Um Behörden und wichtigen Organisationen trotz der Kriegslage zuverlässigen Internetzugang zu ermöglichen, hat Elon Musks Raumfahrtfirma Space X zahlreiche Terminals für seinen Satelliten-Internetdienst Starlink in die Ukraine geschickt. 5.000 dieser Verbindungsstationen sollen laut dem Unternehmen mittlerweile im Land angekommen und bereits im Einsatz sein.

Den russischen Angreifern sind die erweiterten Kommunikationsmöglichkeiten allerdings ein Dorn im Auge, ermöglichen diese schließlich auch die Koordination und Weitergabe von Informationen über Standorte russischer Einheiten, selbst wenn Telefonleitungen, Kabelverbindungen und das örtliche Mobilfunknetz lahmgelegt wurden.

Putins Armee reagierte darauf schließlich mit sogenannten Jammer-Attacken. Dabei werden bestimmte Funkfrequenzen – in diesem Falle jene, die von den Starlink-Terminals zur Übertragung genutzt werden – unter hohem Leistungsaufwand mit Störsignalen geflutet. Damit gelang es, die Kommunikation immer wieder stundenlang stark zu beeinträchtigen oder komplett lahmzulegen.

Update offenbar erfolgreich

Man hatte die Rechnung allerdings ohne Space X gemacht. Am 25. März gab Musk bekannt, dass man ein Softwareupdate ausgespielt habe und Starlink allen Jamming- und Hackerangriffen widerstanden habe. Technische Details zu den Änderungen, die vorgenommen wurden, fehlen. Ebenso lässt sich derzeit nicht nachprüfen, wie gut diese tatsächlich greifen.

Aber: Tatsächlich wurden seitdem deutlich weniger Meldungen über Starlink-Störungen in der Ukraine publik. Naheliegend wäre, dass Starlink-Terminals nun beständig die gerade genutzten Frequenzen auf Überlastung prüfen und, wenn nötig, automatisch auf andere, "freie" Kanäle wechseln. Viele WLAN-Router verfügen über eine solche Funktion, um störungsfreie Übertragung zu gewährleisten, selbst wenn in der Umgebung zahlreiche andere Drahtlosnetzwerke im gleichen Frequenzbereich existieren. Denkbar ist auch, dass über das Update zusätzliche Frequenzen freigeschaltet wurden, was den nötigen Aufwand für Jammer-Angriffe nochmals erhöht.

Im US-Verteidigungsministerium zeigt man sich jedenfalls begeistert von der Resilienz, die Starlink an den Tag legt. "Aus der Sicht eines Funktechnologie-Experten ist das fantastisch", wird Dave Tremper, Leiter für elektronische Kriegsführung in der Beschaffungsabteilung des Pentagon, bei "Breaking Defense" zitiert. Dass man das Problem so schnell per Softwareupdate eindämmen konnte, begeistere ihn. Er wünsche sich solche Möglichkeiten auch für US-Truppen. "Wir müssen in der Lage sein, (…) sehr dynamisch zu ändern, was wir tun, ohne dabei Kapazitäten zu verlieren."

Die Klitschko-Brüder mit einer Starlink-Lieferung Anfang März.
Foto: Twitter/Kimbal

Russlands elektronische Kriegsführung bislang schwächer als erwartet

Dass die russische Armee selbst stark auf elektronische Kriegsführung setzt, ist nicht neu. Schon als Russland 2014 die Krim widerrechtlich annektierte und gemeinsam mit Separatisten Teile der Ostukraine de facto besetzte, griff sie häufig auf Werkzeuge in diesem Bereich zurück, um etwa die Position ukrainischer Verbände zu ermitteln oder Drohnen zu stören.

Im laufenden Krieg sei die Präsenz dieser Form von Kriegsführung aber geringer als erwartet, so Tremper weiter. Das liegt seiner Ansicht nach auch daran, dass die russischen Operatoren oft nicht ausreichend ausgebildet seien und der Vorstoß in das Innere eines großen Landes viel bessere Koordination verlange als das Erobern und Halten eines limitierten Areals. Insbesondere beim Erobern von Städten gestalte sich elektronische Kriegsführung schwierig. Hinzu komme, dass die ukrainische Verteidigung so organisiert ist, dass sie kaum auf Funkdominanz angewiesen ist.

Die ukrainische Armee setzte bisher stark darauf, primär urbane Gebiete zu verteidigen und mit kleinen Verbänden und Drohnen russische Nachschublinien anzugreifen. Ob und inwieweit sich diese Strategie im Rahmen des massierten Vorstoßes Russlands im Osten ändern wird, bleibt abzuwarten.

Zu Wort kommt auch Brigade-General Tad Clark, der bei der US Air Force eine leitende Funktion in der elektronischen Kriegsführung einnimmt. Er könne zwar keine Details verraten, aber was man beobachte, zeige nicht nur, über welche technologischen Möglichkeiten Russland verfügt. Sondern man lerne daraus auch, dass Russland wohl viel in die Verbesserung und Zuverlässigkeit seines Equipments investiert habe und ob es in der Lage sein, seine Mission in Sachen elektronischer Kriegsführung synchronisiert durchzuführen. Daraus könne man auch ableiten, wo man selbst stehe und wo man sich hinentwickeln müsse. (red, 21.4.22)