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In welchem Monat sind die größten Gewinne zu erwarten? Welche Tageszeit nimmt die Preisentwicklung vorweg? Die Analyse zeigt: Die Wall Street wird immer wichtiger.

Foto: Edgar Su/Reuters

Wer in Bitcoin und andere Kryptowährungen investiert, braucht bekanntermaßen gute Nerven. Gehandelt wird – anders als an den internationalen Börsen – Tag und Nacht ohne Unterbrechung. Preissteigerungen und -abstürze um 30 bis 70 Prozent innerhalb weniger Tage und Wochen sind keine Seltenheit. Den richtigen Zeitpunkt zu finden, um ein- oder auch auszusteigen, ist folglich bei Krypto noch wichtiger als beim Handel mit Aktien oder Fonds.

Dass der Preis derart stark fluktuiert, ist auch dem vergleichsweise immer noch geringen Marktvolumen geschuldet. Bitcoin hat eine Kapitalisierung von aktuell 780 Milliarden Dollar, selbst in den Top-10-Altcoins stecken abgesehen von Ethereum "nur" 20 bis 70 Milliarden Dollar pro Projekt. Zum Vergleich: Die Apple-Aktie allein ist gesamt 2,68 Billionen, das Edelmetall Gold gar über zwölf Billionen Dollar wert. Dass deren Marktkurse an Handelstagen weniger leicht bewegt werden können, liegt auf der Hand.

Wall Street und Kryptomarkt

Was für die Aktienmärkte gilt, kann man gewissermaßen auch auf den Kryptomarkt umlegen. Haben gewisse Coins gerade eine enorme Preisrallye hinter sich gebracht, steigt das Risiko. Crasht der Markt und nähert sich der Talsohle, ist im Normalfall ein besserer Zeitpunkt, um einen Teil seines hart verdienten Geldes in ein Kryptoprojekt zu investieren. Für den Verkauf gilt naturgemäß die gleiche Regel, allerdings umgekehrt. Was logisch klingt, wird in der Praxis dennoch selten gemacht. Herrscht Euphorie, wird gekauft, bricht Panik aus, wird verkauft.

Da der Markt spekulativ genug ist, stoßen sich wiederholende Muster und Trends bei der Kryptocommunity auf besonderes Interesse. Eine solche Tabelle ist die monatliche Preisentwicklung von Bitcoin. Ein Blick auf das prozentuelle Plus und Minus seit 2010 zeigt, dass Bitcoin im September, aber auch im März meist schwächelt, während April, Mai, Oktober und November die Monate sind, in denen statistisch gesehen Gewinne am wahrscheinlichsten sind.

So entwickelt sich der Bitcoin-Preis im Vergleich zum Vormonat seit 2010.
Foto: Bitcoin Monthly Return

Abgesehen davon, dass die Datenlage nach zwölf Jahren zu dürftig ist, um sich darauf mit gutem Gewissen verlassen zu können, hat sich die Zusammensetzung des Kryptomarkts in den vergangenen Jahren drastisch verändert. Galt lange Zeit Asien als Gradmesser für die Preisentwicklung, sowohl was die Produktion von Bitcoin als auch die Investition von Privatpersonen betrifft, sind mittlerweile eher die USA und große Finanzinvestoren tonangebend. Und das hat auch Auswirkungen auf die saisonale Preisentwicklung.

Chinesisches Neujahr weniger relevant

So war jahrelang die Zeit rund um das chinesische Neujahr, das je nach Mondkalender zwischen Ende Jänner und Mitte Februar stattfindet, gefürchtet. Geldgeschenke sind zu diesem Anlass beliebt, weswegen viele Anlegerinnen und Anleger, aber auch Bitcoin-Miner einen Teil ihres Kryptovermögens in Cash umwandelten.

Die Folge: Der Bitcoin-Preis sank noch in den Jahren 2018 bis 2020 relativ verlässlich in dieser Periode. In den vergangenen zwei Jahren blieb das Phänomen hingegen aus – wohl nicht zuletzt, weil nach dem Bitcoin-Mining-Verbot in China viele ihre Rechenfarmen ins Ausland verlegten und auch die Anlegerschaft mittlerweile deutlich internationaler geworden ist.

Trading wie an den US-Börsen

Das spiegelt sich auch im täglichen Handel und der Preisentwicklung wider. War noch im Hypejahr 2017 der Sonnenaufgang in Japan ein Gradmesser, ob es eher ein guter oder schlechter Tag für Bitcoin wird, ist diese Preisentwicklung mittlerweile trügerisch. Denn sie basiert auf geringem Handelsvolumen. Das wahre Gesicht zeigt der Markt mittlerweile nämlich praktisch zeitgleich mit der US-Börse an der Ostküste, wie ein Bericht von Coindesk aufschlüsselt.

So steigt das Bitcoin-Handelsvolumen in den frühen Morgenstunden rapide an und erreicht zwischen 9.30 und 10 Uhr (15.30 und 16 Uhr mitteleuropäischer Zeit), also genau nach dem US-Börsenstart, ihren Höhepunkt. Schließen die Börsen an der Wall Street um 16 Uhr (22 Uhr MEZ), sackt auch der Kryptohandel komplett ab. Wer auf kürzerfristige Trends setzt und gerne aktiv handelt, sollte dies auf jeden Fall im Auge behalten. Denn ein höheres Handelsvolumen ist oftmals ein guter Gradmesser, ob eine Preisentwicklung von Substanz ist.

Vorsicht am Wochenende

Nicht geändert hat sich daher auch die schon bisher gültige Empfehlung, an Wochenenden eher Vorsicht walten zu lassen. Da viele institutionelle Trading-Accounts traditionelle Arbeitszeiten einhalten und daher Samstag und Sonntag Pause machen, kann sich eine Preisentwicklung nach oben oder unten spätestens am Montag als nicht nachhaltig erweisen. Wer auf einen sich abzeichnenden Preistrend setzen will, sollte zumindest warten, wie die großen Accounts ab Wochenanfang den Markt bewegen. (Martin Stepanek, 20.4.2022)