Aktuell leiden etwa 145.000 Menschen in Österreich an Demenz, Fachleute prognostizieren eine Verdoppelung bis 2030.

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Die Terminvereinbarung und später der Weg zum Arzt oder zur Ärztin gleicht für viele einem Eingeständnis: Vielleicht stimmt tatsächlich etwas nicht mit mir, möglicherweise ist es nicht mehr nur Schusseln und Vergesslichkeit. Denn der Gedanke an Demenz macht vielen zunächst einmal Angst, wie eine aktuelle Umfrage zeigt.

Demnach würden 44 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher bei Gedächtnisproblemen zuwarten, bevor sie ärztliche Hilfe suchen. Dabei liegt die Angst, an Demenz zu erkranken, mit zwölf Prozent auf Platz drei der Gesundheitsängste – hinter Schlaganfall mit 17 und Krebs mit 41 Prozent, zeigt die Umfrage. Wird die Krankheit früh entdeckt, kann der Verlauf besser verzögert werden. Ein Verdrängen der Krankheit sei der falsche Weg, warnt Edith Span von der MAS Alzheimerhilfe gegenüber der APA. "Eine frühe Diagnose ist entscheidend."

Frauen lassen sich eher untersuchen

Genau an diesen frühen Diagnosen mangelt es aber. Die Diagnoserate liegt hierzulande bei nur 20 bis 30 Prozent. "Das bedeutet, dass der Großteil der betroffenen Menschen und deren Familien nicht die für sie benötigte Unterstützung erhalten", sagt Span, stellvertretende Geschäftsführerin der MAS Alzheimerhilfe. "Demenz ist nach wie vor ein Tabuthema. Die Betroffenen versuchen Symptome oder die ersten Anzeichen davon so lange wie möglich zu kaschieren", sagt die Expertin. Aktuell leiden etwa 145.000 Menschen in Österreich an Demenz, Fachleute prognostizieren eine Verdoppelung bis 2030.

Das Marktforschungsinstitut Spectra befragte im Auftrag der MAS Alzheimerhilfe im Februar 1.027 Personen repräsentativ für die österreichische Bevölkerung. 87 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gaben an, offen und ehrlich die Diagnose erfahren zu wollen, wenn sie an Alzheimer leiden. Frauen sind mit 61 Prozent Bereitschaft, bei frühen Anzeichen einen Arzt oder eine Ärztin aufzusuchen, und mit einem 90-prozentigen Wunsch nach ehrlicher Diagnosemitteilung aktiver und offener als Männer.

Betroffene sollten zu Hause betreut werden

Hoch ist mit 70 Prozent der unbedingte Wille, bei einer Alzheimererkrankung zu Hause betreut zu werden. "Gemäß dem heutigen wissenschaftlichen Kenntnisstand muss ein gemeinsames Ziel aller handelnden Akteure sein, die Krankheit zu verzögern und Betroffene möglichst lange in ihrer vertrauten Umgebung belassen zu können", sagt Span.

Hausärztinnen und Hausärzte gelten mit 70 Prozent – weit vor neurologischem Fachpersonal mit 29 Prozent – sowohl als die erste Anlaufstelle in Fragen zu Demenz als auch als wichtigste Informationsquelle. 81 Prozent der Befragten halten Gedächtnistraining für genauso wertvoll wie körperliches Training, sehen es aber als Aufgabe des Staates, hierfür Kosten zu übernehmen.

"Demenz beginnt beim Verdacht", sagt Span. "Daher sollten, wenn die Leistungsfähigkeit des Gehirns nachlässt und Personen unter anhaltenden Gedächtnis- oder Wortfindungsstörungen sowie Verhaltensstörungen leiden, die Ursachen dringend ärztlich abgeklärt werden. Mit frühzeitiger Intervention, weitreichenden Informationsangeboten, guter medizinischer Begleitung sowie psychosozialen Methoden wie stadiengerechten Trainings kann es gelingen, positiv in den Verlauf der Erkrankung einzugreifen und den Betroffenen noch einige gute Jahre zu schenken." (APA, poem, 22.4.2022)