Die Zusammenstöße am Tempelberg haben – wenig überraschend – Auswirkungen auf die Politik.

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Jerusalem – Nach den Zusammenstößen am Tempelberg in Jerusalem hat die arabische Raam-Partei mit einem Rückzug aus der Koalitionsregierung von Israels Ministerpräsident Naftali Bennett gedroht. Die Raam-Partei und ihre vier Abgeordneten gaben am Sonntagabend in einer Erklärung bekannt, ihre Beteiligung an der Koalition "auszusetzen". Wenn die Regierung das harte Vorgehen gegen palästinensische Demonstranten nicht beende, "werden wir geschlossen zurücktreten", warnte die Partei.

Acht Parteien in Regierung

Bennett steht seit Juni an der Spitze einer Koalitionsregierung, die aus acht Parteien unterschiedlicher politischer Ausrichtungen besteht. Schon vergangene Woche hatte die Koalition ihre hauchdünne Mehrheit im Parlament verloren, nachdem eine Abgeordnete von Bennetts Yamina-Partei zurückgetreten war. Die Koalition verfügt nun wie auch die Opposition über 60 Sitze in der Knesset. Sie kann so zwar weiter regieren, aber nur schwer Gesetze verabschieden.

Die Drohung der Raam-Partei hat keine unmittelbaren Auswirkungen, da die Knesset noch bis Anfang Mai in einer Sitzungspause ist. Wie aus Regierungskreisen verlautete, will Bennett versuchen, die Lage zu beruhigen. Sollte ihm das nicht gelingen und die Raam-Partei die Koalition verlassen, könnte die vom umstrittenen Ex-Premier Benjamin Netanyahu angeführte Opposition ein Misstrauensvotum gegen ihn einleiten.

Zahlreiche Verletzte

Bei den Zusammenstößen rund um den Tempelberg in Jerusalem waren am Sonntag mehr als 20 Menschen verletzt worden. Unter den Verletzten waren nach Angaben des palästinensischen Roten Halbmonds 19 Palästinenser, die demnach teilweise von Gummigeschoßen getroffen wurden. Sieben weitere Menschen wurden außerhalb der Jerusalemer Altstadt von steinewerfenden palästinensischen Jugendlichen verletzt.

Die Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern hatten sich zuletzt erheblich verschärft. Durch die Gewalt am Sonntag erhöhte sich die Zahl der seit Freitag in Jerusalem Verletzten auf mehr als 170. Die Spannungen fallen in den muslimischen Fastenmonat Ramadan, der sich heuer mit dem jüdischen Pessachfest und dem christlichen Osterfest überschneidet. (APA, 18.4.2022)