Die Kindergartenpädagoginnen fordern mehr Gehalt, die Gemeinden mehr Mittel vom Bund. Mit 0,7 Prozent des BIPs liegt Österreich unter dem EU-Schnitt bei den Investitionen für elementare Bildung.

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Eine Woche vor den Osterferien musste der Kindergarten im Salzburger Stadtteil Aigen wegen Personalmangels schließen. Die betroffenen Eltern erfuhren am Sonntagnachmittag, dass es am Montag keine Betreuung geben werde, wie der STANDARD berichtete. Die Eltern gingen daraufhin auf die Barrikaden und initiierten eine Petition für bessere Arbeitsbedingungen in den Kindergärten, die bereits mehr als 3250 Menschen unterschrieben haben.

Seither gehen auch die politischen Wogen hoch. Politiker aus Stadt und Land schoben sich per Aussendung gegenseitig die Verantwortung zu. Am Mittwoch hat der ressortzuständige Vizebürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ) für einen überparteilichen Schulterschluss zwischen Bund, Land und Gemeinden plädiert. "Die Lage spitzt sich weiter zu", betont Auinger. Es brauche ausreichend finanzielle Mittel und eine massive Ausbildungsoffensive von Bund und Land. Die Stadt will mit einem neuen Gehaltsschema, das Vordienstzeiten besser berücksichtigt, ab 2023 Personal anlocken.

Neues Betreuungsgesetz

Um die Arbeitsbedingungen in den Kindergärten zu verbessern, ist im Land Salzburg seit Februar ein neues Kinderbetreuungsgesetz in Kraft. Ab dem 20. Kind muss seither eine zweite Betreuerin mitarbeiten, statt bisher ab dem 23. Kind. Die für Kinderbetreuung zuständige Landesrätin Andrea Klambauer (Neos) verweist auf den österreichweit besten Betreuungsschlüssel in den Salzburger Kindergärten.

"Ich möchte aber die Belastungen der letzten zwei Jahre nicht kleinreden", sagt Klambauer. Die umfassenden Maßnahmen hätten den Arbeitsalltag merklich erschwert, es gelte daher, die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern.

Doch die gesetzlich vorgeschriebenen Stellen können aufgrund des Fachkräftemangels nicht immer besetzt werden. In der Stadt Salzburg etwa sind derzeit 22 der 311 Vollzeitäquivalente für pädagogisches Personal unbesetzt. "Wenn wir die Gruppengrößen jetzt auch noch verkleinern und gleichzeitig weniger Pädagoginnen und Pädagogen in den Kinderbetreuungseinrichtungen arbeiten wollen, werden die Gemeinden weniger Kindern einen Platz anbieten können", sagt Auinger. Bis zu 250 Plätze könnten in der Stadt wegfallen. Ein vorläufiger Lichtblick: Der Kindergarten in Aigen werde nach den Osterferien wieder mit vier Gruppen und drei zusätzlichen Betreuerinnen öffnen.

Bundesweite Proteste

Salzburg ist nicht allein mit der Personalnot in den Kindergärten. In den vergangenen Monaten hat es deshalb bundesweite Protestaktionen gegeben. Das Personal der Privatkindergärten hat Betriebsversammlungen im öffentlichen Raum abgehalten und die Einrichtungen an diesen Tagen geschlossen. Die Pädagoginnen und Pädagogen der städtischen Kindergärten gingen ebenfalls für mehr Geld, mehr Personal und eine Ausbildungsoffensive auf die Straße.

Derzeit werden laut der OECD-Studie "Bildung auf einen Blick" nur 0,7 Prozent des BIPs in elementare Bildung investiert. Damit liegt Österreich unter dem EU-Schnitt von 0,8 Prozent und weit hinter den Spitzenreitern Norwegen (2,0 Prozent), Schweden (1,8 Prozent) und Dänemark (1,3 Prozent).

Die aktuell laufenden Verhandlungen zur neuen 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern wären eine Chance, die Bedingungen gemeinsam zu verbessern. Der Wiener Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) verlangte in der Vorwoche vom Bund vor allem mehr Kindergartenmittel für Gemeinden und Länder. Derzeit würden die Verhandlungen in dieser Frage jedoch "träge" verlaufen.

Ein Problem, warum Verbesserungen politisch nur schleppend vorangehen ist, dass sich Bund, Länder und Gemeinden die Verantwortung für die Kindergärten teilen. Zwar fallen die Kindergärten ins Aufgabengebiet der Bundesländer, für neue Ausbildungsplätze etwa ist jedoch der Bildungsminister zuständig und für Mehrausgaben braucht es auch die Zustimmung der Städte und Gemeinden. Anstatt sich an einen Tisch zu setzen und die Rahmenbedingungen zu verbessern, wird vielfach die Verantwortung hin und her geschoben.

Die Gewerkschaften fordern deshalb, ein einheitliches Bundesrahmengesetz für die Elementarpädagogik in ganz Österreich einzuführen und den Sozialwirtschaftskollektivvertrag anzuwenden, statt bisher lediglich den Mindestlohntarif. Das würde für die Beschäftigten etwa eine 37-Stunden- statt einer 40-Stunden-Woche, mehr Urlaub, geregelte Vorbereitungszeiten und Regelungen für Fortbildungen, Supervision, Sabbatical und Altersteilzeit bringen. Stadt und Bund sollten wiederum zusichern, die den Trägern entstehenden Mehrkosten zu übernehmen, fordert die GPA. (Stefanie Ruep, 14.4.2022)