weil der Fotograf Menschen mit seiner Kamera direkt auf der Straße konfrontiert und sie mit Blitzlicht abbildet.
Die abgebildeten Personen werden oft alles andere als vorteilhaft gezeigt, oft heruntergekommen und mit teils schockierender Authentizität - dreckige Straßenfotografie in ihrer ursprünglichsten Form. In unseren Breiten wahrscheinlich eher keine gute Idee! In Österreich würde diese Art des Fotomachens das eine oder andere Mal mit einer Watschn enden, oder mit einem Nachspiel vor Gericht!
Auch wenn Bruce Gilden kontrovers sein mag, besitzt seine Fotografie doch einen dokumentarischen Wert. Der Schutz des Individuums ist aber wichtig, und steht dem ebenso bedeutenden dokumentarischen Wert gegenüber. Hier beginnt die Crux des Straßenfotografen.
DSGVO und deren Umgang damit
Zum Thema Fotografie und Datenschutz möchte ich auf den Artikel hier im Standard von Thomas Höhne verweisen, der dieses Thema als Jurist viel besser darstellen kann als ich. Nun stellt sich die Frage, wie wir als Straßenfotografen mit diesen rechtlichen Gegebenheiten umgehen sollen. Das erkennbare Abbilden von Menschen und die damit verbundene Identifizierbarkeit steht dem berechtigten Interesse des Fotografen an der eigenen Sache gegenüber. Thomas Höhne schreibt, dass "harmlose" Street-Photography grundsätzlich weiterhin problemlos möglich wäre. Das wäre für uns Fotografen schon mal beruhigend!
Aber was dürfen wir noch fotografieren und wo überschreiten wie die Grenze zum Eingriff in die legitimen Interessen der fotografierten Person? Und schon befinden wir uns in einer Grauzone, wo der Fotograf nicht mehr so richtig weiß, was er eigentlich darf. Schwierig wird es dann, wenn der Stil des Fotografen die nahe Straßenfotografie ist, bei der das Individuum im Zentrum steht und die Identifizierbarkeit gegeben ist. Um Erlaubnis für ein Foto zu fragen, würde eine Szene zerstören, wäre aber wohl der einzig mögliche Ausweg. Das Interesse der fotografierten Person abzuschätzen und ob man es verletzt, ist für uns Fotografen wohl sehr schwierig. Somit wäre das, was wir vielleicht als die klassische Street Photography der vergangenen Jahrzehnten wahrnehmen, dann tatsächlich tot.
Straßenfotografie ist mehr als nur Menschen erkennbar abbilden
Die Art, wie man Straßenfotografie betreibt, muss zu unserer Persönlichkeit passen. Die wenigsten können wie Bruce Gilden fotografieren, aber das muss man auch nicht! Ich bin auch nicht der Typ, der Menschen auf der Straße direkt mit seiner Kamera konfrontiert, selbst wenn wir keine DSGVO hätten! Ich bin aber überzeugt, dass man trotzdem interessante Fotos schießen kann, denn Straßenfotografie ist mehr als nur Menschen erkennbar abbilden.
DSGVO-konforme Street Photography
Ich möchte mit ein paar Beispielfotos Ideen in den Raum stellen, wie man nicht nur spannende Szenen auf der Straße abbilden kann, sondern sich auch keine Sorgen wegen der DSGVO machen muss.

Ungewöhnliche Perspektiven können Spannung im Foto erzeugen. Mit einem einfachen Hauptmotiv, gutem Timing und ein wenig Herumprobieren für einen stimmigen Bildaufbau, können simple, aber funktionierende Szenen entstehen. So wirken Menschen auch unerkennbar in ihrer unmittelbaren Umgebung spannend.

Mit offenen Blenden und kurzen Abständen zum Fokuspunkt, lassen sich Motive in der Unschärfe verschwinden. Sicherlich sollte man diese Art der Fotografie nicht übertreiben, aber mit der Darstellung von Menschen im Unschärfeverlauf eines Fotos hat mein keine Probleme mit der DSGVO.

In der Straßenfotografie müssen nicht immer Menschen abgebildet werden. Wenn man mit offenen Augen durch die Stadt geht, finden sich immer wieder Details, die ein Foto wert sind.

In den Straßen unserer Städte tummeln sich unzählige Tiere wie Hunde, Katzen, Tauben, Krähen, Schwäne und Enten. In einem stimmigen Kontext fotografiert, sind Tiere großartige Motive für die Street Photography.

Auch Fotos auf denen Menschen von hinten abgebildet werden, müssen nicht langweilig wirken und haben durchaus schon Preise bei Fotowettbewerben gewonnen.

Auch die Nacht kann euer Freund sein. Die speziellen Lichtverhältnisse und das wenig verfügbare Licht nachts können helfen, Gesichter zu verbergen, wenn ihr ein wenig mit eurer Kameraposition und eurer Perspektive spielt.
Ist doch einmal ein gutes Foto mit einer Person entstanden, die eindeutig identifizierbar ist, dann kann man das Gesicht in der Nachbearbeitung unerkennbar machen, um auf der sicheren Seite für eine Veröffentlichung zu sein.
Manchmal hat man auch Glück und es entstehen Aufnahmen, auf der sich die Person nicht identifizierbar zeigt. In Covid-Zeiten gar nicht so selten.
Vielleicht doch nicht tot
Ich persönliche denke, dass die Straßenfotografie in Zeiten der DSGVO trotzdem ein faszinierendes Genre bleibt, in dem ich mich als Hobby-Fotograf noch viele Jahre weiterentwickeln möchte. Um rechtlich keine Probleme zu bekommen, sollten wir bestimmte Fotos einfach nicht herzeigen, oder am Besten erst gar nicht schießen.
Ich gehe davon aus, dass die meisten Hobby-Fotografen anderen Menschen nichts Böses anhaben möchten und mit ein bisschen Feingefühl merkt man auf der Straße recht bald, was beim Fotomachen in Ordnung ist und was nicht. Trotzdem haben wir als Straßenfotografen berechtigte Interessen, die man nicht ganz außer Acht lassen sollte. Straßenfotografie ist nämlich nichts Verbotenes, lediglich beim Umgang mit den Fotos ist Sensibilität gefragt. (Stefan Czurda, 3.5.2022)
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