Dieser Gedenkstein im Wald, wo das ehemalige Lager Gunskirchen stand, wurde 1995 von den Amerikanern anlässlich des 50. Jahrestages der Befreiung errichtet.

Foto: MKÖ

Es ist ein Waldstück mit einer düsteren Geschichte, die ortsfremden Spaziergängerinnen und Spaziergängern durchaus verborgen bleiben kann, wenn sie nicht zufällig an einem Gedenkstein vorbeikommen. Auf den 4000 Quadratmetern in den Traunauen zwischen den oberösterreichischen Gemeinden Gunskirchen und Edt bei Lambach betrieben die Nationalsozialisten von Dezember 1944 bis Mai 1945 eines der größten Außenlager des KZ Mauthausen. Doch in Gunskirchen gab es bisher keine Gedenkstätte wie etwa bei den anderen ehemaligen Außenlagern in Oberösterreich in Gusen oder Ebensee.

Im Lager Gunskirchen sollten Holzteile für den Flugzeugbau hergestellt werden. Schon zum Aufbau des Lagers wurden laut Mauthausen-Komitee Österreich (MKÖ) rund 400 Häftlinge aus Belgien, Frankreich, Polen und Russland eingesetzt. Insgesamt waren hier bis zur Befreiung 20.000 Menschen interniert.

Todesmärsche

Über die grausamen Todesmärsche, auf denen noch in den letzten Kriegstagen tausende ungarische Jüdinnen und Juden in den Tod getrieben oder unterwegs erschossen wurden, kamen auch noch Häftlinge nach Gunskirchen, von denen dann 100 bis 200 pro Tag verstarben. Die SS führte akribisch Buch. Als die US-Armee das Außenlager am 4. Mai 1945 befreite, fand sie zwischen Leichenbergen noch 5500 unterernährte und kranke Überlebende vor. Rund 3000 hatten das Lager bereits in den Stunden davor Richtung Wels verlassen. 8500 hatten also das Kriegsende erlebt, doch viele von ihnen überlebten die nächsten Wochen aufgrund ihres schlechten Zustandes nicht mehr. Allein in Wels sind über 1000 Gunskirchen-Häftlinge, die noch nach der Befreiung verstarben, bestattet.

Befreite KZ-Häftlinge verlassen das Lager. Viele waren in so schlechtem Zustand, dass sie die nächsten Wochen nicht überlebten.
Foto: © USHMMAmerican‐Israeli Cooperative Enterprise

Damit an diesem Ort eine Gedenk- und Lernstätte entstehen kann, kaufte nun das MKÖ den Wald, der in Privatbesitz war, und startet eine Crowdfunding-Kampagne.

Crowdfunding

"Das Mauthausen-Komitee hat den Grundkauf vorfinanziert, damit die Chance genutzt wird. Aber wir haben nicht annähernd die Mittel, um die Kosten für das Projekt, die insgesamt rund 90.000 Euro ausmachen werden, selbst zu tragen", erklärt MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi.

Projektleiter für das MKÖ ist der ehemalige SPÖ-Landtagsabgeordnete Helmut Edelmayr. Er führte die Vertragsverhandlungen und lobt das Entgegenkommen des bisherigen Eigentümers Florian Fritsch, Aufsichtsratschef der Richter Pharma AG: "Fritsch und die zuständigen Behörden sind uns in jeder Weise entgegengekommen."

Auf dem Waldstück liegen auch die Fundamente einer Baracke aus dem Lager. "Und der Boden gibt über die Jahre immer wieder etwas frei, Gebäudereste, aber auch Schuhe von Menschen", erzählt MKÖ- Landeskoordinator Robert Eiter, der sich seit den 1970er-Jahren mit dem Areal beschäftigt.

Leichen im Waldboden

"Rund 1000 Leichen wurden Ende der 1970er exhumiert und nach Mauthausen überführt, erzählt Eiter dem STANDARD, "aber wir gehen davon aus, dass noch immer die menschlichen Überreste von vielen Hunderten, wenn nicht Tausenden Menschen im Waldboden liegen".

1980 an der Bundesstraße von der Republik errichteter Gedenkstein, nachdem exhumierte Leichen aus dem Wald nach Mauthausen überstellt worden waren.
Foto: MKÖ

Künftig wolle man "mit Stelen und QR-Codes, die über die Geschichte vor Ort informieren, arbeiten", sagt Eiter, "auch mit Schulklassen". (Colette M. Schmidt, 20.4.2022)