Die Situation in Jerusalem verschärfte sich in den vergangenen Tagen.

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Jerusalem – Bei erneuten Zusammenstößen rund um den Tempelberg in Jerusalem sind am Sonntag mehr als 20 Menschen verletzt worden. Unter den Verletzten waren nach Angaben des palästinensischen Roten Halbmonds 19 Palästinenser, die teilweise von Gummigeschossen getroffen worden seien. Fünf von ihnen seien ins Krankenhaus gebracht worden. Sieben weitere Menschen wurden außerhalb der Jerusalemer Altstadt von steinewerfenden palästinensischen Jugendlichen verletzt.

Die Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern hatten sich in den vergangenen Wochen erheblich verschärft. Durch die Gewalt am Sonntag erhöhte sich die Zahl der seit Freitag in Jerusalem Verletzten auf mehr als 170. Die Spannungen fallen in den muslimischen Fastenmonat Ramadan, der sich in diesem Jahr mit dem jüdischen Pessachfest und dem christlichen Osterfest überschneidet.

Tatverdächtige festgenommen

Der Tempelberg (Al-Haram al-Sharif) mit dem Felsendom und der Al-Aqsa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Die Juden begehen gegenwärtig das Pessachfest. Einer der Bräuche ist dabei eine Wallfahrt nach Jerusalem. Der Tempelberg ist nur wenige Gehminuten von der Grabeskirche entfernt, wo Christen Sonntagfrüh die Ostermesse zelebrierten.

Nach Angaben der israelischen Polizei hatten am Sonntagmorgen kurz vor dem geplanten Besuch jüdischer Gläubiger auf dem Tempelberg Hunderte palästinensische Demonstranten Steine angesammelt. Um die "Ordnung wiederherzustellen" seien Sicherheitskräfte eingeschritten. Ein Team von AFP-Reportern sah am frühen Morgen jüdische Gläubige beim Verlassen des Tempelbergs. Begleitet wurden sie von schwer bewaffneten Polizisten.

Palästinenser sollen Sonntagfrüh auch Busse auf dem Weg zur Jerusalemer Altstadt mit Steinen beworfen haben, nach Polizeiangaben wurden mehrere Insassen verletzt. Zwei Tatverdächtige seien festgenommen worden.

Die im Gazastreifen herrschende islamistische Organisation Hamas teilte am Sonntag mit: "Die Al-Aqsa-Moschee ist eine rote Linie, und die (israelische) Besatzungsmacht trägt die Verantwortung für den Angriff auf Gläubige und dafür, dass es Siedlern erlaubt, die Anlage zu entweihen."

Schwierige Konstellation

Bereits am Freitag hatte es auf dem Tempelberg bei Zusammenstößen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften zahlreiche Verletzte gegeben. Die Auseinandersetzungen verschärften die Spannungen nach einer Terrorwelle in den vergangenen Wochen weiter.

Der Tempelberg steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist. Laut einer Vereinbarung mit den muslimischen Behörden dürfen Juden die Anlage besuchen, dort aber nicht beten.

Israel hatte im Sechstagekrieg 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete für einen eigenen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.

Papst fordert freien Zugang

Papst Franziskus forderte freien Zugang für alle Menschen zu den heiligen Stätten in Jerusalem. "Dem Nahen Osten, der seit Jahren von Spaltung und Konflikten zerrissen ist, werde Frieden beschieden", sagte der Papst in seiner Osterbotschaft am Sonntag und rief zum Gebet auf für den "Frieden für Jerusalem und Frieden für alle, die es lieben, Christen, Juden und Muslime".

"Mögen Israelis, Palästinenser und alle Bewohner der Heiligen Stadt zusammen mit den Pilgern die Schönheit des Friedens erfahren, in Geschwisterlichkeit leben und möge ihnen der freie Zutritt zu den Heiligen Stätten unter gegenseitiger Achtung der Rechte jedes Einzelnen gewährt werden", sagte Franziskus weiter. (APA, 17.4.2022)