Andrej Rublew übt Kritik am Ausschluss russischer und belarussischer Tennisprofis von Wimbledon.

Foto: EPA/JOHN G MABANGLO

Zverev schließt sich den Kritikern an.

Foto: IMAGO/Lackovic

Bild nicht mehr verfügbar.

Das Sandturnier in Rom könnte von der italienischen Regierung gezwungen werden, russische und belarussische Spielerinnen und Spieler auszuschließen.

Foto: Reuters/MANGIAPANE

Kiew/Moskau/London – Der russische Weltranglisten-Achte Andrej Rublew hat den Ausschluss russischer und belarussischer Tennisprofis vom Grand-Slam-Turnier in Wimbledon scharf kritisiert und als "komplette Diskriminierung" bezeichnet. "Die Gründe, die sie uns genannt haben, machen keinen Sinn, sie sind nicht logisch", sagte er am Rande des ATP-Turniers in Belgrad. "Was jetzt passiert, ist eine komplette Diskriminierung gegen uns."

Rublew sprach von einem virtuellen Meeting der Veranstalter von Wimbledon mit betroffenen Spielerinnen und Spielern. Der 24-Jährige soll dabei einen Gegenvorschlag unterbreitet haben. Er könnte sich vorstellen, dass alle russischen und belarussischen Spielerinnen und Spieler eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen, laut der deren eingespieltes Preisgeld in Wimbledon der humanitären Hilfe "für Familien und Kinder, die leiden" gespendet wird.

Zverev: Tennis-Gemeinschaft steht nicht zusammen

Der Kritik am Ausschluss schloss sich wenig später auch der Deutsche Alexander Zverev an. "Die Entscheidung zeigt, dass die verschiedenen Tennis-Gemeinschaften nicht zusammenstehen", sagte Zverev, dessen Eltern aus Russland stammen. "Wir spielen das ganze Jahr auf der Herren-Tour mit einer Regel. Nämlich, dass die russischen Tennisspieler nicht unter russischer Flagge spielen dürfen. Wimbledon macht, was sie wollen."

Gleichzeitig befürwortete Zverev die Entscheidung des Weltverbands ITF, Russland und Belarus von Mannschaftswettbewerben wie dem Davis Cup auszuschließen. "Das finde ich völlig korrekt. Weil das sind wirklich Sanktionen gegen Russland", so Zverev.

Weltrangliste "macht keinen Sinn"

Zverev wies in diesem Zusammenhang auch auf die Konsequenzen des Wimbledon-Beschlusses hin. "Irgendwann ergibt auch die Tennis-Rangliste keinen Sinn. Wenn du als Top-Spieler kein Grand Slam spielen darfst, macht es keinen Sinn, die Rangliste zu haben", meinte der Olympia-Sieger.

Am Mittwoch hatten die Wimbledon-Bosse verkündet, dass russische und belarussische Sportler nicht am wichtigsten Turnier des Jahres teilnehmen dürfen – als Reaktion auf den Angriffskrieg in der Ukraine.

Betroffen sind unter anderen der Weltranglisten-Zweite Daniil Medwedew und sein Landsmann Rublew (ATP-8.), Karen Chatschanow (RUS/26.) und Aslan Karazew (RUS/30.) sowie bei den Frauen die Weltranglisten-Vierte Aryna Sabalenka aus Belarus, deren Landsfrau Viktoria Asarenka (18.) und Anastasia Pawljutschenkowa (RUS/15.). Aktuell würden aus den Top 50 fünf Männer und acht Frauen in Wimbledon fehlen.

Folgt ATP-Masters in Rom?

Wegen des Angriffs auf die Ukraine soll auch das am 2. Mai beginnende Masters-Turnier in Rom ohne Tennis-Profis aus Russland und Belarus stattfinden. Die italienische Regierung mache entsprechenden Druck auf die Organisatoren, berichtete die Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera". Der italienische Premier Mario Draghi, der wiederholt die russische Invasion in der Ukraine verurteilt hat, sei fest entschlossen, all seinen Einfluss auszuüben, damit es zu einem Bann für russische und belarussische Profis komme, heißt es.

Der Präsident von Italiens olympischem Komitee (CONI), Giovanni Malago, befürwortet einen Ausschluss, der seiner Ansicht nach im Einklang mit dem Beschluss des IOC bei individuellen Sportarten stehe. Sport-Staatssekretärin Valentina Vezzali betonte, dass Italien an der Seite ukrainischer Athleten stehe und sich an die Beschlüsse des IOC und der internationalen Verbände halte.

WTA erwägt Sanktionen

Die Frauentennisorganisation WTA erwägt indes laut der französischen Sportzeitung "L'Equipe" Sanktionen gegen Wimbledon. Das berichtete die Zeitung am Donnerstagabend unter Berufung auf eine entsprechende E-Mail von WTA-Chef Steve Simon, die ihr nach eigenen Angaben vorliegt.

Darin verurteile der Amerikaner zwar den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Er verweise aber auch darauf, dass noch nie einer Spielerin die Teilnahme an einem Turnier aufgrund der Handlungen ihrer jeweiligen Regierung verwehrt worden sei.

Der am Mittwoch von den Wimbledon-Veranstaltern verkündete Ausschluss verstoße gegen die Grand-Slam-Regeln und die Regeln der WTA, so Simon. Der vom 27. Juni bis zum 10. Juli in London stattfindende Rasenklassiker ist das dritte der vier Grand-Slam-Turniere.

Als eine der möglichen Sanktionen nannte Simon, dass die in Wimbledon erspielten Weltranglistenpunkte nicht gewertet werden. In Madrid, wo ab der kommenden Woche ein großes gemeinsames Turnier von Damen und Herren stattfindet, solle in einer Sitzung, an der Turnierchefs, Vertreterinnen der Spielerinnen und der WTA teilnähmen, über die weiteren Schritte beraten werden.

Kritik von Billie Jean King

Auch Damentennis-Ikone Billie Jean King, die vor knapp 50 Jahren entscheidend an der Gründung der WTA beteiligt war, äußerte sich ablehnend zum Wimbledon-Beschluss. "Ich kann den Ausschluss einzelner Athletinnen von Turnieren nur wegen ihrer Nationalität nicht unterstützen", schrieb die 78-Jährige auf Twitter. Stattdessen solle der Fokus auf der finanziellen Unterstützung der Ukraine liegen.

Bereits am Mittwochabend hatte der Weltranglisten-Erste Novak Djokovic die Entscheidung der Organisatoren von Wimbledon als "verrückt" bezeichnet. Tennisprofis oder Athletinnen und Athleten allgemein hätten mit dem Krieg nichts zu tun, meinte Djokovic.

"Wenn sich die Politik in den Sport einmischt, ist das Ergebnis nicht gut", sagte der sechsfache Wimbledon-Sieger. Der 34-Jährige erinnerte angesichts der Kriege auf dem Balkan daran, dass er selbst ein Kriegskind sei. Er sei der Erste, der Kriege verurteile. (luza, APA, dpa, sid, 22.4.2022)