Simulationsspiele sind ein erfolgreiches Computerspielgenre, in dem es meist darum geht, in unterschiedliche Lebenssituationen und Berufe zu schlüpfen: vom Piloten im Flugsimulator über den Bauern im Landwirtschaftssimulator bis zum Gärtner im Rasenmähersimulator wird so gut wie nichts ausgelassen – und auch der Berufung zum Messias wird man in dem in Polen produzierten I am Jesus Christ nachkommen können. Wie der Name vermuten lässt, schlüpft man hier in die Rolle des Jesus Christus. Das Spiel soll noch 2022 erscheinen, der STANDARD hat die ersten Kapitel schon probegespielt.

Echte Jesus-Simulation oder Satire?

Zum Zeitpunkt seiner ersten Ankündigung in der Adventszeit 2019 waren sich Beobachter nicht ganz sicher: Meinen die Entwickler das ernst, oder wird das eine bissige Satire mit Seitenhieben gegen die Menschen, die diese Tage – Ostern 2022 – die Auferstehung ihres Erlösers feiern? Nun ist für jeden klar, die sich an die auf der Plattform Steam (PC) frei verfügbare Demo heranwagt: Ja, die meinen das ernst.

IGN

So setzt sich die Demoversion vor allem aus sehr vielen animierten Zwischensequenzen zusammen, welche die ersten Kapitel der Geschichte erzählen – von der Geburt Jesu bis zu dessen Selbstkasteiung in der Wüste. Dabei werden stets die passenden Passagen des Neuen Testaments eingeblendet, die Erzählstimme klingt, als käme sie frisch aus dem amerikanischen Bible Belt. Zwischendurch darf man auch selbst spielen, also Jesus sein.

Nazareth in der Zeit Jesu Christi

Nach den anfänglichen Cutscenes rund um die eigene Geburt finden sich die Spieler in der Stadt Nazareth wieder, Jesus ist erwachsen geworden und merkt, dass er seiner Berufung folgen muss. Nach einem kurzen Plausch mit der Mutter Maria machen sich die Gamer auf den Weg, um sich von Johannes, dem Täufer, taufen zu lassen.

Um Johannes zu finden, muss man aber erst dessen Aufenthaltsort erfahren – dies tun man, indem man durch die Straßen Nazareths flaniert und unter anderem Händler auf dem Markt befragt. Anschließend begibt man sich per pedes zum Fluss und sammelt zwischendurch Beeren von Sträuchern ein, damit man nicht verhungert.

I am Jesus Christ ist also ein klassisches Open-World-Game, bei dem man sich in der Ich-Perspektive frei durch die Welt des Neuen Testaments bewegt, während die nächste "Mission" mit entsprechenden Waypoint-Markierungen angezeigt wird. Dazwischen gibt es noch das Survival-Element des Beeren-Futterns. Punkten tut das Spiel dabei auf jeden Fall durch das äußerst untypische Ambiente – wiewohl grafisch noch deutlich nachgebessert werden muss, zumal die Figuren noch recht hölzern wirken.

Kampf dem Teufel!

Ist man einmal getauft, bewegt man sich ohne Essen und Getränke in die Wüste, wo man den Versuchungen Satans widerstehen muss, was einem erneut in Form von Cutscenes gezeigt wird. Als Satan mit seinen Verlockungen bei einem Gamer abprallt, will er diesen "auf die harte Tour" besiegen – was wiederum ein weiteres Element des Spiels, den Kampf mit dem Teufel, auslöst.

Holy Ghost Global

In diesem Kampf beschießt einen der Teufel mit tödlichen Energiekugeln, die man mit göttlicher Macht auf ihn zurückschleudert. Dazwischen ruft man seine spirituelle Energie auf, um sich selbst neue Kraft im Kampf gegen den Widersacher zu verleihen ... ich bin mir ziemlich sicher, dass das Spiel an dieser Stelle von der Buchvorlage stark abweicht. Macht aber nichts. Denn das Spielelement ist erfrischend und die Message, dass der Teufel ein schlimmer Kerl ist, kommt an.

Wunder wirken

Noch nicht in der Demo integriert ist die Möglichkeit, selbst Wunder zu wirken – doch davon soll es in der finalen Version bis zu 30 unterschiedliche geben. So soll man zum Beispiel eine stürmische See beruhigen und Kranke heilen können. Etwas irritierend dabei: Im nachfolgenden Developertagebuch erinnern die besagten Krankheiten stark an die in unserem Jahrzehnt omnipräsenten Coronaviren.

SimulaM

Insgesamt, so der Plan, soll man in dem fertigen Spiel das gesamte Leben des Heilands nacherleben können, von der Taufe über die Vollbringung diverser Wunder und das letzte Abendmahl bis zur Kreuzigung und schließlich zur Auferstehung. Durch Beten soll man den Heiligen Geist aufnehmen und somit weitere Wunder wirken können. Interagiert wird mit über 60 unterschiedlichen Charakteren, darunter auch die zwölf Jünger.

Mehr Spiele rund um Religion

So weit zumindest die Versprechen – ob das finale Spiel diese auch einhalten kann und wann es überhaupt erscheinen wird, bleibt freilich noch ungewiss. Parallel dazu ist außerdem unter anderem ein Papst-Simulator in Arbeit, der ebenfalls 2022 erscheinen soll.

Wer religiös interessiert ist und sich die Wartezeit verkürzen will, kann das hingegen unter anderem mit dem Action-Horrorspiel Ghostwire Tokyo tun – welches aber nicht auf dem Christentum, sondern auf der fernöstlichen Shinto-Mythologie aufbaut und somit in einem ganz anderen Teich fischt. Und mit Ostern genau gar nichts zu tun hat. (Stefan Mey, 17.4.2022)