Romantisch oder Kitsch ohne Ende: Eine Fahrt mit Gondoliere durch Venedigs Kanäle.
Foto: Imago / Camera4 / Eberhard Thonfeld

Pro
von Anne Feldkamp

Ich habe Harry’s Bar besucht, Bekanntschaft mit versifften Hostels gemacht und so einige Wassertaxis bestiegen. Ich könnte also mit einigen Venedig-Anekdoten aufwarten. Nur auf eine Sache habe ich aus guten Gründen verzichtet.

Mit einer Gondel durch die Stadt zu schaukeln, das kam nie infrage. Sich von einem Gondoliere das Geld aus der Tasche ziehen zu lassen? Genauso peinlich, wie in einem Fiaker um den Stephansdom zu galoppieren.

Ich mache es kurz: Mittlerweile bin ich anderer Ansicht. Sich als blöde Touristin über andere blöde Touristen zu echauffieren zeugt nicht von Souveränität.

Und so habe ich mir vorgenommen, eine halbe Stunde meines nächsten Venedig-Aufenthalts mit einem Gondoliere im geringelten T-Shirt zu teilen.

Ich stelle mir das keineswegs romantisch vor: Wahrscheinlich wird er dauertelefonierend am Handy hängen – gar keine Sache. Hauptsache, er kommt nicht auf die Idee, "O sole mio" zu trällern. Auf sowas kann ich wirklich verzichten.

Kontra
von Stefanie Ruep

In Salzburg ein Liebesschloss am Brückengeländer des Marko-Feingold-Stegs anzubringen wäre ein Trennungsgrund. Weitere als romantisch verschriene No-Gos: ein Heiratsantrag auf dem Eiffelturm in Paris und eine Gondelfahrt in Venedig.

Kitsch lass nach. So schön ist das nicht, um hundert Euro eine halbe Stunde durch die Kanäle zu schippern. Es gibt einen mürrischen Gondoliere aber auch schon zum Preis von 32 Euro pro Person.

Nur dann sitzen eben zwei weitere Touristenpärchen in dem schmalen Boot – für Romantiker mit Hang zum Gruppenkuscheln genau das Richtige.

Fühlt sich der Gondoliere dann noch wie der nächste Pavarotti und trällert zu allem Überfluss noch "O sole mio" – na mehr brauchst ned.

Für wen ein Urlaub nur mit einer Bootsfahrt ein richtiger Urlaub ist, der kann fürs Feeling um zwei Euro eine Traghetto-Fähre nehmen, um den Canal Grande in zwei bis drei Minuten zu überqueren. Quasi Fortbewegungsmittel statt Touristenfalle. (RONDO, 24.4.2022)