Baracken und Wachturm im ehemaligen KZ Mauthausen. Im Haupt- sowie in den Nebenlagern des KZs wurden mehr als 100.000 Menschen von den Nazis ermordet.

Foto: APA/Roland Schlager

Die Befreiungsfeier in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen am 15. Mai wird heuer ohne offizielle Vertreter von Russland und Belarus stattfinden. Wie Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen-Komitees Österreich (MKÖ), auf Anfrage des STANDARD berichtet, habe man die Botschafter der beiden Staaten "mittels persönlicher Mail gebeten", an der Befreiungsfeier nicht teilzunehmen.

Erklärung zum Krieg in der Ukraine

Basis der De-facto-Ausladung ist eine gemeinsame Erklärung des MKÖ, der KZ-Gedenkstätte Mauthausen und des Comité International de Mauthausen zum Krieg in der Ukraine. "Die enormen Opfer, die die Sowjetunion als Teil der Alliierten im Kampf gegen den Nationalsozialismus und bei der Befreiung vieler Konzentrationslager erbracht hat, sind für alle Zeiten unvergesslich und unabdingbarer Teil der Geschichte unseres Kontinents", heißt es darin. Und weiter: "Was allerdings den Krieg Russlands gegen die Ukraine betrifft, können wir angesichts der ausgeübten ungerechtfertigten Gewalt und schwerster Verletzungen der Menschenrechte nicht umhin, diesen mit aller Deutlichkeit zu verurteilen."

In der Erklärung wird ferner daran erinnert, dass am 16. Mai 1945 am Appellplatz des KZ Mauthausen – also vor 77 Jahren – die erste Befreiungsfeier stattfand. Aus Anlass der gemeinschaftlichen Verabschiedung der in ihre Heimat zurückkehrenden sowjetischen Häftlinge, unter ihnen Menschen aus Russland und der Ukraine, verlasen die Vertreter des Internationalen Häftlingskomitees den "Mauthausen-Schwur". Darin heißt es: "Der Friede und die Freiheit sind die Garanten des Glücks der Völker, und der Aufbau der Welt auf neuen Grundlagen sozialer und nationaler Gerechtigkeit ist der einzige Weg zur friedlichen Zusammenarbeit der Staaten und Völker."

Überlebende und Angehörige eingeladen

Eine offizielle Teilnahme von Russland und Belarus "wäre unvereinbar mit dem Mauthausen-Schwur der überlebenden Häftlinge und deren Wunsch nach Friede und Freiheit", sagt Mernyi. Die russischen und belarussischen Häftlingsorganisationen, Überlebende und ihre Angehörigen seien aber zur Befreiungsfeier eingeladen.

Laut Mernyi dürfte es heuer das erste Mal sein, dass man offizielle Vertreter der Alliierten beziehungsweise im Fall der Sowjetunion der Nachfolgestaaten nicht zur Gedenkfeier einlädt. Er geht auch davon aus, dass eine offizielle ukrainische Delegation teilnimmt und dass auch andere Nachfolgestaaten der Sowjetunion Vertreter oder Vertreterinnen schicken werden; man habe niemanden extra angefragt. (Thomas Neuhold, 19.4.2022)