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Israelische Sicherheitsbeamte patrouillieren in Jerusalem.

Foto: Reuters / AMMAR AWAD

In den vergangenen Tagen wurden in Jerusalem bei gewaltsamen Zusammenstößen mehr als 150 Menschen verletzt. Die Spannungen in der Stadt belasten auch diplomatische Beziehungen. Denn Israels Behörden haben am Sonntag mehr als siebenhundert jüdischen Gläubigen den Besuch des Tempelberges gewährt, auf dem sich auch die Al-Aksa-Moschee befindet.

Laut einem fragilen Übereinkommen Israels mit Jordanien dürfen Juden und Jüdinnen den Tempelberg zu bestimmten Zeiten besuchen, aber dort keine religiöse Praxis ausüben. In den vergangenen Tagen haben jüdische Rechtsextreme wiederholt dazu aufgerufen, diesen Status quo zu brechen. In arabischsprachigen Medien ist das teilweise so dargestellt worden, dass das offizielle Israel den Tempelberg "übernehmen" wolle.

Protestschreiben aus Jordanien

Zusätzlichen Zündstoff bedeutete die Nachricht, dass Palästinensern vorübergehend der Zutritt zum Areal verweigert wurde, um die Sicherheit der jüdischen Besucher zu garantieren.

Der jordanische Außenminister bestellte den israelischen Abgesandten in Amman ein, um ihm ein Protestschreiben zu übergeben. Darin soll von einer "gefährlichen Eskalation seitens Israels" die Rede sein. Die Bilder aus Jerusalem belasten auch die neu aufgenommenen Beziehungen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Bahrain, Marokko und der Türkei.

Koalitionsbeteiligung "eingefroren"

Am Sonntagabend kam dann auch noch eine neue innenpolitische Komponente dazu: Die einzige arabische Partei in der Acht-Parteien-Regierung, die islamische Raam-Fraktion, erklärte, ihre Regierungsbeteiligung für zwei Wochen "einzufrieren" – aus Protest gegen die "Schändung" der Al-Aksa-Moschee durch Israel, wie es manche in der Partei formulieren.

Zwar hat dieser Schritt praktisch kaum Auswirkungen, da das Parlament noch bis 8. Mai auf Frühlingspause ist. Es gibt also keine Abstimmungen, bei denen die Koalition auf die Stimmen der Raam-Fraktion angewiesen wäre. Womöglich ist das Platzen der Regierung damit aber nur aufgeschoben: Raam-Chef Mansour Abbas machte klar, dass aus dem "Einfrieren" der Zusammenarbeit auch ein Ausscheiden aus der Regierung werden könnte. Abbas knüpft seine Weiterarbeit daran, "dass sich die Realität und das Vorgehen (am Tempelberg, Anm.) ändern".

Signal an die Wählerschaft

In der Raam-Fraktion geht es aber vor allem darum, Signale an die Basis zu schicken. Dort sind viele der Meinung, dass eine islamische Partei die Vorgänge rund um die Al-Aksa-Moschee nicht mittragen dürfe. Die Regierung verfügt derzeit über keine Mehrheit im Parlament, es herrscht ein Stimmengleichstand zwischen Koalition und Opposition. Mit dem Ausscheiden von Raam würde sich das ändern.

Vieles wird nun davon abhängen, ob sich die Lage wieder beruhigt oder weiter eskaliert. Eine wichtige Rolle spielen die Terrorgruppen rund um Hamas und Islamischer Jihad im Gazastreifen. Sie haben mehrmals verkündet, jederzeit bereit zu sein, Jerusalem zu "verteidigen". (Maria Sterkl aus Jerusalem, 18.4.2022)