Einen Ausgleich für die Teuerung fordern die Pensionisten. Deren Vertreter sind bei den Sozialpartnern auch an Bord.

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Wien – Ganz ohne Ergebnis blieb der Sozialpartnergipfel bei Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) am Dienstag nicht. "Es bewegt sich was", sagten Teilnehmer des Treffens, und es klang durchaus hoffnungsvoll. Allerdings sollten sich Arbeitgeber- wie Arbeitnehmervertreter auf Abstriche gefasst machen, denn der Finanzminister wird die Folgen von Energiekostenexplosion und rasant steigender Inflation nicht zur Gänze ausgleichen können – und wollen.

Bei einigen Punkten des von den Sozialpartnern vor Wochen eilig zusammengezimmerten Forderungspapiers wurde laut STANDARD-Recherchen bezüglich kurzfristiger Schnellmaßnahmen Bewegung signalisiert:

  • Energiekosten Eine Entlastung für energieintensive Betriebe für die extrem gestiegenen Strom- und Gaspreise. Selbige wird als notwendig erachtet, weil ebendiese Unternehmen bereits vor Krise und Kriegsausbruch großflächig von Energieabgaben befreit waren. Deshalb profitieren sie von den im Jänner und März präsentierten milliardenschweren Entlastungspaketen kaum. Für diese dem CO2-Emissionshandel (ETS) unterliegenden Konzerne aus Stahl- und Metallverarbeitungsindustrie dürfte es nun doch eine Entlastung geben, vermutlich nach Vorbild der Anfang April von der deutschen Regierung angekündigten Strompreiskompensation.
    Diese ist laut der Regierung in Berlin als "Schutzschild" und "Stoßdämpfer" für Unternehmen im Volumen von fünf Milliarden Euro konzipiert, damit Energiepreise, die Folgen der Sanktionen gegen Russland und Lieferengpässe abgefedert und der Kollaps ganzer Firmen verhindert werden.
    In Österreich wird so ein Schutzschild je nach Ausgestaltung auf 200 bis 400 Millionen Euro taxiert, allenfalls gedeckelt, wie es heißt. Für Firmen, die nicht dem Emissionshandel unterliegen, etwa in der Papierindustrie, könnte eine solche Hilfe in Form einer Gutschrift gewährt werden, deren Höhe vom Anteil der Energiekosten gemessen am Umsatz abhängig ist.
  • Einmalprämie Vorstellbar ist offenbar auch eine Einmalprämie, um den Druck aus den Lohnverhandlungen herauszunehmen, wie es heißt. Ob eine solche von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen befreite Einmalzahlung in Höhe von 500 Euro tatsächlich Entlastung schafft, darüber gehen die Meinungen auseinander. Den Unternehmen wäre sie jedenfalls willkommen, weil damit Löhne und Gehälter weniger stark angehoben werden müssten. Einige Prozentpunkte Erhöhung könnte man damit abfedern. "Das würde Druck aus den Kollektivvertragsverhandlungen nehmen", sagte ein Interessenvertreter der Industrie.
    Den Gewerkschaftern schmeckt das naturgemäß weniger gut, sie fürchten, dass dies zur Dauereinrichtung werden könnte. "Wir haben nichts gegen eine Einmalprämie, aber eine dauerhafte Erhöhung der Einkommen braucht es trotzdem, denn die Preise steigen weiter, bei Lebensmitteln kommt die Energiekrise gerade erst an", stellt einer aus dem Verhandlungsteam klar.
  • Kurzarbeit Die im Juli auslaufende Corona-Kurzarbeit ist ein weiteres Kampffeld für Sozialpartner und Regierung. Auch wurden dem Vernehmen nach Signale in Richtung Verlängerung ausgesendet, um Produktionsstillstände abfangen zu können, wie das auch bisher aufgrund der Lieferkettenprobleme der Fall war. Ob eine Verlängerung der Corona-Kurzarbeit in Aussicht gestellt wurde, dazu gab man sich im Finanzministerium am Mittwoch bedeckt.
    Klar ist allerdings, dass die vom ÖGB geforderte 90-prozentige Nettoersatzrate für von Kurzarbeit betroffene Dienstnehmerinnen eine große Hürde ist, zumal sich die Regierung eine solche Änderung dem Vernehmen nach "abkaufen" lassen würde – in Form eines höheren Selbstbehalts der Unternehmen. Darüber gibt es innerhalb der Sozialpartner naturgemäß keine Einigkeit, die Gewerkschafter wollen nicht zulassen, dass Arbeitnehmer je nach Einkommen monatelang nur 80, 85 oder 90 Prozent ihrer Gage bekommen. Erheblicher Abstimmungsbedarf innerhalb der Sozialpartner ist hier evident, wenngleich man das Problem in der Wirtschaftskammer nicht überbewerten will und auch keine Eile sieht. Die Corona-Kurzarbeit laufe erst Ende Juli aus.
  • Teuerungsausgleich Abstimmungsbedarf auf Sozialpartner-Ebene orten Beobachter auch bei den von Gewerkschaft und Arbeiterkammer geforderten 500 Euro an Teuerungsausgleich für Arbeitslose, Ausgleichszulagen-, Sozialhilfe- und Studienbeihilfenbezieher. Hier verweist die Regierung auf die im März-Entlastungspaket fixierten 300 Euro. Allerdings steigt die Inflation derart rasant, dass eine Nachbesserung notwendig sein dürfte. Schützenhilfe kommt vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo. Die Preise seien mehr gestiegen, als die beschlossenen Hilfen an Belastung abfederten.
  • Mineralölsteuersenkung Abgeblitzt sind die Sozialpartner mit der Forderung nach Senkung der Spritsteuer. Gemäß EU-Regime sei nur eine marginale Senkung möglich. Außerdem sind die Grünen dagegen.
  • Kilometergeld Die Festlegung neuer steuerlicher Obergrenzen für das Kilometergeld, Taggelder und sonstige Zulagen wird an eine Arbeitsgruppe delegiert. Vor Sommer ist mit Ergebnissen nicht zu rechnen, denn diese Arbeitsgruppe wird auch mit "strukturellen Themen" wie der nun diskutierten Abschaffung der sogenannten kalten Progression befasst.
    Für umfangreichen Gesprächsstoff ist also gesorgt. Am Montag trifft sich die eigens eingerichtete Inflationsrunde, der die Sozialpartner auch angehören. (Luise Ungerboeck, 21.4.2022)