Doppelgesichtig: Die berühmte Salzburger Festspielskulptur bekommt beim Thema Sponsoring eine andere Bedeutung.

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Jahrelang galten die Salzburger Festspiele und insbesondere deren 2022 aus dem Amt geschiedene Rekordpräsidentin Helga Rabl-Stadler als Meister des Eintreibens von Sponsoringgeldern. Die Fühler streckte man auch in Richtung Russland aus: Ein Freundeskreis wurde eingerichtet, der Dirigent Teodor Currentzis, der aufgrund seiner Finanzierung durch die Putin-nahe VTB-Bank in der Kritik steht, wurde eng umschlungen*, 2020 platzte ein Deal mit Gazprom zum 100. Geburtstag der Festspiele einzig wegen der Covid-bedingten Absage.

Nun gibt es Kritik an einer weiteren Sponsoringverbindung, die bereits seit 2017 besteht. Es geht um die Solway Investment Group, ein Bergbauunternehmen mit Sitz im schweizerischen Zug, das in Guatemala, der Ukraine, Nordmazedonien und Indonesien Rohstoffe fördert. In Salzburg tritt man seit Jahren als großer Förderer der Kinder- und Jugendschiene auf. Der oft als "Schweizer Unternehmen" titulierte Konzern geht in seinen Ursprüngen auf die russische Aluminiumindustrie zurück. Das Management von Solway besteht überwiegend aus russischen und lettischen Geschäftsleuten, laut der Investigativplattform "Bellingcat" unterhält Solway enge Verbindungen zum Kreml.

Immer wieder gerät das Unternehmen ins Visier von Behörden. 2011 beendete die Swedbank wegen des Verdachts auf Geldwäsche ihre Geschäftsbeziehungen zu Solway. 2019 erging vom höchsten guatemaltekischen Gericht gegen das Unternehmen ein Urteil, worin Solway aufgefordert wird, wegen Missachtung der Rechte der Indigenen die guatemaltekische Nickelmine La Fénix stillzulegen.

Einblick in interne Dokumente

Doch das tatsächliche Ungemach dürfte weit über die verletzten Rechte Indigener hinausgehen: Am 6. März 2022 publizierte das internationale Investigativjournalismusnetzwerk "Forbidden Stories" unter dem Titel "Mining Secrets" seine Recherchen zu den Vorgängen in der Nickelmine. Ein Datenleck, das über acht Millionen Dokumente aus 470 Mailboxen enthielt, erlaubte dem Netzwerk einen Einblick in die interne Kommunikation von Solway. Und diese sei "durchzogen mit Skandalen", wie es hieß.

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Die Nickelmine La Fénix, betrieben von einer Tochterfirma von Solway, bekam schon einmal einen Schließungsbescheid und steht weiter in der Kritik.
Foto: AP/ Moises Castillo

Vorgeworfen werden dem Unternehmen mutmaßliche Umweltschäden, Menschenrechtsverletzungen, Bestechung, Vertuschung, Einschüchterung und Verfolgung kritischer Journalistinnen und Journalisten. Solway weist die Vorwürfe von sich, Medien in aller Welt griffen die Recherchen von "Forbidden Stories" auf. Die seit 2017 bestehenden Sponsorenverbindungen zu den Salzburger Festspielen waren bislang kein Thema.

Kritisch hinterfragt haben möchten diese nun zwei renommierte Kunstschaffende, die aktuell selbst für die Festspiele tätig sind: der Schweizer Autor und Regisseur Lukas Bärfuss und die lettisch-amerikanische Regisseurin Yana Ross. Das Duo wurde von den Salzburger Festspielen damit beauftragt, in einer Koproduktion mit dem Schauspielhaus Zürich eine Neufassung von Arthur Schnitzlers "Reigen" für die diesjährige Festivalausgabe auf die Bühne zu bringen. Premiere ist am 28. Juli, die Proben sollen bald beginnen.

"Schluss mit dem doppelten Spiel!"

In einer großangelegten Initiative – ein entsprechendes Presseanschreiben wurde dem STANDARD übermittelt – will das Bühnenduo nun aber im Vorfeld und vor dem Hintergrund des tobenden Ukraine-Kriegs auf das problematische Sponsoring aufmerksam machen und fordert von der Festspielleitung Konsequenzen ein. "Schluss mit dem doppelten Spiel! Nur sauberes Geld in öffentlichen Institutionen! Den Worten müssen nun Taten folgen! Die Gremien der Salzburger Festspiele stehen in der Verantwortung. Sie müssen handeln – sofort, transparent und entschieden", heißt es in dem zweiseitigen Schreiben.

Salzburgs heuer abgelöste Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler (2. v. l.) 2019 bei einem letztlich geplatzten Sponsoringdeal mit OMV und Gazprom.
Foto: OMV

Seit den jüngsten Enthüllungen zu Solway und mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine sei dieses Sponsoring "toxisch geworden". Es beschädige den Kern der Salzburger Festspiele. "Es zerstört die Glaubwürdigkeit beim Publikum und vergiftet das politische und künstlerische Klima dieses einzigartigen Festivals." Und weiter: "Eine demokratische Gesellschaft braucht eine demokratische Kultur. Die Salzburger Festspiele dürfen nicht zum Marketingvehikel dubioser Firmen verkommen. Festivals, Museen, Theater – sämtliche kulturellen Institutionen haben sich zur Einhaltung der Menschenrechte, einer Politik der Nachhaltigkeit und der demokratischen Werte zu verpflichten."

"Um weiteren Schaden von den Festspielen abzuwenden", wie es heißt, fordern Bärfuss und Ross, dass eine unabhängige Stelle das Sponsoring der staatlich subventionierten Festspiele durchleuchtet, dass man sich verbindliche, über die bereits bestehenden hinausgehende Ethikrichtlinien zum Sponsoring auferlegt und dass "die Geschäftsbeziehungen zu Solway sofort, spätestens bis zum 27. Juli 2022", zu beenden seien.

Solways "Nachhaltigkeitspolitik"

Solway begann sein Engagement bei den Festspielen als Projektsponsor von "La clemenza di Tito" im Jahr 2017. Seit 2018 ist Solway offizieller Sponsor der "Operncamps für Kinder und Jugendliche", wo man "zusammen mit den Wiener Philharmonikern und der Salzburg Stiftung der American Austrian Foundation" agiere, wie es in einer Aussendung des Unternehmens heißt. Zum 100-jährigen Jubiläum der Festspiele 2020 wollte Solway zuletzt seine Kooperation "im Rahmen der Nachhaltigkeitspolitik erneuern und ausbauen" – eine Formulierung, die angesichts der Vorwürfe von Umweltzerstörung zynisch wirkt.

Aber schon 2019 wurden die Salzburger Festspiele dafür kritisiert, im Programm dem Thema Klimaschutz großen Raum zu geben, während man sich von Audi, Nestlé und beinahe eben Gazprom finanzieren ließ.

DER STANDARD konfrontierte die Festspielleitung mit dem Schreiben des Regieduos Bärfuss/Ross und erhielt schriftlich Anwort: Man habe "die mediale Berichterstattung von Anfang März 2022 zur Nickelmine Fénix aufmerksam verfolgt". Aufgrund der schwerwiegenden Anschuldigungen habe man "umgehend von unserem Schweizer Projektsponsor Solway eine ausführliche, objektive und transparente Überprüfung der Vorwürfe eingefordert."

Vertragsverlängerung nicht ausgeschlossen

Solway habe eine interne Untersuchung und ein externes Audit "der Geschäftstätigkeit ihrer Tochtergesellschaften Compania Guatemalteca de Niquel SA (SGN) und Compania Procesadora de Niquel de Isabal SA (Pronico) sowie deren Tochtergesellschaften eingeleitet." Die Salzburger Festspiele würden die Ergebnisse dieser Untersuchungen abwarten und "sodann in Folge die notwendigen Konsequenzen ziehen", heißt es.

Solway ermögliche mit seinem Projektsponsoring Jugendlichen aus Guatemala, der Ukraine und Nordmazedonien Zugang zur klassischen Musik. So könnten jährlich zwei Jugendliche pro Land an einem der Operncamps bei den Salzburger Festspielen teilnehmen. Das Jugendprogramm sei zuletzt mit 150.000 Euro gesponsert worden.

Gespräche "über eine mögliche Vertragsverlängerung" seien von den Ergebnissen der Untersuchungen abhängig, eine Verlängerung der Partnerschaft wird demnach nicht ausgeschlossen. (Stefan Weiss, 20.4.2022)