Die EU ringt nach einer gemeinsamen Linie zu Kryptowährung Bitcoin.

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Dass Bitcoin und der Kryptomarkt die EU-Verantwortlichen gerade stark beschäftigen, ist nicht zuletzt seit einer Ausschuss-Abstimmung Mitte März klar. Ein umstrittener Passus, der den Handel mit energieintensiven Kryptowährungen wie Bitcoin in der EU de facto verboten hätte, fiel im EU-Ausschuss durch. Aktuell schlägt ein Bericht des deutschen Mediums "Netzpolitik.org" Wellen, das aufgrund durchgesickerter Dokumente erneut ein mögliches Bitcoin-Verbot in den Raum stellt.

Die publizierten Gesprächsprotokolle stammen allerdings allesamt aus der Zeit vor der März-Abstimmung. Teilweise fanden die Beratungen bereits im November statt. In diesen tauchen einige Argumente auf, die sich schließlich auch im Wirtschaftsausschuss wiederfanden. Als treibende Kräfte gelten dabei schwedische und deutsche Behörden, die einmal mehr vor dem hohen Energieverbrauch der Bitcoin-Produktion warnen und tatsächlich ein Verbot von Krypto-Mining ins Auge fassen.

Mining-Verbot in Europa

Die Antwort, ob ein derartiges Verbot realistischerweise etwas zum ökologischen Fußabdruck von Bitcoin beitragen würde, geben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer laut den Dokumenten aber gleich selber: "Die direkte ökologische Auswirkung auf ein Verbot wäre vermutlich gering oder null", wird aus dem Protokoll von Februar zitiert, auf das sich das Medium bezieht. Europa repräsentiere nur zehn Prozent der Mining-Kapazitäten weltweit. Außerdem habe das Verbot in China gezeigt, dass Miner sehr schnell ihre Örtlichkeit wechseln können.

Was laut dem Dokument aber noch in Ausarbeitung ist, ist eine EU-weite Direktive zur Energieeffizienz. Datenzentren und damit wohl auch Mining-Standorte könnten ihre Energiebilanz künftig ausweisen müssen. Kommen die EU-weiten Energielabel für Serverfarmen, würde das den Stromverbrauch hinsichtlich der Bitcoin-Produktion transparent machen. Auch das vielerorts gegebene Versprechen aus der Branche, man steige auf erneuerbare Energie um oder verwende ohnehin nur Energieüberschüsse, würde so auf den Prüfstand gestellt.

Aus für Handel mit Bitcoin?

Für Besitzerinnen und Besitzer von Bitcoin ohnehin relevanter sind allerdings die Überlegungen, den Handel mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen zu verbieten, die auf dem rechenintensiven Proof-of-Work-Mechanismus basieren. Genau die Antwort auf diese Frage ist in dem Protokoll vom November allerdings geschwärzt. Zumindest einige der EU-Verantwortlichen dürften sich jedoch wenig Gedanken über die Auswirkungen für Bitcoin-Inhaber in der EU machen: Wer Bitcoin halte, sei sich über die Volatilität der Währung und des Investitionsrisikos bewusst. Schutzmaßnahmen seien folglich "nicht notwendig".

Auch die Forderung, Bitcoin möge es doch Ethereum gleich tun und auf die energieschonendere "Proof of Stake"-Methode wechseln, gilt in der Krypto-Szene als komplett unrealistisch. Selbst die Teilnehmenden der Sitzung im Februar kamen zu dem Schluss, dass ein derartiger Prozess sehr kompliziert wäre und wohl Jahre brauchen würde, wie man derzeit ja auch bei Ethereum sieht. Anders als bei der zweitgrößten Kryptowährung der Welt rund um Gründer Witalik Buterin steht hinter Bitcoin zudem kein vergleichbares Entwicklerteam, das eine von der EU geforderte Entwicklung vorantreiben würde.

In der Realität würde die Forderung daher in letzter Konsequenz tatsächlich zum Bitcoin-Verbot in der EU führen. Natürlich könnten Bitcoin-Besitzerinnen weiterhin ihre Coins verschicken, verkaufen und die Kryptowährung auch nachkaufen. Sie wären dabei aber auf ausländische, unregulierte Kryptoplattformen und andere Kanäle angewiesen. Abgesehen vom tatsächlichen Schaden für die in der EU ansässigen Kryptofirmen erscheint es wenig plausibel, dass es im Sinne der EU wäre, wenn Bürgerinnen und Bürger auf weniger sichere, unregulierte Anbieter ausweichen würden.

Private Wallets im Visier

Schon realistischer erscheint nach aktuellem Stand hingegen ein Verbot anonymer Krypto-Transaktionen. Anfang April sprach sich die Mehrheit zweier EU-Ausschüsse dafür aus, dass Senderin und Empfänger von Kryptowährungen transparent für Behörden werden müssen. Die EU-Verantwortlichen argumentieren, Geldwäsche und Terrorfinanzierung unterbinden zu wollen. In der Realität könnte das die Nutzung privater Wallets, in denen man sein Kryptovermögen sicher speichern kann, deutlich erschweren, fürchten hingegen Kritikerinnen. (Martin Stepanek, 23.4.2022)