Winterwunderland nördlich des Polarkreises: die Lofoten.

Foto: Thomas Neuhold

Gäbe es ein Ranking der schönsten Landschaften, die kleine norwegische Inselgruppe der Lofoten würden mit Sicherheit in der Oberliga vertreten sein: Bizarre Felsformationen mit mächtigen Big-Walls, Fjorde mit tiefen Einschnitten, Steilküsten und Sandstränden, ein azurblauer Nordatlantik sowie ein Wetter, bei dem strahlender Sonnenschein, Schneesturm, Starkregen und Sturm so eng beieinanderliegen wie sonst kaum wo auf dem Planeten, bieten auf den rund 80 Inseln eine Szenerie der Extraklasse. Ein Paradies für Naturliebhaber.

Die Lofoten bieten eine Landschafts-Szenerie, die ihresgleichen sucht.
Foto: Thomas Neuhold

Dazu kommt noch die skandinavisch-entspannte Lebensart der rund 24.000 "Lofotinger" und eine kulinarisch durchaus herzeigbare Vielfalt zwischen Rentier, Meeresfrüchten und Kabeljau. Kein Wunder, dass die Lofoten in den Sommermonaten von Wohnmobilen und Campingbussen regelrecht überflutet werden. Die wichtigsten Inseln sind mit Tunneln oder Brücken untereinander verbunden, auch das norwegische Festland ist über eine Brücke erreichbar. Und wer nicht mit dem eigenen Schneckenhaus anreist, wohnt im Rorbu. Das sind die landestypischen, fast immer rot gestrichenen kleinen Stelzenhäuser, die oft ziemlich komfortabel eingerichtet sind.

Das Rorbu ist die landestypische Unterkunft.
Foto: Thomas Neuhold

Deutlich ruhiger geht es hingegen in den Winter- und Frühjahrsmonaten zu. Selbst in Å, als westlichster Punkt der Lofoten ein beliebtes Ausflugsziel, sind die Parkplätze im April leer und das einzige Kaffeehaus im Ort geschlossen: "Sorry, closed, no season", heißt es. Und rund um die weltweit bekannten Fotomotive im Reinefjorden, wo es im Sommer wurlt wie in der Salzburger Getreidegasse, herrscht beschauliche Ruhe.

Pfotenähnlicher Umriss

Die vergleichsweise wenigen Touristen und Touristinnen, die in den kühleren Monaten auf "die Luchspfote" kommen, sind entweder zum Fischen hier, oder es handelt sich um Skitourengeher. Apropos "Luchspfote": Der Name Lofoten wird gerne als "Luchsfuß" oder "Luchspfote" übersetzt, weil die Insel Vestvågøy einen pfotenähnlichen Umriss habe. Etymologisch dürfte diese Herleitung allerdings Blödsinn sein. Inzwischen gehen die Fachkundigen davon aus, dass die Bedeutung von "lo fot" kommt, was so viel bedeutet wie "Ebene am Bergfuß".

In der Bergwelt der Lofoten herrscht im Winter nicht allzu viel Betrieb.
Foto: Thomas Neuhold

Zurück zum Sportlichen: Die Fischer und Fischerinnen kommen naturgemäß im Frühling wegen des Skreis, also wegen des Winterkabeljaus, auf die Lofoten. Gefischt wird mit Handangeln und Langleinen – die Bestände sind nicht gefährdet. Von den professionellen norwegischen Fischern werden die Fische danach an Land aufgehängt und getrocknet – es entsteht Stockfisch oder Klippfisch, der je nach Qualität in Norwegen, in Europa oder nach Afrika verkauft wird.

Frischer Kabeljau (Skrei) wird zum Trocknen aufgehängt.
Foto: Thomas Neuhold

Und die Skitourengeher und -geherinnen? Neben einigen Einheimischen trifft man unterwegs vor allem Gruppen aus Deutschland, Österreich, aber auch aus Italien und sogar aus Spanien. Auch wenn die Zahl der Skitouristen in den vergangenen Jahren zugenommen hat, auf den weitläufigen oft baumfreien und nur mit einem Erlengürtel in Talnähe "verzierten" Hängen ist Platz genug für die eigene Spur.

Platz genug für die eigene Spur.
Foto: Thomas Neuhold

Die Auswahl ist riesig, es gibt von flachen, anfängertauglichen Routen bis zu knackigen Steilrinnen so ziemlich alles, was das Alpinistenherz erfreut. Damit sind auch jede Menge Alternativen – etwa bei unsicheren Lawinenverhältnissen – gegeben. Die Anfahrtswege (Leihauto!) können sich allerdings ein wenig ziehen. Auch wenn der nächste Gipfel gleich nebenan ist, bis man zwei Fjorde dorthin abgefahren ist, dauert das seine Zeit. Die Berge sind mit weniger als 1.000 Meter Seehöhe nicht allzu hoch, wer also Höhenmeter abspulen will, muss mehrere Routen zusammenstückeln. Und zum Schluss gibt es dann noch die Belohnungsabfahrt bis direkt an den Sandstrand und zum Meer.

Abfahrt bis zum Meer.
Foto: Thomas Neuhold

Bleibt die Wetterfrage: Drei, vier stabile Schönwettertage in Serie sind im Nordatlantik selten, man soll sich auch auf ungemütlicheres Tourenwetter einstellen. Und notfalls auch darauf, dass es keinen oder wenig Schnee gibt. Das mag etwa 150 Kilometer nördlich des Polarkreises verwundern, ist aber schnell erklärt: Die Lofoten liegen im Golfstrom, es ist nie wirklich extrem kalt, und Warmlufteinbrüche mit Regen bis in die Hochlagen sind gar nicht selten. (Thomas Neuhold, 17.4.2022)